Mia: "Im Spiegel zu dir" von Anna_Valentin

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Hallo und herzlich Willkommen zurück! Die Romantasy-Geschichte, um die es hier gehen soll, hat mich ein wenig unter Zeitdruck gesetzt - Anna_Valentin steht nämlich damit auf der diesjährigen Shortlist des ONC und ich wollte doch gerne das Feedback veröffentlichen, bevor die Ergebnisse Ende dieses Monats rauskommen. Wenn ihr also die Kommentarspalte an diesem Absatz für Glückwünsche nutzen möchtet, seid ihr hiermit herzlich dazu eingeladen.

Ich werde mich im Folgenden nicht mit Spoilern zurückhalten, bitte setzt euch dem nicht aus, wenn euch das davon abhalten könnte, in "Im Spiegel zu dir" hineinzulesen. Wir folgen darin Katharina, die durch einen magischen Spiegel in die Welt der Märchen ihrer Kindheit gelangt - in der ausgerechnet ihr Erzfeind Alexander ein Prinz ist.

Wie ihr euch wahrscheinlich denken könnt, muss ich bei Anna_Valentin nicht bei den Basics ansetzen, deswegen an der Stelle erst einmal der Rundumschlag: Man geht mit einem warmen, fluffigen Gefühl aus deiner Geschichte heraus. Ein bisschen wie Zuckerwatte, würde ich sagen. Dein Schreibstil ist unkompliziert schön und zieht einen in die Geschichte hinein, ohne durch die äußere Form aufzuhalten. Besonders hervorheben möchte ich dabei die Beschreibung, wann immer es um Gefühle geht. Bei denen geht deinen Lesern ganz besonders das Herz auf. Ein Beispiel aus dem Höhepunkt der Geschichte:

"All meine Zweifel schmelzen durch die Wärme seiner Worte dahin. Er zieht mich in seine Arme und gibt mir den Halt, den ich brauche. An meiner Brust fühle ich sein Herz klopfen und sein Herzschlag wird zu meinem. Sein Gesicht senkt sich zu mir herab, unsere Atemzüge vermischen sich miteinander, und werden zu einem einzigen."

Der Stil wirkt bewusst von dir gewählt und du setzt die Schwerpunkte für dein Genre absolut passend - zielgruppengerecht und mit dem Fokus auf das, was Leser davon gerne lesen.

Dazu habe ich nur eine winzige Anmerkung: So schön die Worte sind, die du bei Gefühlsbeschreibungen findest, an anderen Punkten finde ich, dass sie ein bisschen flachfallen. Beispielsweise bei der Beschreibung von Rumpelstilzchen:

"Zwischen den Bäumen beleuchtet das Mondlicht eine winzige Hütte. Davor flackert ein großes Feuer, dem ein erstaunlich kleiner Mann seine Hände entgegenstreckt, um sie zu wärmen. Sein langer weißer Bart verrät, dass er längst kein Kind mehr ist."

Ist das schlecht? Bei weitem nicht, es erzeugt ein Bild und lässt uns als Leser das wissen, was wir wissen müssen. Übrigens ist es auch nicht ganz fair von mir, die Stelle auszuwählen, weil die Landschaftsbeschreibung kurz davor wirklich wunderschön ist. Aber gerade dieser Absatz sagt auch wirklich nur, was nötig ist. Nicht mehr und nicht weniger.

Du zeigst aber an anderen Stellen, wie viel schöner du mit Worten umgehen kannst. Wenn du dich also noch einmal an die Überarbeitung setzen möchtest, was du ja angekündigt hast, würde ich dir empfehlen, darauf noch einmal genauer zu achten und zu überprüfen, ob du an diesen flacheren Stellen vielleicht noch bessere Worte finden kannst.

Als nächstes würde ich gerne über die Plotstruktur sprechen, mit einem Hauch von Worldbuilding.

Katharina und Alexander treffen bei dem Versuch, zu Dornröschen zu kommen und einen Heimweg für Katharina zu finden, auf mehrere Märchenfiguren: den bösen Wolf, Rumpelstilzchen und Rapunzel.

Während ich mich ganz am Anfang schon über "generische Mittelalter-Fantasywelt" habe meckern sehen, hat mich die Erkenntnis, dass es sich um eine klassische Märchenwelt handelt, angenehm überrascht und ich habe diesen Kritikpunkt direkt wieder fallenlassen.

Ich fand die Aufeinandertreffen von Katharina mit den Märchenfiguren abwechslungsreich und überzeugend und mir hat es sehr gefallen, wie sie ihre Kenntnisse über die Märchen einbezogen hat, um einen Vorteil zu erringen (wahrscheinlich wird Rumpelstilzchen noch lange überlegen, wie es so weit kommen konnte).

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