18.

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Sonnenstrahlen schienen in mein Gesicht, als ich aufwachte.

Nachdem ich ein paar Mal geblinzelt hatte, wälzte ich mich auf die andere Seite. „Guten Morgen, Schlafmütze", ertönte Vanessas Stimme in meiner Nähe und ich grummelte nur als Antwort. „Hier, für dich", meinte sie und ich setzte mich müde auf. Sie streckte mir einen Kaffee hin und ich musste lächeln: „Du bringst mir Kaffee?" Sie schmunzelte und gab mir einen Kuss auf die Stirn: „Ich wusste, dass dir das gefallen wird." Vanessa trug bereits eine Jeans und eine schicke Bluse, was darauf hinwies, dass heute kein Geschäftstermin anlag. „Wo gehen wir hin?", fragte ich und trank einen Schluck aus der Tasse. Der Kaffee schmeckte wirklich gut, vermutlich war die Maschine auch ziemlich teuer gewesen. Ihr Gesichtsausdruck wurde etwas zerknirscht und sie meinte: „Ich treffe mich mit jemandem, aber du kannst gerne hier bleiben. Ich wollte dir nur Bescheid sagen." Unweigerlich durchzuckte mich das Gefühl von Eifersucht. Wir hatten dem, was wir hatten, keine Bezeichnung gegeben. Im Grunde war Vanessa ungebunden und ich hatte kein Recht darauf, über ihre privaten Treffen Bescheid zu wissen. „Okay, viel Spaß", murmelte ich, stellte den Kaffee ab und legte mich wieder in die weichen Kissen. Sie musterte mich und griff dann nach meinem Schlüsselbund, der auf dem Nachttisch lieg. Sie fummelte einen kleinen Schlüssel aus ihrer Tasche und befestigte ihn an meinem Schlüsselbund. „Falls du spazieren gehen willst, der ist für hinten. Du kannst dich an allem bedienen, nur versau nicht auch noch den neuen Teppich." Ich konnte nicht anders, als über ihre Worte zu grinsen. Sie lächelte mir lieb zu und gab mir noch einen Kuss, bevor sie verschwand.

Es machte Spaß durch Vanessas Haus zu wandern und immer neue Dinge zu entdecken. Zum Beispiel, dass sie nur ein Shampoo und ein Duschgel besaß, davon allerdings hundert Stück. In vielen versteckten Regalen besaß sie unzählige Bücher und manchmal lagen in Schubladen verstaubte Auszeichnungen. Der begehbare Kleiderschrank war wohl das Highlight meiner Roomtour. Ich hatte noch nie so viele Hosenanzüge auf einem Haufen gesehen. Jeder war schicker als der vorherige und fühlte sich noch edler an. Ich wollte nicht wissen, wie viel Geld diese ganze Kleidung wert war. Nachdem ich alles durchforstet und was gegessen hatte, wurde mir langweilig. Kayla schrieb mir, dass sie etwas für uns kochen würde zum Abendessen. Als Vanessa auch nachmittags nicht zurückkam, beschloss ich nach Hause zu fahren. Kayla freute sich und es war schön, mal wieder zusammen zu essen. Leider war es mittlerweile zu kalt, um auf dem Balkon zu sitzen. Irgendwann musterte Kayla mich während des Gesprächs und meinte: „Du bist irgendwie so aufgekratzt." Ich runzelte die Stirn und hoffte innerlich, dass sie mich nicht durchschauen würde. „Du hast nicht hier geschlafen und wirkst viel zu ausgelassen für deine Verhältnisse", meinte sie und tat so, als würde sie nachdenken. „Du hattest Sex", meinte sie grinsend und mit einem wissenden Ausdruck. Wie immer verrieten mich meine Wangen und Kayla lachte begeistert. Sie fragte mich darüber aus, wie der Kerl aussah und ich dachte mir irgendetwas aus. Es war blöd, mit ihr nicht über Vanessa reden zu können. Zu gerne hätte ich meine Gedanken und Sorgen mit jemandem geteilt. Ich war auf dem besten Weg, mich in meine Chefin zu verlieben und es wäre einfacher gewesen, wenn ich dabei jemanden an meiner Seite gehabt hätte.

Als ich am Montagmorgen in die Firma kam, war die Stimmung gedrückt. „Sie ist nicht gut drauf", warnte Rosie mich und ich seufzte. Als ich zu Vanessas Büro kam, rechnete ich mit allem. Ich war bereit ihre Wut ab zubekommen oder pure Ignoranz. Allerdings winkte sie mich hinein, als sie mich sah und ich folgte der Anweisung nervös. Sie stand auf und machte die Tür hinter mir zu. Bevor ich etwas sagen konnte, spürte ich ihre Arme um meinen Hals und die Wärme ihres Körpers an meinem. „Du hast mir gefehlt", nuschelte sie in meine Halsbeuge und sofort entspannte sich mein Körper in ihren Armen. Sie roch wie immer frisch und angenehm und mittlerweile auch wirklich vertraut. „Alles gut?", fragte ich vorsichtig, als sie sich von mir löste. Sie wiegte ihren Kopf leicht hin und her, als würde sie damit naja sagen wollen. Sie legte ihre Hand an meine Wange und sah mir in die Augen: „Wenn ich heute blöd zu dir bin, nimm es mir nicht übel, okay?" Ich nickte sofort, weil ich zu ihrem bettelnden Blick sowieso nicht nein sagen konnte. Ein kurzes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, dann richtete sie sich wieder auf. Sie ging zu ihrem Schreibtisch und begann etwas zu lesen, damit war unser Gespräch wohl beendet. An meinem Schreibtisch hörte ich über den Vormittag hin und wieder, wie Vanessa fluchte. Irgendwann kam sie aus ihrem Büro heraus und ich sah ihr an, wie genervt sie war. „Sagen Sie mir die Nummer für das Büro von P. Smith", meinte sie kühl und ich tat, was sie sagte. „Was haben Sie vor?", fragte ich, doch Vanessa war schon längst losgelaufen. Ich schaute kurz nach, wer dieser P. Smith war. Tatsächlich war er ein neuer Autor bei Limax und erst seit einer Woche da. Vanessa hatte einen schlechten Tag und normalerweise bedeutete das, dass jemand gefeuert wurde. Ich erinnerte mich an ihre Worte in dem kleinen Ort, durch den wir spaziert waren. Sie würde es bereuen, die Kontrolle verloren zu haben. Schnell stand ich auf und suchte nach dem Büro, dass sie aufgesucht hatte. Direkt davor auf dem Flur stand ein kleiner Mann, der vielleicht 23 Jahre alt war und aussah, als würde er sich gleich in die Hose machen. Vanessas wütende Stimme hallte durch den Flur und ich konnte verstehen, warum er so eingeschüchtert war. „Wo haben Sie gelernt? Verdammt, wer hat Sie überhaupt eingestellt?" Ich war mir sicher, dass Vanessa kurz davor war, ihn aus der Firma zu schmeißen. Ohne darüber nachzudenken, lief ich zu den beiden und meinte: „Miss King, ich müsste Sie dringend sprechen." Ich erreichte zumindest, dass Vanessa aufhörte zu brüllen, doch ihr Blick ruhte immer noch wütend auf dem kleinen Mann. Ich merkte, wie er neben mir zitterte und hatte wirklich Mitleid. Als Vanessa Anstalten machte, etwas zu sagen, meinte ich mit Nachdruck: „Miss King." Da blickte sie mich schließlich an und ich konnte in ihren Augen lesen, wie sauer sie war. Ich hielt ihrem Blick stand und sagte ihr mit meinem, dass sie aufhören sollte. Nach einigen Sekunden atmete sie einmal tief ein und schloss kurz die Augen. Dann wand sie sich an Mr. Smith und meinte:„Gehen Sie wieder an die Arbeit." Mit diesen Worten drehte sie sich um und lief mit zügigen Schritten in Richtung Fahrstuhl. Der Mann neben mir sah mich an und stotterte: „Danke." Ich seufzte und ließ ihn stehen, um Vanessa zu folgen. Im Fahrstuhl blickte sie mich wütend an, doch ich wich ihren Blicken aus.

Sie wusste, dass ich nicht wirklich mit ihr reden musste und verschwand sofort in ihrem Büro.

Show me your dark linesWhere stories live. Discover now