Die helle Dame

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Severus pov:
Ich schlich die steinerne Treppe hinauf zu Dumbledores Büro.
Mein Blick war nicht düster und auch nicht verzweifelt, er war etwas traurig und neutral, denn es hatte keinen Sinn mehr, meine Gefühle aufbrausen zu lassen - vor allem, für einen Typen, den es nicht einmal interessiert. Alles fühlte sich wie ein Traum an, aus dem ich aufwachen wollte, doch ich wusste, es war die reine Realität. Den ganzen Tag schon spielten meine Gefühle komplett Achterbahn - für Niemanden. Es interessierte Niemanden, also behielt ich sie in meinem Inneren. Ich klopfte zaghaft an die Tür und öffnete sie danach einen Spalt breit, um hindurch zu schlüpfen und sie wieder zu schließen. Albus saß in seinem Thron hinter dem Schreibtisch, auf dem ein gebrochener Ring und ein zerstörtes Buch lag.
"Severus, komm rein. Wie geht es dir?", fragte er mit einer Fürsorglichkeit, die mir gekünstelt vorkam.
"Mir geht's fantastisch...", meinte ich ungewöhnlich sanft, um ihn zu verwirren. "Und Ihnen?"

Nach wenigen Sekunden der Stille entschloss sich der Schulleiter, nicht auf meine merkwürdige Art einzugehen.
"Sie müssen sich etwas ansehen.", meinte er - nicht mehr ganz so liebevoll. Ohne Worte stieg ich zu ihm hoch und sah als aller erstes seine Hand, die angebrannt schwarz aussah.
"Wie-", wollte ich fragen, doch kurz danach glitt mein Blick zu dem zerbrochenen Ring und erst da erkannte ich ihn; es war der Ring von Vorlost Gaunt, dem Großvater von Tom Riddle. Ich schaute zu Albus auf.
"Warum?", fragte ich. "Warum haben Sie sich diesen Ring an den Finger angesteckt? Auf ihm liegt ein Fluch, das war ihnen sicher bewusst. Warum haben Sie den überhaupt berührt?"
Während Albus zu antworten versuchte, zog ich meinen Zauberstab und begann, den Fluch auf der Hand mit Beschwörungen aufzuhalten.
"Ich... war ein Narr. In großer Versuchung...", zögerte der Schulleiter. Ich lies nicht von seiner Hand ab und lies sie erst wieder frei, als ich den Fluch weit möglichst hatte eindämmen können.

"Das haben sie gut gemacht, Severus. Wie lange, glauben Sie, habe ich noch?", fragte er nach einer kurzen Weile, in der er seine Hand betrachtet hatte. Zuerst wollte ich ihm ungenierter Weise antworten 'So lange, bis Draco Malfoy seine Eier gesammelt hat und sie kalt macht', aber das hätte ich mir wahrscheinlich nicht leisten können.
"Ich bin nicht sicher.", antwortete ich stattdessen. "Vielleicht ein Jahr. Es wird sich irgendwann ausbreiten, es ist die Art von Flüchen, die mit der Zeit stärker werden.", versuchte ich sächlich zu erklären.
Dumbledore lächelte. Die Nachricht seines baldigen Todes schien ihn zu belustigen. Ich starrte ihn nur entgeistert an.
"Nun, in der Tat, das macht die Angelegenheit viel einfacher.", meinte er.
Warte was? Mein Gesichtsausdruck wechselte zu irritiert, während Dumbledore sich von seinem Stuhl erhob und abermals lächelte. "Ich meine den Plan, den Lord Voldemort um mich herum ausheckt. Seinen Plan, mich durch den armen Malfoy-Jungen ermorden zu lassen."

Ich war nicht überrascht, dass er es wusste. "Der dunkle Lord erwartet nicht, dass es Draco gelingt. Das ist nur eine Strafe für die jüngsten Misserfolge von Lucius. Langsame Folter für Dracos Eltern, sie sehen mit an, wie er scheitert, und bezahlen den Preis.", erklärte ich unnötigerweise.
"Kurz, über den Jungen wurde ein Todesurteil gefällt, genau wie über mich.", meinte er beiläufig. Nach einer kurzen Pause stellte er sich einen Plan auf, der anscheinend für mich gedacht war. "Sie werden die Schüler von Hogwarts mit allem in Ihrer Macht stehende beschützen, wenn ich nicht mehr bin?"
Ich nickte steif - eine andere Wahl hatte ich ja gar nicht.
"Gut. Sie müssen Außerdem herausfinden, was Draco im Schilde führt, denn ein verängstigter Junge ist eine Gefahr für andere ebenso wie für sich selbst. Bieten sie ihm Hilfe und Rat an, das sollte er annehmen, er mag Sie-"
"- viel weniger, seit sein Vater in Ungnade gefallen ist. Draco macht mich dafür verantwortlich, er denkt, ich hätte Lucius von seinem Platz verdrängt.", beendete ich den Satz.
"Gleichwohl, versuchen Sie es. Am Ende wird es natürlich eins geben, was wir tun müssen, wenn wir ihn vor Lord Voldemorts Zorn retten wollen.", erwiderte Dumbledore und ich zog meine Augenbrauen in die Höhe.
"Haben Sie die Absicht, sich von ihm töten zu lassen?", fragte ich und konnte den Schock in meiner Stimme nicht vollständig verstecken.
"Gewiss nicht." Ich wollte gerade durchatmen, als- "Sie müssen mich töten."

𝙳𝚒𝚎 𝚣𝚠𝚎𝚒𝚝𝚎 𝙻𝚒𝚎𝚋𝚎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt