Die Spaltung des Bewusstseins

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Triggerwarnung: Blut, Beleidigungen, seelische Gewalt, Andeutung sexueller Gewalt, Thalassophobie ❗


Jeongins Pov:

Das mulmige Gefühl überkam mich bereits direkt nach dem Aufstehen. Ich wusste nicht woher es kam oder was es bedeuten sollte, doch es blieb. Selbst nachdem ich geduscht hatte und mit meiner Familie frühstückte, war es nicht verschwunden. Meine Eltern mussten natürlich wie jeden Tag zur Arbeit und mein kleiner Bruder hatte sich für diesen Freitag erneut mit seinen Freunden verabredet. Also beschloss ich, dasselbe zu tun und schrieb in die Gruppe, ob wir heute etwas gemeinsam unternehmen wollten.

Recht schnell kam eine Antwort von Jisung, der uns erzählte, dass ein Kumpel ihn zu seiner Hausparty eingeladen hatte und wir, wenn wir Lust hätten, gern heute Abend mit ihm dort hingehen könnten.

Ich sagte zu und auch Seungmin und Felix schrieben wenig später, dass sie dabei waren. Allerdings waren es bis heute Abend noch einige Stunden und ich fragte Ji, ob ich auch schon ein wenig eher zu ihm kommen durfte. Den ganzen Tag wollte ich mich nicht aufdrängen, aber zumindest so, dass ich einen Teil des Nachmittags schon bei ihm verbringen würde.

Jisung gefiel diese Idee und bot uns allen an, auch die Outfitauswahl und das anschließende Styling einfach bei ihm zu zelebrieren.

So ließ ich mich wenig später auf mein Bett sinken und sah ratlos in meinem Zimmer umher. Ich wusste nicht recht, was ich bis sechzehn Uhr machen sollte und entschloss mich, schon mal ein paar Kleidungsstücke zusammenzusuchen, die ich mitnehmen wollte. Doch auch diese Aufgabe füllte nicht viel Zeit und auch nachdem ich alles säuberlich in meinen Rucksack gepackt hatte - was ich sonst nie tat - war es gerade mal kurz vor elf Uhr.

Wenn die Zeit weiter so schleppend vergehen würde, wäre ich spätestens gegen 14 Uhr vor Langerweile verschieden.

Etwas planlos lief ich in die Küche und bereitete mir eine Mahlzeit zu, die eigentlich nur daraus bestand, dass ich mir Essen von gestern aufwärmte. Nebenbei sah ich mir irgendwelche Videos an und verzehrte mein Mittag recht schnell. Dann blickte ich wiederholt auf die Digitalanzeige meines Handys und stellte fest, dass es immer noch gute dreieinhalb Stunden waren, bis ich mich auf den Weg machen musste.

Ich brachte also das dreckige Geschirr zurück in die Küche und stellte es wohlerzogen wie ich war in die Geschirrspülmaschine. Als ich jedoch in mein Zimmer trat, stand ich wie angewurzelt da und starrte auf den Dämon, der dicht neben dem Fenster stand und meinem Eintreffen entgegensah. 

Erneut kam das mulmige Gefühl in mir hoch und statt mich zu freuen, dass es ihm gut ging und er die Kämpfe augenscheinlich unbeschadet überstanden hatte, blieb ich erstaunlich ruhig und wusste nicht, was ich sagen oder tun sollte.

„Hyunjin." Kurz blitzten die braunen Augen auf und ich wollte doch etwas Nettes sagen, um nach unserer letzten Begegnung im Bad nicht unhöflich zu erscheinen. Immerhin hatte ich ihn ziemlich schroff abgewiesen.

„Ich habe deine Anwesenheit vermisst." Gut, das war sehr deutlich. Aber vielleicht war das auch nötig. Bis jetzt hatte es Hyunjin immer gemocht, wenn ich ihm direkt sagte, dass ich nur ihn wollte. Dass ich förmlich ihm gehörte und er alles für mich war. Und das stimmte ja irgendwie auch.

Seit er in meinem Leben aufgetaucht war, seitdem er hier in meinem Zimmer auf mich gewartet hatte, war er ein Teil meiner selbst geworden. Und vielleicht hätte ich es ihm auch noch deutlicher gesagt und mich in seine Arme fallen lassen, wäre da nicht dieses Detail gewesen, das mich abhielt.

„Du hast mich also vermisst." Bildete ich es mir ein oder hörte ich da Spott in seiner Stimme? Immer noch stand er dicht vor meinem Fenster und die grelle Mittagssonne strahlte seine linke Gesichtshälfte an. Dann blinzelte er und drehte sich so, dass er mich direkt ansah. Seine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben. „Offenbar hat sich seit meinem letzten Besuch nicht viel verändert..."

Dancing with DemonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt