Mia: "Escape the Friendzone" von Saelamju

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Hallo zusammen, schön, dass ihr vorbeischaut :) Heute kommen wir zu einer Premiere in diesem Buch - wir schauen uns einen zweiten Teil an, und zwar "Escape the Friendzone", das Sequel zu Saelamjus Drama "Don't Enter the Friendzone". Wenn ihr also euer Hintergrundwissen noch einmal  auffrischen wollt, lade ich euch dazu ein, dort noch einmal vorbeizuschauen.

In der Geschichte haben wir Pari und ihre Affäre mit dem Musiker Dag (aus der realen Band SDP) verfolgt, die eigentlich von Vornherein zum Scheitern verurteilt war, weil Pari in keiner mentalen Verfassung war, eine Beziehung einzugehen. An der Stelle verzichte ich einmal auf die Spoilermarkierung, ich muss das Ende von Teil I für die Besprechung von Teil II verwenden, bitte vergebt mir. Am Ende von "Don't Enter the Friendzone" muss Pari genau das einsehen. Sie verabschiedet sich von Dag und zieht für unbestimmte Zeit in den Iran, aus dem ihre Familie kommt, um dort wieder zu ihrem Selbst und zu ihren Zielen zu finden.

Einige Zeit danach setzt die Handlung von "Escape the Friendzone" ein, nur, dass wir dieses Mal Dag verfolgen, wie er mit seiner zerbrochenen Affäre umgeht, die auf dem Weg war, zu so viel mehr zu werden. Wir stellen fest, dass auch er mit seinen Dämonen zu kämpfen hat. Zu dem, was er Pari immer vorgeworfen hat, das eine zu sagen und das andere zu tun, neigt er nämlich auch selbst.

An der Stelle möchte ich zu dem ersten zu besprechenden Punkt kommen: Figurenkonflikte. Pari und in diesem Band insbesondere Dag fühlen sich nämlich unglaublich real an. Ihre Probleme sind greifbar und wirken vor Berlins Großstandhintergrund wie aus dem echten Leben gegriffen. Im Zentrum steht Dag und die Frauen in seinem Leben, bei denen er sich damit auseinandersetzen muss, was es bedeutet, tatsächlich zu sich und zu dem zu stehen, was man eigentlich will - wenn man einmal herausgefunden hat, was das überhaupt ist.

Insbesondere natürlich bei Alexa, Dags Ex-Freundin und jetzigen Nachbarin, die von ihrem (anderen) Ex-Freund einen kleinen Sohn hat, für den Dag gefährlich nah an einer Vaterrolle ist. Was du, Saelamju, so großartig hervorhebst, ist die Komplexität dieser Beziehung: Alexa bedeutet Dag immer noch viel, auch körperliche Anziehung ist nach wie vor vorhanden. Er mag ihren Sohn. Gleichzeitig lernt er nach und nach, dass manche Beziehungsbrüche sich nicht mehr kitten lassen und manche Beziehungen der Vergangenheit angehören - aber das einzugestehen, ist noch einmal ein ganz anderes Thema.

Anders und doch so ähnlich ist die Situation mit Pari: Bei ihr weiß Dag, dass er noch Gefühle hat, die noch nicht so sehr zerstört sind wie die für Alexa. Aber wie geht er damit um, dass Pari ihn hat sitzen lassen? Dass sie es nicht über sich bringen konnte, Dag tatsächlich in ihr Leben zu lassen? Letztendlich sind diese Fragen noch nicht beantwortet, jedenfalls nicht an dem Punkt, bis zu dem ich aktuell gelesen habe. Oder, um es mit Dags Worten zu sagen:

"Die Frage ist, ob ich mein Glück noch mit ihr teilen möchte und die Antwort ist ein klares ... Vielleicht."

Als Leser wird man in diese Konflikte mit hineingezogen, ob man das will oder nicht, und gleichzeitig kann man (oder zumindest ich) stellenweise nicht anders, als frustriert den Kopf über Dag zu schütteln.

