Der Perlenhafen

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„Das hier Jeongin... das ist Pearl Harbour."

Als hätte er plötzlich sämtliche Glühlampen angeschaltet, realisierte ich es ebenfalls. Der Perlenhafen. Der Ort, an dem die amerikanische Marine an einem einzigen Tag 18 ihrer Schlachtschiffe verloren hatte. Der Ort, an dem mehr als 2400 Menschen gestorben waren. Und ich stand hier und merkte erst jetzt, an welch geschichtsträchtigem Ort wir uns doch befanden.

„Und du hast mich hierher gebracht, weil du mir etwas beibringen wolltest?", fragte ich leicht skeptisch. Irgendwie wunderte es mich, dass er jetzt doch eine Lehrstunde halten wollte.

„Aber nicht doch Innie", schnurrte der Dämon. „Wir sind hier, weil wir dieses Wrack besichtigen werden." Er deutete mit dem Zeigefinger hinaus aufs Wasser und den dunklen Schatten.

„Also machen wir wirklich eine Tour zu dem Schiff?"

Schon folgte ein vergnügtes Kichern. „Ja, aber nicht so, wie du es dir denkst Kleiner. Wir werden es uns von Innen ansehen."

Bei diesen Worten schnappte ich nach Luft und sah ihn ungläubig an. „Aber-aber das geht doch gar nicht. Man kommt nicht in die gesunkenen Schiffe rein...Sie stehen unter Denkmalschutz und sind als Massengräber deklariert. Kein Mensch ist seit dem Untergang dieser Schlachtschiffe ins Innere gekommen."

Hyunjin ließ sein sexy Lachen hören und trat jetzt vor mich. „Du vergisst immer wieder, dass es für mich nahezu keine Grenzen gibt, oder Kleiner? Wenn ich sage, dass wir uns die Schiffe ansehen, dann tun wir das auch. Aber zunächst..." Er legte Zeige- und Mittelfinger an meinen Hals, so als wolle er meinen Puls fühlen und seine Augen glommen plötzlich in dem übernatürlich schönen Blau. Etwas von seiner eigenartig kühlen Energie floss nun auch durch meinen Körper und ich schloss kurz die Augen, um das Gefühl zu verarbeiten. Dann sah ich wieder auf den attraktiven Dämon vor mir.

 ❗Triggerwarnung: Thalassophobie/ Wer also Angst vor tiefen Gewässern/allgemein dem unter Wasser sein/Tauchen hat, sollte ab hier vorsichtig weiterlesen oder es ganz überspringen.❗

„Was hast du da gerade gemacht?" Diesmal hatte ich seltsamerweise keine Angst vor seiner Magie, noch fühlte ich mich unwohl bei dem, was er getan hatte. Doch ich bekam keine Antwort, sondern wurde wieder in seine Arme gezogen und von einer Sekunde auf die andere umgab mich das Wasser. Kaltes Wasser, überall um mich herum. Ich spürte es auf meiner Haut und konnte fühlen, wie es meine Kleidung durchweichte. Selbst wenn der erste Kontakt mir eine Gänsehaut beschert hatte, so wurde die Kälte jetzt beinahe angenehm.

Doch im nächsten Moment bekam ich ein wenig Panik. Denn ich sah um mich herum wirklich nur Wasser. Als ich nach oben blickte, merkte ich, dass ich außerdem weit von der Oberfläche entfernt zu sein schien. Zu weit um einfach auftauchen zu können.

Oh Gott... ich würde ertrinken. Ich konnte doch nicht lange genug die Luft anhalten, um nach oben zu schwimmen.

Meine Verzweiflung wuchs kontinuierlich. Mit jeder Sekunde wurde die nagende Angst größer und ich versuchte mich aus Hyunjins Armen zu befreien. Ich musste auftauchen oder es zumindest versuchen. Doch bevor ich mich voller Furcht gegen seine Brust stemmen konnte, drang seine Stimme durch meinen Kopf, so als würde ich sie gesprochen hören.

„Keine Sorge Jeongin. Du wirst nicht ertrinken. Atme einfach ganz normal."

Machte er da gerade Witze? Ich war doch kein Fisch. Ich konnte nicht unter Wasser atmen.

„Versuch es. Ich teile gerade ein paar meiner Fähigkeiten mit dir und wie du siehst, kann ich es hier unten auch aushalten."

Das war doch wirklich absurd. Und unmöglich. Doch dann fiel mir auf, dass ich mich bereits viel zu lange im Wasser aufhielt und meine Atemnot eigentlich schon so groß sein müsste, dass ich dem Ertrinken nahe war. Also folgte ich zögerlich seinem Rat und tat so, als würde ich durchatmen.

Dancing with DemonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt