Zutiefst missverstandene Geschöpfe

69 4 0
                                    

Severus pov:
Ich hörte ihre Stimme hinter mir, wie sie zu den anderen lief. Ich stand im Hof. Er war leer. Noch vor gut einer Stunde hatte Harry Voldemort hier ein Ende gesetzt. Jetzt stand ich hier. Mein Zauberstab wurde nicht, wie üblich, von meiner Hand fest umschlossen, sondern ich stand ohne ihn da. Mit dem Rücken zum Geschehen, mit den Augen auf die Brücke.
Alles um mich herum war zerstört. Seid dem Krieg wurde etwas aufgeräumt, die sperrigsten Steine und Felsen aus dem Weg geschafft und die Wände von Hogwarts erst einmal bedürftig zusammen gekleistert.

"Kommt nach draußen!", rief Y/N. "Die Gefahr ist noch nicht vorbei!"
Ich hörte sie, obgleich sie im Tor der großen Halle stand. Sie hatte die Aufgabe, die Schüler, Lehrer und Ordensmitglieder wieder auf dem Hof zu versammeln.
Ich spürte ihn. Ich spürte ihn näher kommen. Und ich wusste, von wo er angreifen würde. An allen Stellen, die er an Hogwarts als verwundbar empfunden und angegriffen hatte, hatte ich ihn besiegen können. Nun hatte er gesehen, von wo Voldemorts Armee gekommen war und was sie damit angerichtet hatte.
Nicht nur ich spürte etwas. Ich nahm an, dass er auch etwas spürte. Sein Unterbewusstsein hatte die Fumus Verbindung in mir bereits mitbekommen, doch Killoran selbst wusste es noch nicht. Ich fühlte das Hyacinthum in mir. Es wollte raus. Raus aus mir, aus meinem Körper. Ich wusste nicht, wann Killoran es herausfinden würde. Wann er wissen würde, dass er mich nur mit ein kleines Bisschen Anstrengung in der Luft zerreißen konnte. Wann es für mich vorbei war.

Menschen traten hinter mir die Stufen auf den Hof hinunter. Einige keuchten auf, als sie mich sahen. Eventuell hatte ich vergessen, mich vorher als Untoten preiszugeben, doch jetzt war es zu spät. Ich stand immer noch reglos da und schaute mit verschlossenem Gesicht auf den freien Gang der Brücke hinab.
Es zuckte durch meinen Kopf. Hyacinthum.
Mit jedem Moment, indem es sich in mir bemerkbar machte, hatte ich mehr und mehr Angst, dass Killoran es auch bemerkt haben könnte, immerhin war es ein Teil von ihm.
Es zuckte durch meine Brust. Es zuckte durch meine Narben.
"Severus.", flüsterte eine Stimme nah hinter mir. Ich wusste, wer sie war. Ich drehte meinen Kopf leicht, sodass ich die Gryffindor in meinem Augenwinkel sehen konnte.
"Es tut mir so leid, hätte ich das gewusst..." Sie seufzte tief und traurig. Ich wusste, worüber sie sprach. Sie hatte mich angegriffen, weil sie dachte, ich wäre ein Todesser gewesen.
"Es ist alles meine Schuld!"
"Nein.", sagte ich gezwungen ruhig. Ich konnte es nicht aushalten. Ich wollte das nicht hören. Nie wieder.
"Minerva.", flüsterte ich. Mein Kopf drehte sich zu ihr herum und blickte in ihre tränenden Augen. Plötzlich ließ sie einen Schluchzer los, schloss die nötigen Schritte zu mir auf und umarmte mich heftig. Ich schloss behutsam die Arme um sie, legte meinen Kopf auf ihre Schulter und schloss für einen kurzen Moment die Augen.
Es zuckte wieder durch meinen Kopf. Ich ließ Minerva los, hielt sie an den Schultern fest, schaute ihr tief in die Augen und wischte mit meinem Daumen eine Träne von ihrer Wange.
"Es ist okay.", bestätigte ich ihr leise. "Geh wieder zu den anderen."

Das tat sie. Ich drehte mich um und folgte ihr mit meinem Blick in die kleine Menschenmenge.
Mein Körper drehte sich um und schaute nun mit meinem Kopf in die aufgelösten Gesichter.
Mein Blick blieb an Ginny Weasley hängen, die Hand in Hand mit Harry Potter ganz vorne in der Menge stand.
Dieses Bild brachte Gefühle durcheinander. Potter und Weasley. Potter und Evans.
Es sah so ähnlich aus. So ähnlich...
Und ich stand dort, hielt Augenkontakt mit Miss Weasley und Harry und war allein.
Allein befand ich mich nun vor all diesem Menschen, die jetzt eine Erklärung von mir forderten.
Es war mir egal, was sie über meine 'Auferstehung' dachten. Was jetzt zählte, war der Grund, warum sie alle wieder draußen waren. Mit Zauberstäben in den Händen und dem Gedanken im Kopf, dass noch etwas auf sie zu kam.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste nicht, wie ich es sagen sollte. Wie sollte ich ihnen erklären, dass ich fühlte, dass Killoran kam?
Wie sollte ich ihnen überhaupt erklären, dass Killoran kam?

𝙳𝚒𝚎 𝚣𝚠𝚎𝚒𝚝𝚎 𝙻𝚒𝚎𝚋𝚎Onde histórias criam vida. Descubra agora