Die Bestie ist frei

2.6K 232 106
                                    

Triggerwarnung: körperliche Gewalt, Blut


Seungmins Pov:

Eine letzte Träne rollte meine Schläfe hinab und ich presste die Lippen zusammen. Dann wandte ich mein Gesicht müde zu Berry, um nicht diesen Irren sehen zu müssen. Ich beobachtete, wie der Hund den Kopf schüttelte und das dünne, silbrige Band zu Boden glitt.

Erschöpft und müde atmete ich ein und konnte dennoch erkennen, dass etwas mit dem kleinen Hündchen geschah. Sein Stand wurde sicherer, dann reckte er seinen Kopf, knurrte bedrohlich und plötzlich sah ich, wie Berry wuchs. In kürzester Zeit wuchsen nicht nur die Beine, der Torso und der Kopf, nein, auch das Fell wurde länger und plötzlich glaubte ich, nicht länger einen Hund neben mir stehen zu haben sondern einen Wolf. Dieser war jedoch beinahe so groß wie ein Mensch und er passte kaum in den recht engen Flur.

Ein ungehaltenes Fluchen war von Christian zu vernehmen, dann stieg dieser schreckliche gelbe Rauch auf und ich zuckte zusammen, als dieser sich erneut wie Säure in meine Haut fraß. Doch plötzlich nahm ich eine Bewegung wahr. Die Bestie neben mir stürzte sich mit einem markerschütternden Heulen auf den Hexer und ein Kampf entbrannte zu meinen Füßen. Ich war zu schwach um mich aufzurichten. Ohnmächtig wurde ich aber auch nicht und deshalb lauschte ich nun dem lauten, wütenden Knurren, dem verbissenen schnellen Atem und den Verwünschungen meines Peinigers.

„So ein Arschloch, jetzt hat er dir auch noch seinen Leibwächter zu Hilfe geschickt. Wieso beim unheiligen Satan hängt er so an deinem wertlosen Leben?" Dann war ein schmerzerfüllter Schrei zu hören und Berry knurrte zufrieden.

„Ahh! Das wirst du bereuen, du hässliches Drecksvieh." Ein gelber Blitz zuckte durch den Flur und ich hörte das gepeinigte Winseln des Tieres. Die Luft um mich herum war stickig und warm, doch jetzt roch sie auch nach verbranntem Fell und nach etwas anderem, dass ich zunächst nicht zu deuten wusste. Doch dann konnte ich den metallischen Geruch einordnen und ich erschauderte.

„Nicht~", nuschelte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. Ich wollte mich schon drehen und Christian anflehen aufzuhören, doch da fiel plötzlich etwas dumpf zu Boden und dann war es verdächtig still. Nur ein leises Röcheln vernahm ich ab und an, dann ein tiefes Knurren und nun ertönten tapsende Schritte, die sich in meine Richtung bewegten.

Goldbraunes Fell tauchte in meinem Sichtfeld auf und dann beugte sich das Ungetüm zu mir. Ich wollte bei dem wolfähnlichen Gesicht zurückzucken, da an den Lefzen mehr Blut klebte als meine Augen eigentlich sehen wollten. Weiße, spitze Zähne kamen zum Vorschein, als Berry zunächst seine Lefzen mithilfe der langen rosigen Zunge von dem Blut befreite und bevor ich mich versah, leckte er meine Wange ab. Das riesige Tier ließ ein leises Winseln hören und stupste auffordernd meine Schulter an, als wolle es mich zum Aufstehen bewegen. Einige klägliche Versuche später, lehnte ich mich mit einem leisen Schluchzen zurück und schüttelte kraftlos den Kopf.

„Ich kann nicht", hauchte ich schwach und spürte jeden Knochen in meinem Körper schmerzen. Lange würde ich nicht mehr durchhalten. „Ka-kannst du Chan nicht Bescheid geben?", fragte ich leise und sah den Wolf an, der auf mich herabblickte und auch nicht recht zu wissen schien, was er tun sollte. Ein leises Knurren drang zwischen den Lefzen hervor, dann drehte er sich einmal um sich selbst, so als wäre er sich unsicher. Doch schließlich wandte er sich ab und trottete davon. Seine tapsenden Schritte waren auf dem Boden gut zu hören, doch bald schon waren sie verklungen.

Nun hatte mich also auch meine letzte Hoffnung verlassen.


Ich hatte komplett das Zeitgefühl verloren. Doch was konnte ich tun, außer zu warten? Worauf ich wartete, wusste ich nicht genau. Vielleicht auf Berrys Rückkehr, vielleicht darauf, dass Christian wieder zu sich kam und sein blutiges Werk vollendete. Oder möglicherweise auch einfach auf den Tod.

Dancing with DemonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt