32. Dean und Kalle

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,,Hast du sonst noch Schmerzen?", wollte der Arzt, der zusammen mit einer Schwester bei mir Visite hatte, wissen.
Ich kannte ihn noch nicht, aber anscheinend war er gut über mich informiert.

Ich schüttelte den Kopf.

,,Das ist gut. Sollte es schlimmer werden, dann ruf einfach jemanden mit diesem Knopf", er zeigte auf die rechte Seite des Bettes.
,,Ansonsten können wir dich heute Abend oder morgen früh entlassen."

Nicht ganz bei der Sache nickte ich und die beiden verließen den Raum.
Meine Mutter war vor ein paar Minuten gegangen. Sie war vor der Arbeit noch vorbeigekommen und hatte sich eigentlich den Tag frei nehmen wollen, aber daran hatte ich sie gerade noch hindern können.

Ich konnte darauf verzichten den ganzen Tag von meiner Mutter ausgefragt und überbesorgt betreut zu werden.
Was ich ihr gerade hatte erklären müssen, hatte mir schon gereicht.

Aber sie hatte mich am Ende einfach nur umarmt.
,,Ich bin einfach froh, dass dir nicht mehr passiert ist", hatte sie sich verabschiedet.
Vielleicht urteilte ich einfach manchmal zu schnell über sie und sollte dankbarer sein, dass sie uns mit ihrer vielen Arbeit über Wasser hielt.

Ich sah auf die kleine Tasche mit Kleidung, die sie mitgebracht hatte.
Angestrengt streckte ich die linke Hand aus, da die Tasche auf meiner rechten Seite stand.
Langsam öffnete ich den Reißverschluss und holte als Erstes eine dunkelgraue Jacke heraus. Ich stockte. Die hatte meine Mutter mir doch nicht ernsthaft eingepackt. Das war Jonathans Jacke. Ich hatte sie ihm noch nicht zurückgegeben.

Seit gestern trug ich nur ein T-shirt des Krankenhauses, weil mein Eishockeyzeug voller Blut gewesen war. Mein eigenes, Jonathans, vielleicht auch etwas von Kalle, ich wusste es nicht so genau.

Um ehrlich zu sein, war es schon etwas kalt. Draußen herrschte Aprilwetter. Mal schien kurz die Sonne, dann fing es wieder an zu regnen.
Ich zog die Jacke ganz aus der Tasche und versuchte sie einhändig anzuziehen.
Es dauerte eine Weile und einige Schmerzmomente, aber ich schaffte es.
Den Reißverschluss zog ich bis zum Kinn. Jonathans Geruch nach Gewitter zog mir in die Nase und ich spürte, wie meine Augen anfingen zu brennen.

Nein, ich wollte jetzt nicht weinen! Ich wischte mir mit dem Ärmel übers Gesicht und hinterließ dabei eine nasse Spur auf dem dunklen Stoff.
Ich stellte die Tasche wieder neben das Bett und stand auf. Hausschuhe hatte meine Mutter mir auch gebracht, die konnte ich nun anziehen.

Im Gegensatz zu gestern war mein Kopf klarer. Ich wusste zwar nicht mehr, welchen Weg ich gegangen war, aber ich erinnerte mich gut an den roten Wandstreifen. Der Gang in dem ich war, hatte einen grünen.

Wenn die Stationen farbig markiert waren, würde es sicher irgendwo einen Plan geben. Ich musste nur den Weg zu rot finden, dann würde ich sicher Jonathans Arzt oder zumindest Schwester Gerta treffen.
Die konnte ich nach Jonathans Zimmer fragen.

Ich stand auf und wollte gerade die Tür öffnen, doch in diesem Moment klopfte es.

Erschrocken setzte ich mich schnell wieder aufs Bett, bevor ich die Person hereinrief.

Aber es war kein Arzt oder eine Schwester.
Dean nickte mir zu, als er die Tür hinter sich schloss.
,,Ich hoffe, ich störe nicht. Du siehst aus, als wolltest du gerade weg."

Ich sah an mir herab, dann wieder zu ihm.
,,Nein, du störst nicht, was ist los?"
Dean setzte sich auf den Stuhl am kleinen Tisch am Fenster und überschlug die Beine.
,,Ich dachte nur, dass du vielleicht noch etwas Info über gestern Abend brauchst."

,,Eine...Freundin war schon hier und hat es mir erzählt. Aber wo warst du eigentlich die ganze Zeit?"
Ich erinnerte mich noch daran, dass Dean gleich nach dem Ende des Spiels gegangen war.

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