16. Kapitel

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Während Gin und Sir Mattheuw bereits voranliefen, bewegte ich mich nicht von der Stelle. Ich konnte meinen Blick kaum noch von dem zusammengebrochenen Jungen lösen. Zumindest dieses Mal war ich froh, dass Gloven direkt neben ihm stand. So konnte er wenigstens aufdringliche Verkäufer von ihm fernhalten. Schweren Herzens sah ich zu Boden und ging ihnen nach.

»Dieser Mann ist immer für eine Überraschung gut«, zwinkerte Gin mir zu.

Zum Glück schien sie gar nicht bemerkt zu haben, dass ich einen Moment gebraucht hatte, ehe ich mich in Bewegung gesetzt hatte. Sie war so glücklich, dass ich sie kaum wiedererkannte. Es musste etwas mit diesem Sir Mattheuw zu tun haben.

Doch er schien genauso kalt zu sein wie all die anderen Kreaturen, die diese Qualen des Jungen für gut befanden. Er hatte nicht gegen seine Gefangenschaft gesprochen oder gar geholfen. Alle schauten weg, weil es niemanden interessierte.

Dicht gefolgt von meinen beiden Schwestern, liefen wir vorbei an einer offenstehenden Garage, dessen Dach etwas weiter ausgebaut war und ich einen kleinen niedlichen Schornstein erhaschte. Also doch kein Haus, in dem man leben konnte, dachte ich. Durch ein circa sieben Meter langes Plastikdach, welches durch acht Balken, vier auf jeder Seite, gehalten wurde, erkannte ich nur verschwommen ein paar braune knochige Äste, die sich wie verformte Arme über unsere Köpfe entlang schlängelte.

»Wir bevorzugen Dächer, da wir den Regen gerne auffangen. Er wird von dem abperlenden Material des Daches direkt in unseren hübschen Schuppen hier in diese Becken geleitet. Ihr wisst ja gar nicht, wie viele Zutaten sich in ihm wiederfinden können!«, erklärte mir Sir Mattheuw, da er wohl meinen fragenden Blick erhascht hatte.

Trotz seiner Erklärung war ich nicht viel schlauer als vorher, da ich mit Regen und Zutaten so gar nichts anfangen konnte! Jedoch sah ich die drei großen Metallkreise, in die dicke Metallrohre hineinragten.

Gin musterte mich und erklärte nochmals verständlicher: »Vieles, dass hier in Kerrinia auf unserer Erde verweilt, verwelkt und verdirbt mit der Zeit. Von dort aus wandert es in den Himmel zurück und gewisse Elemente aus diesen Dingen kommen mit dem Regen wieder zu uns zurück. Sie fangen diese hier in diesen großen Behältern auf und können viele Zutaten für Tränke und Salben verwenden!«

»Oh. Das ist aber praktisch!", gab ich mich begeistert, obwohl die Vorstellung, das tote Dinge vom Himmel fielen, nicht gerade die schönste war!

Angekommen in der offengelegenen Garage, begrüßten uns zwei weitere Männer, die Sir Mattheuw zum Verwechseln ähnlich sahen. Ob sie Drillinge waren? Noch verwirrender wurde es, als einer der beiden sich mit Sir Mattheuw der Zweite und der andere mit Sir Mattheuw der Dritte vorstellte, Sir Mattheuw aber klarstellte, dass sie nur Freunde seien und in keinster Weise miteinander verwandt.

Ich lehnte mich gegen ein schiefes Regal, was drohte umzukippen. Schnell beugte ich mich wieder vor und drehte mich um. Die Schüsseln und merkwürdigen Glasbehälter wackelten zwar hin und her, aber es war nichts kaputt gegangen. Erleichtert atmete ich aus und schaute mich weiter um, als wäre nichts geschehen.

Ich sah die drei großen Behälter, in denen sie das Regenwasser auffingen. Der Erste war bereits ganz mit Wasser befüllt und der Zweite lief gerade voll . Wohin schütteten sie bloß das ganze Wasser und wie trennten sie Wasser von den wichtigen Mineralien? In dieser Welt taten sich mehr Fragen als Antworten auf und ich hatte auch nicht das Gefühl, dass Gin besonders darauf erpicht war, alles und jenes zu erklären. Meine Augen wanderten ein wenig weiter nach links. Auf einer Herdplatte einer alten Kochstation kochte es aus einem Topf. Dampf stieg auf. Gin betrachtete missmutig die alten Kochgeräte, die mit Rost und irgendwelchen klebrigen Resten überzogen waren. Sie zog ihren Finger über die Anrichte und schaute, was sich darauf befand.

Kerrinia - Anuras AufstiegWhere stories live. Discover now