Vergessene Taten

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Triggerwarnung: Blut (nur kurze Erwähnung), Beleidigungen, Andeutung sexueller Gewalt ❗

Jeongins Pov:

Heute war ein komischer Donnerstag. Einer von der Sorte, die man getrost als ereignislos und langweilig abstempeln durfte. Hinzu kam die drückende Hitze, die der Sommer mit sich brachte. Es lag schon den ganzen Vormittag diese schreckliche Spannung in der Luft, wie vor einem Gewitter, das gleich losbrechen würde und mit seinen Blitzen und dem Donner jeden dazu nötigen würde, sich in sein Haus zurückzuziehen.

Mit einem angenervten Seufzen rollte ich mich auf die andere Seite meines Bettes und kam somit auch dem kleinen Ventilator näher, der die Temperatur im Raum zumindest für mich erträglich machen sollte.

"Jeongin! Dein Vater und ich gehen jetzt!" Meine Mama stand wohl unten am Treppenabsatz. Denn ich hörte ihre Stimme klar und deutlich. Sie hatte mir vorhin schon erzählt, dass sie heute mit Papa zu einigen Freunden fahren wollte. Mein kleiner Bruder übernachtete ebenfalls bei einem Kumpel. Ich war sozusagen in wenigen Minuten allein zuhause, was mich nicht sonderlich störte. Immerhin hatte ich so die Gelegenheit weiterhin faul herumzuliegen und musste mich nicht schlecht fühlen, dass ich keinen Finger rührte.

"Ist gut. Viel Spaß!", rief ich zurück und lauschte auf das Geräusch von Schritten und dem anschließenden ins Schloss fallen der Haustür. Mit einem weiteren wohligen Seufzer änderte ich meine Position erneut und starrte die nächsten Minuten gebannt auf mein Handy.

Ich sah mir irgendeine Dokumentation über Meereslebewesen an und war fasziniert von der Artenvielfalt und den Besonderheiten der Tiere. Vor allem die Schildkröten hatten es mir angetan und seit ich mit Hyunjin bei unserem ersten Ausflug die Karettschildkröte von Nahem bewundern durfte, hatte ich mich mehr und mehr mit diesen Tieren beschäftigt.

Plötzlich klingelte es und verwirrt hob ich den Kopf. Ich war mir sicher, dass meine Eltern nicht klingeln würden und auch mein Bruder hatte einen Schlüssel. Kurz war ich versucht, das zweite Klingeln zu ignorieren, doch schließlich beim dritten oder vierten Läuten erhob ich mich mit einem Seufzen.

"Ja ja, ich komme schon", brummte ich widerwillig und lief zur Tür. Als ich sie öffnete, blinzelte ich und musste mich erstmal an das helle Licht der Sonne gewöhnen, das in einem ungünstigen Winkel einfiel und mich nur schwer erkennen ließ, wer da vor mir stand. Erst als ich die Augen beinahe ganz zukniff, erkannte ich die Person. Verwirrt legte ich den Kopf schief aber trat zur Seite, um ihn einzulassen.

"Hyunjin. Ich dachte, ihr habt zu tun."

Als der hochgewachsene Dämon durch die Tür getreten war, schloss ich sie und konnte ihn endlich besser betrachten. Sein Aussehen irritierte mich leicht, da es untypisch für ihn schien, aber vielleicht war er einfach in Eile gewesen. Auch seine silbrigen Haare wirkten etwas zerzaust, fast schon stumpf und glänzten nicht wie sonst.

"Tia, ich bin wohl eher fertig als erwartet."

Seine Worte kamen scharf und einsilbig über seine Lippen und irgendetwas an seiner Sprechweise störte mich. Ich konnte nur nicht sagen was. Deshalb nickte ich nur und sah an ihm herab. Irgendwie wollte ich erleichtert sein, dass er wieder da war und es sollte mich freuen, dass er von selbst meine Nähe suchte.

Ich hatte mir unser erneutes Aufeinandertreffen ausgemalt, doch so hatte ich es mir nicht vorgestellt. Dennoch überwand ich die Distanz zwischen uns, umarmte ihn und streckte mich ihm entgegen. 

Ich hoffte, ein Kuss würde mir meine Unsicherheit nehmen und die Distanz zwischen uns einfach ungeschehen machen. Er lehnte sich ebenfalls nach vorn und legte dann seine Lippen auf meine. Vorübergehend kribbelten meine Lippen und dann fiel mir ein weiteres seltsames Detail auf. Anders als sonst waren seine Lippen nicht seidig weich und kühl. Diesmal waren sie rau und ziemlich warm. Leicht verwirrt zog ich mich zurück und legte ihm eine Hand auf die Stirn.

Dancing with DemonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt