Juliana: "Elfenzauber II" von RunaElven

113 22 19
                                    

Lasst euch heute entführen oder auch nur in der Zeit zurückversetzen von RunaElven und zwar mitten hinein ins 12. Jahrhundert. Dann geht es euch so ähnlich wie ihrer Protagonistin Arwen und mit ein bisschen Glück werdet ihr auch von einem weißen Ritter aufgefangen - wie ihre Protagonistin.

Diese Kritik wird etwas anders als die meisten von mir vorangegangenen. Ich habe nämlich praktisch nichts auszusetzen. Stattdessen entscheide ich mich an dieser Stelle, die Aspekte herauszugreifen, die ich für ausschlaggebend dafür halte, dass mir die Geschichte so gut gefällt.

Die Prämisse 

Es sei am Anfang zugegeben, dass die ganz grundsätzliche Idee einer Figur, die in eine andere Zeit versetzt wird und dort (unter Umständen) die Liebe findet, nicht unbedingt neu ist. Aber das ist nicht alles, kommt es auch darauf an, was aus einer Idee gemacht wird. Auftrieb kommt zuerst dadurch, dass der Prolog aus zwei Elfen besteht, die Arwen und ihren weißen Ritter Rhys von außen betrachten und darum wetten, ob so etwas wie Liebe tatsächlich existiert. Und dadurch, dass einer der beiden nicht mit fairen Mitteln spielt und versucht, Arwen und Rhys gegeneinander auszuspielen.

Die Tatsache, dass Arwen mehr oder weniger aus unserer Zeit stammt, erlaubt einen Schreibstil, der sich nicht anachronistisch anfühlt und für gelungene Slapstick-Momente sorgt, wenn Arwen sich in einer modernen Redewendung verliert. Hier setzt einer der kleinen Kritikpunkte an, die ich habe: Stellenweise ist es für mein Empfinden ein wenig zu dick aufgetragen. Aber darüber, inwieweit etwas zu dick aufgetragen ist, besteht in deinen Kommentaren ja auch keine Einigkeit, deswegen sei diese Anmerkung mit einer Prise Vorsicht zu genießen.

Die Charaktere und ihre Darstellung

Arwen und Rhys funktionieren sehr gut als eigenständige Figuren, aber auch in Beziehung zueinander, was bei der Romanze, die sich zwischen ihnen entwickelt, eine Tatsache ist, die erwähnt werden sollte. Arwen weiß, was sie will, verliert aber manchmal das große Ganze aus dem Blick. Sie hat keine Hemmungen, gewissen Herren den Kopf zu waschen, ist aber kein "Kampfweib" im abwertenden Sinne.

Rhys mag auf den ersten Blick wirken wie das klassische Bild des "harte Schale, weicher Kern".  Was mir so gut gefällt, ist, dass er diese harte Schale nicht abwirft, sobald er die Protagonistin näher kennenlernt. Letzteres habe ich des Öfteren bereits gelesen, deswegen halte ich es hier für so erwähnenswert. Er ist immer noch jähzornig, immer noch schnell mit der Hand am Schwert, immer noch von sich selbst überzeugt. Aber er ist eben auch unsicher und zweifelt an den Entscheidungen, die er getroffen hat. Das macht ihn so glaubwürdig und dreidimensional.

Hinzu kommt, dass du ihn nicht als den einzigen Männertypen, den einzig "wahren" Mann verkaufst, trotz des mittelalterlichen Settings, das dafür tendenziell anfällig ist. Zwar ist er noch immer das love interest, aber mit Bruder Martin und Rhys' kleinem Bruder Dafydd zeigst du sehr gekonnt auf, dass es auch in einem historischen Kontext anders geht. Ganz abgesehen von dem Elfenpaar am Anfang, aber bei dieser Spezies geht man interessanterweise häufig nicht von der althergebrachten Männlichkeit aus, zumindest meiner Erfahrung nach. Gerade hier zu dem Absatz wäre ich auch gespannt, andere Meinungen zu hören - auch im Allgemeinen.

Die Beziehungsentwicklung zwischen Arwen und den restlichen Figuren

Hier ist zuerst auf die (werdende) Romanze zwischen Arwen und Rhys einzugehen. Auch hier gehst du den altbewährten Weg, dass sie sich zwar anziehend finden, es aber beide nicht voreinander eingestehen wollen. Als es dann soweit ist, werden sie immer wieder ungebetenerweise unterbrochen. So weit, so bekannt, ich habe es bei dir aber nicht als anstrengend empfunden. Das liegt meines Erachtens daran, dass die Gründe bei dir immer nachvollziehbar waren und immer vorher angedeutet, was sie wiederum glaubhaft gemacht hast. Außerdem hast du den Bogen nicht überspannt.

Was mir in dem Kontext auch sehr gefallen hat, war dein Spiel mit den verschiedenen Perspektiven. Häufige Perspektivenwechsel können anstrengend und eintönig werden, insbesondere, wenn die Sichtweisen nicht ausreichend voneinander differenziert werden. In diesem Fall war es aber so, dass sowohl Arwen als auch Rhys versucht haben, sich aufeinander aufmerksam zu machen, aber so unterschiedlich an diese Aufgabe herangegangen sind, dass die unterschiedlichen Perspektiven, Gedanken und Pläne einen enorm hohen Unterhaltungswert hatten.

Aber auch die Entwicklung von Arwens Beziehung zu den anderen Figuren empfinde ich als durchaus gelungen, sowohl zu den männlichen als auch zu den weiblichen Nebenfiguren. Du schaffst es, eine Authentizität in deine Figuren zu bringen, die ich tatsächlich nur loben kann. Du machst kein Geheimnis aus Arwens Schwächen und ihrer Unerfahrenheit mit dem mittelalterlichen Leben. Es wird nicht sofort von allen Figuren großzügig darüber hinweggesehen, aber genauso wenig macht sich jemand dauerhaft über sie lustig, als sie langsam dazulernt. So funktioniert die Aufnahme von einem Fremden in eine bestehende Gruppe und du hast das sehr gut dargestellt.

Einen Kritikpunkt an Arwens Entwicklung habe ich allerdings: Ihre fälschliche Suche nach einem realen Drachen zieht sich für mein Empfinden zu lange hin. Das liegt grundlegend nur an einer Sache: Du erzählst deine Geschichte so, dass deinen Lesern von Anfang an klar ist, dass es den realen Drachen nicht gibt. So läuft sie dieser falschen Spur sehr lange hinterher, was zu leichten Frustrationen auf Leserseite führen kann.

Fazit

Was bleibt mir noch zu sagen, ich kann jedem deine Geschichte nur wärmstens empfehlen, sie ist gut geschrieben, mit authentischen, liebenswerten Charakteren und einer interessanten, beliebten Prämisse. Ein großes, virtuelles Lob von meiner Seite.

BewertungsbuchWhere stories live. Discover now