Geheimgang

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Bildquelle: http://www.google.de/imgres?imgurl=https%3A%2F%2Fbuechereitingleff.files.wordpress.com%2F2015%2F01%2Fbibliothek-bc3bccher-kerzen.jpg&imgrefurl=https%3A%2F%2Fbuechereitingleff.wordpress.com%2Ftag%2Fdeutsche-bucherei-sonderburg%2F&h=1440&w=1920&tbnid=C-S9cGvZyJ4U0M%3A&docid=cBY_PP6QURXhrM&itg=1&hl=de&ei=09iwVaXBMouAzAPvu6zIAg&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=751&page=1&start=0&ndsp=21&ved=0CDMQrQMwBmoVChMI5faYxJvxxgIVCwBzCh3vHQsp

Wir saßen beim Abendessen, wobei nur Cole wirklich etwas aß, Jace nur Finn fütterte und ich daneben saß und zuguckte, als eine junge Frau, die ich vorher noch nie gesehen hatte, auf unseren Tisch zukam. Sie hatte lange blonde Locken, die ihr über beide Schultern fielen, und eine rote Brille auf der Nase. Ihre kleine Größe, die sie nicht mal durch Absatzschuhe wettmachen konnte, gab ihr ein niedliches Aussehen.

„Ihr sollt euch unverzüglich im Büro des Schulleiters einfinden", kam sie direkt zum Punkt. Ich wusste, dass Jace und Cole sofort zu mir schauten, aber ich versuchte, ihren Blicken zu entgehen, indem ich meine Augen auf den freien Tisch vor mir senkte. Jace stand auf.

„Also gut. Cole, du kannst ruhig noch zu Ende essen. Wir kommen dann hinterher zu dir", sagte er.

„Nein", winkte Cole ab, „ich komme auf jeden Fall mit." Er erhob sich ebenfalls, während er sich noch schnell sein Wurstbrot in seinen Mund schob. Jetzt saß nur noch ich. Unsicher stand ich auf.

„Keine Sorge, Mira. Mein Vater will dir auch nur helfen", versuchte Jace, mich zu beruhigen. Ich nickte und gemeinsam folgten wir der Frau. Auch wenn es hell und ich dieses Mal bei vollem Bewusstsein war, war es trotzdem unmöglich, sich den Weg zu merken. Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als wir endlich vor der Tür zu Julians Büro standen. Die Frau, die uns herangeführt hatte, hatte wohl mehr Respekt vor dem Direktor als Cole, denn sie blieb stehen, klopfte und wartete auf ein Zeichen, dass wir eintreten durften. Der Raum hatte sich nicht verändert. Auch Julian saß in der gleichen Pose an seinem Schreibtisch wie in der Nacht nach meiner Verwandlung. Als wir das Büro betraten, blickte er auf.

„Ah, da seid ihr ja. Danke, Linda, dass du sie geholt hast", sagte er und die Frau, die offenbar Linda hieß, nickte und trat zur Seite. „Nun gut... Du hast also wie mein Sohn und ich vampirisches Blut in dir?"

Ich nickte.

„Du bringst immer mehr Überraschungen hervor. Manche Schüler an dieser Schule sehe ich nie und dich schon das zweite Mal in drei Tagen." Er stand auf und schlenderte auf uns zu. Als er bei uns war, blieb er stehen und musterte mich mit seinen grünen Augen von oben bis unten. Ich fühlte mich unwohl. Julian wirkte lange nicht so müde wie das letzte Mal. Im Gegenteil. Er schien unheimlich scharfsinnig und überlegen, was mein ungutes Gefühl nicht unbedingt verbesserte. Was hatte er mit mir vor? Was würde nötig sein, um mich vom Blutsaugen und Töten abzuhalten?

„Gut dann... kommt zum Abendessen!" Julian wollte die Situation auflockern, was ihm sichtlich misslang. „Und du", er wandte sich zu Cole um, „gehst am besten. Es kann ziemlich ekelhaft werden. Besonders bei unerfahrenen Vampiren." Sein Blick ruhte wieder auf mir.

„Nein, ich komme mit", beharrte Cole jedoch und Julian quittierte das mit einem einfachen „na, wenn du meinst... Aber ich will nicht, dass Finn zusieht. Auch wenn er noch klein ist, traumatische Erlebnisse vergisst man nicht, so früh man sie auch erfahren haben mag. Linda, bringst du ihn bitte zu Malene? Sie soll sich um ihn kümmern, bis ich ihn holen komme. Danach kommst du wieder her." Damit drehte er sich um und ging zu einem Kerzenleuchter, der an einem der Bücherregale hing. Er pustete die Kerzen aus und drehte den Leuchter um 180 Grad nach links, wobei ein wenig Wachs auf den Boden tropfte. Sofort glitt die Bücherwand nach hinten und danach nach links hinter eine andere und gab den Weg in einen zweiten Raum frei, der jedoch im Dunkeln lag, weil noch keine Kerzen angezündet waren.

„Kommt", forderte Julian und mit einer Handbewegung auf, ihm zu folgen. Nachdem Jace Finn an Linda übergeben hatte, taten wir dies auch. Die blonde Frau verschwand mit Jace' Sohn durch die große Tür, durch die wir reingekommen waren. Als wir alle in dem Raum waren, den die Bücherwand offenbart hatte, zündete Julian nach und nach die Kerzen an den Wänden an. Der Raum entpuppte sich als Waffenkammer. An den Wänden hingen und lehnten tausende von Schwerter, Säbel, Messer, Armbrüste, aber auch so etwas wie Pistolen und anderen modernen Waffen und solche, bei denen ich keine Ahnung hatte, wie sie hießen oder wozu sie gut waren. Als Cole und ich uns satt gesehen hatten, führte Julian uns weiter zu einer schweren Eisentür, die sich am anderen Ende des Raumes befand und die mit unzähligen Schlössern, Riegeln und Kettchen gesichert war. Julian zog sich dicke, lederne Handschuhe an und begann, die Tür zu entriegeln. Das dauerte so lange, dass sich Linda mittlerweile wieder zu uns gesellt hatte, als die Tür endlich aufschwang, wobei sie keinen Laut von sich gab. Zum Vorschein kam wieder nur Dunkelheit. Als Julian alle Kerzen angezündet hatte, blieb ich wie angewurzelt stehen.

In dem mittelgroßen Raum befand sich eigentlich fast nichts und auch Wände, Fußboden und Decke waren wie das ganze Gebäude aus Stein, aber an der hinteren Wand befanden sich vier Ketten, dessen Glieder bestimmt zehn Zentimeter dick waren. Die Ketten waren in einem Viereck in die Wand eingelassen und an den Enden befanden sich große Ringe. Offensichtlich war dieser Raum geschaffen worden, um Menschen festzuhalten. Oder einen Vampir.

Tränen von BlutWhere stories live. Discover now