Bei allem Chaos vergisst er nämlich teilweise selbst, auf diejenigen in seinem Umfeld Rücksicht zu nehmen. Als Leser ist man mit ihm empört, fühlt mit ihm, wenn er seinen besten Freund oder seine Mutter anschnauzt - um dann mit ihm Reue zu empfinden, wenn endlich jemand Klartext mit ihm redet. Und um ihn dann anschreien und schütteln zu wollen, wenn er den gleichen Fehler wieder macht.

Was ich gerne an dem Punkt noch hervorheben möchte: Deine Geschichte ist ein fantastisches Beispiel dafür, dass man nicht immer aus den ganz großen Töpfen (z. B. Tod, Gewalt in allen Formen, ...) schöpfen muss, um ein Drama oder eine prägende Vergangenheit zu kreieren. Alles in allem würde ich behaupten, Pari und Dag haben recht normale Leben geführt, mit Enttäuschungen und Erfolgen, mit Fortschritten und Rückschritten. Und trotzdem haben sich darüber Schwächen und Probleme entwickelt, die prägend genug sind, um die Handlung von zwei Bänden zu füllen - und nicht weniger zufriedenstellend, wenn sie endlich begonnen werden, aufzulösen. Auch das trägt zu dem Authentizitätsgefühl bei, das sich durch die gesamte Geschichte zieht.

Was ich eigentlich gar nicht als Kritikpunkt in dem Sinne nennen aber trotzdem ansprechen möchte, ist aber noch ein Thema. Leider fehlt mir ein besserer Begriff dafür, daher nenne ich es an der Stelle einmal Langatmigkeit.

Ich bin mir sicher, dass es eine bewusste Entscheidung von dir ist, aber deine Figuren drehen sich teilweise im Kreis, machen den gleichen Fehler wieder und wieder, bevor sie daraus lernen. Das möchte ich nicht kritisieren, das ist Teil der Botschaft, die du vermittelst. Allerdings verbindest du das stellenweise damit, dass die Szenen ausschweifend geschrieben werden, Gefühle ausgewälzt und Momente in die Länge gezogen werden. Ähnlich habe ich auch schon beim ersten Teil empfunden, wenn du dich daran noch erinnerst.

Jetzt kannst du damit natürlich eine besondere Tiefe deiner Figuren erreichen, in ihre Psyche eintauchen und noch jede Motivation herauskitzeln, aber für mein persönliches Empfinden war es stellenweise etwas zu viel des Guten. Da deine Figuren viel der Vorkommnisse auch thematisieren, könntest du hier meines Erachtens ein bisschen zurückfahren und zwischen den Zeilen stehen lassen.

An der Stelle ist das Argument 'Genau so möchte ich aber erzählen' absolut berechtigt, noch mehr als in manch anderem Feedback, das ich hier so geschrieben habe, ich wollte dir diesen persönlichen Eindruck aber nicht vorenthalten.

Alles in allem kann ich aber schon nach den 25 Kapiteln und nach den Erfahrungen aus dem ersten Band sagen, dass der Handlungsaufbau auf die Punkte zusteuert, die auch den ersten Teil schon so berührend gemacht haben (Stichwort Payoff). Du versprichst, dass die Auflösung kommen wird, die Erkenntnis- und Kippmomente, die das Leben oder die Beziehung von Figuren nachhaltig verändern. Das sind die Szenen, die mir im ersten Teil stellenweise die Tränen in die Augen getrieben haben und für die insbesondere Leser deines Genres genau solche Geschichten leben. Deswegen werde ich "Escape the Friendzone" auch definitiv fertiglesen und von Dylan soll ich ausrichten: "Die sollen verdammt nochmal endlich einfach alle glücklich werden".

Mehr bleibt mir an der Stelle auch gar nicht zu sagen, ich kann allen Saelamjus Geschichte nur wärmstens empfehlen - und lasst gerne ein paar Anmerkungen in den Kommentaren da. Kommt gut durch die Woche und bis bald :)


P.S.: Ein Zitat muss ich noch mit euch teilen, über das ich sehr lachen musste und das die Beziehung zwischen Dag und seinem besten Kumpel eigentlich in einem Satz sehr schön auf den Punkt bringt:

"Hast du irgendwo Elefanten-DNA in deinen Genen?", feixt er und ich zeige ihm meinen mit Abstand hübschesten Finger."

BewertungsbuchWhere stories live. Discover now