28.

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„Bereit?", fragte Kayla mich und strich nochmal eine meiner Haarsträhnen glatt.

Ich nickte mehr oder weniger überzeugt, mein Magen fühlte sich an wie ein Loch. Ich wusste nicht, ob ich bereit war, Vanessa wieder zu sehen. Ich wollte ihr gerne alles erklären, doch es würde schwierig werden, sie allein anzutreffen. Kayla hatte mit mir ein schönes, schlichtes Kleid gekauft und mir wie immer beim Make-Up geholfen. Ich war zufrieden mit meinem Spiegelbild und rief mir ein Taxi. Die Verleihung fand in der Stadthalle statt, die dafür extra geschmückt worden war. Schon im Eingangsbereich standen viele Gäste und unterhielten sich. Man sah sofort, dass die Veranstaltung sehr gehoben war und ich fühlte mich ein wenig fehl am Platz. Dann fiel mir wieder ein, dass Limax auch mir gehörte und ich im Grunde mehr Geld hatte als die meisten hier. Es fühlte sich nur einfach nicht so an. Meine Augen scannten sofort alle Gäste nach Vanessa ab, doch ich sah sie nicht. Nachdem ich meine Jacke bei der Garderobe abgegeben hatte, betrat ich den großen Saal. Ich holte mir einen Weißwein und lief langsam durch die Leute. Es war einfach gewesen mit dem Pass von Green auf die Veranstaltung zu kommen, doch ich wollte meinen Chef lieber nicht treffen.

Als ich gerade dabei war die Broschüre der Veranstaltung zu lesen, hörte ich ein Lachen, das mir durch Mark und Bein ging. Sofort bildete sich Gänsehaut auf meinen Armen und mein Herz schlug schneller. Ich drehte mich um und dann sah ich sie. Wie immer trug sie einen Hosenanzug, der ihr passte wie angegossen und ihren Hintern viel zu sehr betonte. Diesmal hatte er einen royalblauen Ton, der ihre grünen Augen untermalte. Ihre Haare waren hochgesteckt und sie trug dezente, schicke Ohrringe. Sie war gerade in einem Gespräch mit einer Autorin und lächelte dabei förmlich. Es schien mir den Boden unter den Füßen wegzuziehen, sie zu sehen und gleichzeitig schenkte es mir Sicherheit. Ich atmete tief durch und ging auf sie zu. Als ich fast direkt vor ihr stand, drehte sie sich leicht und ich erkannte, dass jemand neben ihr stand. Es durchfuhr mein Herz wie ein Messer als ich sah, dass ihre Hände miteinander verschränkt waren. Wie hatte mir nicht klar sein können, dass sie in Begleitung auftauchen würde? Sie musste ihren Ruf wahren, natürlich hatte sie einen Mann an ihrer Seite. Es tat unendlich weh, sie mit jemand anderes zu sehen und es traf mich völlig unvorbereitet. „Hallo", sagte der gutaussehende Typ, bevor ich weglaufen konnte. Er trug einen dunklen Anzug und hatte braune Haare, die zurück gegelt waren. Vanessa drehte sich ebenfalls zu mir und ihr Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig. Kurz weiteten sich ihre Augen vor Überraschung, dann gab sie sich kühl und professionell. „Hallo Lia. Zayn, das ist Lia, eine Autorin von Green", stellte sie mich vor. Ich schüttelte die Hand des jungen Mannes und er lächelte charmant: „Hi, ich bin Zayn. Du hast mich vielleicht schon mal gesehen, ich bin Schauspieler." Ich schluckte und lächelte aufgesetzt: „Was du nicht sagst." Kurz traf Vanessas Blick meinen und Wut blitzte in ihren Augen auf. Ich funkelte sie zurück an, um meinen Schmerz zu verstecken. „Ich stehe nicht so auf Filme", sagte ich, sah dabei aber weiter nur Vanessa an. „Und ich habe noch nie selbst einen gemacht", fügte ich nachdrücklich hinzu, um ihr zu sagen, dass ich nichts mit den Aufnahmen zu tun hatte. Kurz zuckte ihr Auge, sie hatte genau verstanden, was ich sagen wollte. „Das glaube ich dir nicht", erwiderte sie nur und lächelte genauso gespielt wie ich. Ich hielt ihrem Blick stand, weil sie mich nicht mehr wie am Anfang einschüchterte. Zayn wurde von einem Fan erkannt und lief ein Stück weiter. Als wäre sie an ihn gekettet, wollte Vanessa ihm sofort folgen, doch ich griff nach ihrer Hand. Ich lehnte mich dicht zu ihr und flüsterte: „Ich verzeihe dir, Van. Max war meine beste Freundin, aber Vanessa ist viel mehr als das."

Mit diesen Worten ließ ich sie los und drehte mich um, bevor ich ihren Gesichtsausdruck sehen konnte. Ich überlegte, ob ich noch bleiben sollte und zusehen sollte, wie Vanessa alle möglichen Preise absahnte. Ich trank meinen Wein aus und beobachtete von Weitem, wie Zayn seinen Arm um Vanessa legte. Diese kleine Geste reichte aus, um die Eifersucht in mir brodeln zu lassen. Das konnte ich nicht ertragen. Mit schnellen Schritten verließ ich das Gebäude und blieb im prasselnden Regen auf der Straße stehen.

Meine Schultern sackten herab, mein Herz war gebrochen.

Show me your dark linesOù les histoires vivent. Découvrez maintenant