Aliranagrand - In the end it's him and i

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Hallo zusammen und ein schönes neues Jahr! Ja, sehr optimistisch, das mit einer Ablehnung einzuläuten. Das hätte ich zeitmanagementtechnisch besser planen können.

Aber hey, beginnen wir doch mit einem Lob: Aliranagrand hat eine Entführungsgeschichte geschrieben, wie man sie sonst häufig in Verbindung mit Mafiabossen liest - aber in ihrem Fall entführt die selbstbewusste Camilla den "good guy" Kaden. Ein Auf-den-Kopf-Stellen von Klischees, das mich ganz ehrlich erst einmal gecatcht hat, meinen Respekt dafür.

Das Erste, was mich dann ehrlicherweise etwas rausgehauen hat, war der Schreibstil, bei dem mir etwas das Bildhafte gefehlt hat. Bitte versteh mich nicht falsch, ich finde, nicht jede Geschichte muss mit ausschweifenden Metaphern geschmückt sein oder nach einem Philosophielehrbuch klingen. Auch (vielleicht sogar insbesondere) ein kurzer, leichter Schreibstil kann sehr packend sein, das macht Autor*innen wie Anna Todd so erfolgreich. Warum das für mich nicht geklappt hat, würde ich gerne an einem Beispiel aus dem zweiten Kapitel erläutern (einen Teil der Absätze habe ich hier gerade einmal entfernt). Camilla bricht gerade in Kadens Haus ein.

"Vor seinem Haus bastle ich an der Tür rum, bis sie sich öffnet. Ein Alarm gab es nicht, was mich sehr wunderte. Als Sohn von so reichen und bekannten Eltern würde ich immer vor der Hut sein.

Ein eigener Geruch schlug mir entgegen und ich fühlte mich hier heimischer, als in meiner eigener Wohnung. Es war sehr groß, aber dennoch dekoriert worden."

Davon abgesehen, dass ich dir ans Herz legen würde, dass du darauf achtest, in einer Zeitform zu schreiben (bastle/öffnet vs. gab/schlug mir entgegen), fehlt mir hier das, was Bilder vor meinem inneren Auge entstehen lässt. Wie sieht das Türschloss aus, was macht Camilla konkret damit? Was macht den "eigenen" Geruch aus? Man muss nicht immer gleich das Parfüm oder eine konkrete Pflanze identifizieren können, aber als Leserin würde ich mir wünschen zu wissen, was dazu führt, dass Camilla sich sofort heimischer als in ihrer eigenen Wohnung fühlt. Wie sieht die Wohnung aus? "Groß" sagt mir hier leider einfach nicht genug. Ich nehme mir hier nicht heraus, ein Beispiel zu formulieren, aber ich hoffe, du verstehst trotzdem, was ich meine.

Der zweite Punkt, den ich gerne ansprechen würde, wäre, dass Kaden für meinen Geschmack ehrlicherweise ein bisschen zu doof ist. Er installiert keine Alarmanlage in seinem Haus, weil er "nicht daran gedacht" hat. Das kann ich irgendwo nach akzeptieren, aber sein Vater hat doch garantiert a) das Haus gekauft und b) ihn da mal besucht. Der Vater ist Riesenunternehmer. Kaden kann naiv sein, sein Vater ist es aber unter Garantie nicht, wenn er so erfolgreich geworden ist (übrigens finde ich hier die Entführungsprämisse deutlich schlüssiger als bei "Killing is my therapy", das du ja auch schon hier eingereicht hast). Wieso hat er nicht auf einer Alarmanlage bestanden? Und dann haut Kaden auch noch heraus "Ich verstehe nicht, warum Menschen mich wegen meinem Vater entführen sollten". Wenn er noch nie etwas von Lösegeld gehört hat oder nicht weiß, dass sein Vater "quasi der Präsident" ist, dann ist er nicht nur naiv. Dann ist er ein Kind und da er in der Geschichte als Love Interest etabliert wird, ist das wohl eher nicht in deinem Interesse.

Alles in allem habe ich bei Kaden das Problem, das ich bei den meisten Mafiageschichten auch habe: Es macht ihm viel zu wenig aus, entführt zu werden. Sie hat ihn gerade entführt und nach einem ersten Dialog singen sie aus vollem Halse zusammen? Und dann macht er in aller Seelenruhe Lasagne, ohne maßgeblich eingeschüchtert zu sein oder Camilla argwöhnisch im Auge zu behalten? Da war mir ehrlicherweise auch einfach zu wenig Potential für eine spätere Wandlung da, zu wenig, was später auf den Kopf gestellt werden kann.

Das war für mich der Grund, warum ich an der Stelle eine Ablehnung schreibe. Ich hoffe, du konntest das einigermaßen nachvollziehen - ich denke, schlussendlich lässt es sich zusammenfassen als "Mach die Tiefen ein bisschen tiefer, damit die Höhen später höher sein können". Wenn du - oder jemand anders - noch Fragen hast oder Anmerkungen, wo ich etwas falsch verstanden habe: Die Kommentare sind hiermit eröffnet :) 

BewertungsbuchWhere stories live. Discover now