Er ist ein Monster

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Bildquelle: http://www.1zoom.me/big2/803/296264-jugra.jpg

Als ich aufwachte, war es schon dunkel draußen und es regnete immer noch oder schon wieder. Der Mond schien hell in mein Fenster. Ich folgte ihm bis zum Boden und erschrak. Da lag jemand neben meinem Bett. Ich beugte mich noch mal vor und erkannte helle und kurze Haare. Und da viel mir alles wieder ein. Cole hatte tatsächlich seine Matratze geholt, um die Nacht bei mir zu verbringen, falls ich was brauchte. War er denn verrückt geworden? Wenn man ihn erwischte...

Gleich darauf machte sich auch der Hunger wieder bemerkbar und ich musste aufs Klo. Darauf bedacht, Cole nicht zu wecken, stand ich leise auf und schlich zur Tür. Zum Glück quietschte sie nicht. Zwei Sekunden später stand ich auf der anderen Seite meiner Zimmertür. Es war stockfinster auf dem Gang und ich musste mich an der Wand entlang tasten. Im Dunkeln kam mir der Weg zu den Toiletten viel länger vor. Nachdem ich fertig war, schlich ich in den Innenhof und rüber zum Nordflügel, wo sich die Küche und der Speisesaal befand. Dummerweise regnete es noch immer und ich war schnell bis auf die Knochen durchweicht. Blöd, dass es keine überdachte Verbindung zwischen den Flügeln gab. Auf halbem Weg sah ich plötzlich einen Schatten im Mondlicht. Als ich genauer hinschaute, sah ich eine Person auf das große Tor zugehen. Ich fragte mich, was sie vorhatte. Es war nämlich verboten, im Dunkeln das Grundstück zu verlassen.

Von der Neugierde getrieben schlich ich ihr nach. Als ich jedoch das Tor an der Südseite erreichte, war niemand mehr zu sehen. Ich wollte mich gerade wieder Richtung Küche schleichen, als plötzlich ein Schrei die nächtliche Stille und das regelmäßige Rauschen des Regens zerriss. Sofort drehte ich mich um und lief in die andere Richtung, in Richtung Wald. Leider war der Schrei zu kurz gewesen, um zu erkennen, ob es ein Mensch oder ein Tier gewesen war. Aber welches wildes Tier schrie denn schon?

Also schlich ich weiter. Die Nacht war kalt und ich fror. Ich lief so lange, bis ich daran zweifelte, ob ich mir nicht doch alles nur eingebildet hatte. Da hörte ich auf einmal ein Wimmern irgendwo rechts von mir in der Dunkelheit. Ich ging in die Richtung und kam auf eine Lichtung. Auf der Lichtung beugte sich ein Mann über etwas anderes drüber. Ich konnte die breiten Schultern erkennen. Ich gab einen erstickten Laut von mir. Was ein Fehler gewesen war. Der Mann wurde auf mich aufmerksam und schaute auf. Ich erstarrte.

Es war Jace, an dessen schwarzem Mantel die Regentropfen abperlten. Es war Jace, dessen Haare tropften. Es war Jace, dessen Haut ganz blass war. Es war Jace, dessen Augen rot glühten. Es war Jace, dessen Mund rot verschmiert war von Blut, das sich mit dem Regenwasser vermischte.
Jace, Jace. Jace.

Es war Jace, der ein Vampir war.
Genau wie ich.

Das war der Moment, in dem meine Beine nachgaben.

Bildquelle: http://www.1zoom.me/big2/803/296264-jugra.jpg

Tränen von BlutWhere stories live. Discover now