Verständnis schaffen

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Jisungs Pov: 

Meine Eltern standen in der Eingangstür. Beide mit ihrem Gepäck und mit überrascht geweiteten Augen.


Mein Herzschlag setzte aus und dann versuchte ich hastig meine Hände und meinen Körper irgendwie aus dieser leider sehr eindeutigen Position zu lösen. Glücklicherweise verstand Minho sofort. Er ließ mich los und trat zwei Schritte zurück. Seine Augen huschten kurz zwischen meinen Eltern und mir hin und her und dann sah ich das schelmische Funkeln.

Er hatte es gewusst. Zumindest musste er sie gehört haben. Und er hatte trotzdem weitergemacht.

Jedoch konnte ich nicht allzu lang darüber nachdenken, denn die zweite unerwartete Komponente dieser Gleichung bereitete mir momentan mehr Kopfzerbrechen.

„Mama..." Ich blinzelte und sah anschließend zu meinem Vater, der mit gerunzelter Stirn hinter meiner Mutter stand und dieser über den Oberarm strich, um sie aus ihrer Starre zu lösen. „Papa."

Gerade wünschte ich mir nichts lieber, als dass sich ein Loch unter mir auftat und mich verschlingen würde. Alles, wirklich alles wäre mir lieber als diese Szene.

„Hallo Jisung. Hatte deine Mutter dir nicht Bescheid gegeben, dass wir heute zurückkommen?", fragte mein Vater ruhig und schob meine Mama dann sanft in den Hausflur, um die Tür zu schließen. Er musterte mich eingehend und es fühlte sich an, als würde ich unter diesem Blick schrumpfen. Meine Mama sah noch immer zwischen Minho und mir hin und her, sagte aber selbst nichts, was mich gelinde gesagt nur noch nervöser machte. Es behagte mir ganz und gar nicht.

„Ähm doch...", wisperte ich leise und musste zugeben, dass ich diese Information wohl geflissentlich verdrängt hatte. Doch nun fiel es mir wieder siedend heiß ein und auch meine Wangen nahmen wohl die Farbe von reifen Tomaten an. „Tut mir leid."

Ich senkte den Blick und sah schuldbewusst auf meine Schuhe.

Scheiße, so sollte mein Outing ganz sicher nicht laufen. Unter all den Umständen war das wohl das Unangenehmste.

Auch Minho schien zu merken, dass die Situation äußerst heikel war, denn er blieb ungewöhnlich still. Wahrscheinlich wollte er mir überlassen, was jetzt passieren sollte. Oder er hatte von Anfang an geplant mich zu blamieren und amüsierte sich jetzt prächtig über meine Unfähigkeit mich zu erklären. Also warf ich ihm einen prüfenden Blick zu. In seiner Mimik erkannte ich weder Spott noch Vergnügen. Viel mehr wirkte sein Gesichts ernst. Aber nichts weiter.

Erneut war es mein Vater, der die Stille unterbrach.

„Möchtest du uns den jungen Mann nicht vorstellen?" Seine Stimme zeigte einen Hauch Neugier, vielleicht war es aber auch nur der Versuch, die Stimmung nicht vollständig kippen zu lassen.

„Das- das ist Minho", wisperte ich viel mehr als ich sprach. Dabei verlagerte ich das Gewicht von einem Bein aufs andere und warf einen unsicheren Blick zu allen Beteiligten.

Minho räusperte sich und trat dann nach vorn. Er streckte meinem Vater die Hand entgegen und stellte sich nun selbst vor. „Lee Minho. Freut mich, sie kennenzulernen." Nichts an seinem Auftreten ließ auf irgendein Unwohlsein schließen. Aber er hatte ja auch absolut keinen Grund, nervös zu sein. Mein Papa ergriff die dargebotene Hand und schüttelte diese.

„Sang-hyuk. Freut mich auch." Stellte sich mein Vater nun vor. Der Dämon zeigte ein kurzes, manierliches Lächeln und bot auch meiner Mama seine Hand an. Diese sah ihn immer noch an, als könne sie nicht ganz begreifen was gerade vor ihren Augen geschehen war, doch schließlich reichte sie ihm ihre Hand.

„Eun-ji", meinte sie kurz angebunden und Minho neigte höflich den Kopf. Dann drehte er sich zu mir. „Ich gehe jetzt wohl besser."

Ich schluckte und schwankte nun zwischen einem Kopfschütteln und einem Nicken. Zum einen sollte er gehen, um diese peinliche Situation nicht noch länger hinauszuzögern, zum anderen wollte ich ihn so gern erneut küssen oder mich richtig von ihm verabschieden. Doch schlussendlich nickte ich zögerlich und sah ihn an. Ich hoffte, dass er an meinem Blick erkannte, dass ich es bedauerte. Einfach weil es diesen perfekten Moment zerstört hatte und ich nicht wusste, wann ich Minho das nächste Mal sehen würde.

Dancing with DemonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt