30. Kapitel

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Sein Blick wanderte nach oben.

Auf einmal schlug ein gewaltiger leuchtender Blitz in den Boden, ein paar Zentimeter vor Marys Füßen ein. Sie wich erschrocken nach hinten und verschwand beinahe in dem dichten Rauch, der dick und zäh emporstieg. Delair beugte sich etwas vor und schaute auf die Stelle, wo er eingeschlagen war. Danach wanderten seine Augen wieder zu meiner überforderten Schwester.

»Dieses Zeichen steht für eine Frage aus der Welt der tierischen Kreaturen. Bist du nervös?«

Mary antwortete nicht. Ich konnte erkennen, wie sie ihre Hände andauernd zu Fäusten ballte. Delair grinste ruhig und begann.

»Auf welches Maximum ist die Sprache eines bestimmten Wesens begrenzt?«

Mary schwieg kurz, platzte dann aber mit ihrer Antwort heraus wie ein Wasserfall. »Sechshundert! Sechshundert! Es sind sechshundert Wörter. Nur Einhörner haben diese bestimmte Begrenzung an Wörtern! Sie erlangen dieses Geschenk mit der Geburt und müssen versuchen, sich diese gut einzuteilen. Sie sollten nur sprechen, wenn es wirklich von Bedeutung ist, denn wenn ihre Worte einmal aufgebraucht sind, sind sie nie mehr imstande, sich irgendwem mitzuteilen!«

Ich hörte, wie sie keuchte und auch ich fühlte mich nicht gut. Ich hatte die ganze Zeit die Luft angehalten und gezittert. Nun aber musste ich an Gracely denken. Sie konnte mit mir sprechen bis kurz vor ihrem Unfall. Wie viele Worte ihr wohl zum Schluss noch geblieben waren? Sechshundert Worte waren nicht viel und sie hatte nicht mal alle verbrauchen können. Mir wurde das Herz so schwer, dass mir Tränen aus den Augen liefen. Nicht mal wegen meiner jetzigen Situation, sondern aufgrund Gracelys Schicksal.

»Gut geantwortet. Die Erklärung dazu hat dir sehr geholfen. Hättest du nur die Zahl gesagt, wäre das nicht die vollständige und somit richtige Antwort gewesen und ihr hättet eure Schwester in große Gefahr gebracht. Glückwunsch. Du kannst wieder zu deiner Gruppe zurück.«

Mit einer ausgestreckten Hand zeigte er ihr, wo sie sich hinzustellen hatte. Mary drehte sich um und man erkannte, wie erleichtert sie war. Bei Amanda angekommen, umarmten sich die beiden, ehe Mary sich umdrehte und mir einmal zunickte. Ein seltsames Gefühl.

Wie lange war es her gewesen, dass sie mich so angeschaut hatte? Gin ließ sie links liegen, obwohl diese sie sogar etwas stolz betrachtete. Auch sie schien sichtlich erleichtert, dass Mary mich nicht in Gefahr gebracht hatte.

»Anscheinend hast du im richtigen Moment doch zugehört«, warf Gin ein.

»Gin, du darfst dich gerne wieder dazustellen. Du kannst bei der nächsten Runde mitmachen. Bitte sucht euch meinen nächsten Spieler aus.«

Gin kam langsam auf meine Schwestern zugelaufen, während sie schon wild spekulierten, wer sich ihm als Nächstes stellen konnte.

»Wenn Gin jetzt also wieder mit in die Gruppe darf, wird etwas gefragt, was selbst sie nicht wissen könnte«, vermutete Amanda.

»Und wie sollen wir es dann wissen?«, hakte Mary nach.

Gin blickte erst Amanda, dann Mary an, bevor sie sprach. »Ich weiß, dass ihr mich hasst und ja ihr habt ein verdammtes Recht dazu. Ich habe diese Gruppe bis hier hergeführt und nun sitzen wir alle in der Zwickmühle. Aber wir müssen jetzt einen kühlen Kopf bewahren, um diese Sache hier zu überstehen und Miss Amelie unbeschadet aus dieser Situation zu holen.«

»Ohne dich wären wir gar nicht erst hier gelandet«, spukte Mary aus.

»Es war nicht mein Befehl, sondern der des Königs«, zischte sie hilflos.

»Wir haben diesen König niemals zu Gesicht bekommen. Er ist ein Hirngespinst, oder ein Racheengel, der dir auf der Schulter sitzt und dir all diese merkwürdigen Dinge zuflüstert!«

Kerrinia - Anuras Aufstiegحيث تعيش القصص. اكتشف الآن