Die rote rechte Hand

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Jisungs Pov: 

„Und gerade bin ich hier, weil ich Jisung unterstützen will, mir kann es gleich sein, ob er Geld besitzt oder einen hohen Posten in einem Unternehmen hat... Entscheidend ist am Ende seine reine Seele."

Es war sekundenlang ganz still am Tisch und auch ich hatte den Atem angehalten. Die Worte waren so ergreifend und gleichzeitig tiefgründig gewesen, dass ich kaum ihre Tragweite erfassen konnte. Erst mit dem letzten Satz mischte sich zu der Süße auch die Bitterkeit. Das was für Außenstehende so sehr nach einer liebevollen Bekundung klang, rüttelte mich schlagartig wach.

Meine Seele. Auf die hatte es der Dämon schlussendlich abgesehen. Sie war wohl das einzige, das ihn an mir interessierte.

Trotzdem bewahrte ich die Ruhe, so wie es Felix mir geraten hatte. Ich lächelte und griff etwas fester nach Minhos Hand und da ich sowieso gerade auf direktem Konfrontationskurs war, lehnte ich mich zu ihm und gab ihn einen sanften Kuss.

Meine Oma war zutiefst gerührt, während die meisten anderen noch angespannt zwischen Minho und meiner Großmutter hin und her blickten. Fast schon befürchtete ich, Minho hätte sich zu weit aus dem Fenster gelehnt, doch schließlich war es meine Mutter, die zuerst sprach. Sie hob ihr Glas und sah mich an.

„Mit einem so gerechten und liebevollen Mann an deiner Seite, wirst du es sicherlich genauso weit bringen Jisung."

Ich lächelte und erwiderte die Geste, trank einen Schluck von meinem Kirschsaft und spürte erneut Minhos Hand auf meinem Oberschenkel. Sie lag schwer und endgültig dort, so als wolle er mich festhalten und mir seine Unterstützung zusichern. 

Die Aufmerksamkeit richtete sich glücklicherweise schnell wieder auf andere Gespräche, das Stimmengewirr schwoll an und gestattete mir einen Moment des Nachdenkens. Aber das schien genau der falsche Ansatz zu sein. Sogleich erinnerte ich mich daran, wie ich in Minhos Armen gelegen hatte. Blutend und kurz davor zu sterben. Hätte er damals eine andere Entscheidung getroffen, hätte er meine Seele längst.

Entschlossen griff ich nach seiner Hand, entfernte sie von meinem Bein und schob meinen Stuhl zurück, um aufzustehen. Dann ging ich betont langsam in Richtung der Toiletten und beachtete das Augenpaar, das mir aufmerksam folgte, einfach nicht. Ich ignorierte auch alles andere und als ich endlich in dem schmalen Gang stand und mich niemand mehr sehen konnte, ließ ich die Schultern hängen und ging wie ferngesteuert zu der richtigen Tür. Ich betrat den Waschraum und schon wollten sich die Verbitterung und Gefühlskälte meiner bemächtigen. 

Auf Toilette musste ich gar nicht. Also stützte ich mich lediglich an einem der Waschbecken ab, betrachtete mich in dem glänzenden Spiegel vor mir und versuchte meinem eignen Spiegelbild irgendeine Antwort zu entlocken.

Was sollte ich tun? Wie sollte ich mich verhalten? Warum tat ich mir das überhaupt an? Warum ließ ich Minho so mit mir spielen? Macht die Liebe nicht nur blind sondern auch dumm?

Ich knirschte mit den Zähnen und schloss kurz die Augen.

„Jisung? Jetzt werde bitte nicht sentimental... Du weißt genau, dass ich all das gesagt habe, um dich zu unterstützen."

Ich fragte mich gar nicht erst, wie er ohne ein Geräusch zu machen hierhergekommen war. Doch ich erkannte seinen leicht frustrierten Tonfall und blickte ihn prüfend durch den Spiegel an.

„Ach ja? Alles nur für mich... Ich denke, dir geht es vielmehr darum, mich zu bewachen, damit ich keine Dummheiten mache oder dir meine ach so reine Seele entgeht." Plötzlich war ich wirklich wütend, schlug auf die Umrandung des Waschbeckens und ließ dabei kleine Funken sprühen.

„Tss~ als ob noch irgendetwas an mir rein und gut ist, nachdem du mich immer wieder gefickt hast und mir auch noch dein Blut gegeben hast, Dämon. Lohnt sich das überhaupt noch? Oder ist es dein Stolz, der meine Seele will?" Mit funkelnden Augen trat ich auf ihn zu und mein Blut kochte. Langsam wurde es fast unangenehm, aber ich brauchte das jetzt. Es entfachte meinen Zorn weiter und genau das wollte ich. 

Dancing with DemonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt