Kapitel 35

7.9K 134 22
                                    

Natascha

Mein Kopf brummte als ich meine Augen öffnete und mein Körper fühlte sich wie durch den Thermomix gemixt an.
Den Hype um den Thermomix hatte ich irgendwie nie ganz verstanden, aber gut.

Zu meiner Verwunderung lag Marcel neben mir und schlief noch tief und fest. Er lag auf seinem Bauch und ich musste feststellen, dass er kein T-shirt mehr an hatte. Die Decke war bis zur Hälfte von seinem Rücken hochgezogen, trotzdem konnte ich noch seine Rückenmuskeln sehen.

Ich stützte mich mit meinen Ellenbogen auf dem Bett ab und betrachtete ihn. Er hatte einen etwas dunkleren Hautton, was perfekt zu seinen dunklen Haaren und seinen schokoladenbraunen Augen passte.

Er grummelte leise und drehte sich dann mit geschlossen Augen um. Die Decke war während des umdrehen runter gerutscht lag jetzt tiefer.

„Du gaffst." Seine tiefe Stimme ließ mich zusammen zucken und schnell schaute ich weg. „Ich habe nicht gesagt, dass es mich stört", fügte er noch hinzu. Ich lachte und schaute in seine, mittlerweile geöffneten Augen. Auch seine Mundwinkel zuckten leicht nach oben. Er legte seinen Kopf schief und musterte mein Gesicht, dabei schaute ich ihn einfach in die Augen.

Ein Rumpeln ließ uns beide erschrocken zusammen zucken. Mit gerunzelter Stirn schaute ich zu Marcel der aber genauso ratlos war. Er stand auf und lief langsam aus seinem Zimmer raus. Als ich es ihm gleich tun wollte, merkte ich dass ich nur noch meine Unterwäsche und ein durchsichtiges oversize T-shirt trug. Da das nicht das erste mal war, machte ich mir keine weiteren Gedanken.

Grummelnd lief ich ebenfalls aus seinem Schlafzimmer raus und wischte mir müde über mein Gesicht. Auf der Suche nach Marcel lief ich in die Küche, wo er und Vince über den Herd gebeugt irgendwas rumhantierten.

„Was ist denn eure Miss-" Erschrocken schrie ich auf und schubste die beiden weg.
Auf dem Herd lag ein angebranntes Handtuch. Qualm stieg auf und kleine Flammen waren sichtbar. Schnell nahm ich mir Handschuhe die über der Küchenplatte hingen und schmiss das brennende Handtuch, mitsamt der Handschuhe in das Waschbecken und ließ das Wasser laufen.

Wütend drehte ich mich zu den beiden Helden um und sah sie fassungslos an. Vince kratzte sich verlegen am Nacken und wich meinem Blick aus.
„Ehm, tut mir leid?" Es klang eher wie eine Frage als eine Entschuldigung. Ich fühlte mich wie eine Mutter die gerade mit ihrem Sohn schimpfte und ließ meine Gesichtszüge daraufhin etwas weicher werden.

„Also, ich wollte Pancakes machen, aber irgendwie hab ich dann das Handtuch auf dem Herd liegen lassen und es ist angebrannt."
Er deutete auf eine Pfanne in der ein verbrannter Pancake lag. Ob das wirklich ein Pancake war, war fraglich, eher sah es aus wie sein restliches Gehirn, zusammengeknüllt und überhaupt nicht essbar. Dennoch nickte ich verständlich und übernahm seine Arbeit als Koch.

Als wir nach einiger Zeit fertig waren mit essen, machten sich meine Kopfschmerzen wieder bemerkbar. So gut wie es ging versuchte ich sie zu ignorieren, jedoch trafen sie mit jeder Ruckartigen Bewegung wie eine Bombe ein, versuchte mir aber nichts anmerken zu lassen.

Es war schon zehn Uhr und ich müsste heute vermutlich noch einkaufen gehen, da unser Kühlschrank wahrscheinlich so gut wie leer war.

Im Schlafzimmer suchte ich meine Klamotten zusammen und checkte meine Nachrichten. Bryan hatte mir immer noch nicht geschrieben und ich würde bestimmt nicht als erstes Schreiben.

Ich steckte mein Handy in meine Hosentasche und zog mir schnell meine gestrigen Sachen an. Danach lief ich in die Küche um mich von den beiden Idioten zu verabschieden und nach Hause zu laufen, doch Vince kam mir zuvor.
„Ich muss jetzt eh Heim fahren. Dann kann ich dich gleich mitnehmen." Einverstanden nickte ich und setzte mich noch zehn Minuten bis er ebenfalls fertig war. In der Zwischenzeit half ich Marcel mit Küche aufräumen und löcherte ihn mit Fragen über Gestern, da ich mich an die letzten Stunden nicht mehr erinnern konnte.

Seufzend lehnte ich meinen Kopf gegen die Autoscheibe von Vinces Toyota und genoss die Kälte, da mein Kopf immer noch zum zerplatzen drohte.

„Weißt du, er mag dich echt. Er lässt nicht viele so nah an sich ran."
Verwirrt drehte ich meinen Kopf zu Vince und runzelte meine Stirn.
„Ich meine Marcel. Er ist nicht so wie du denkst, mit ‚einmal ficken und dann weiter schicken' und so weiter", erklärte er.

Ich brachte nur ein Hmm hervor und sah ihn immer noch von der Seite aus an.
Er schien es zu bemerken, denn er wechselte seinen Blick von der Straße zu mir und zurück.

Ich wandte mich von ihm ab und starrte aus dem Fenster. Dachte dabei über die Worte von Vince und über Marcel nach.

Ich erklärte ihm den Weg zu der Straße in die mich Bryan immer fuhr.
Es war mir unangenehm wenn meine Freunde das ranzige Haus, beziehungsweise unsere Wohnung sahen. Es stank immer nach Rauch, manchmal auch nach Alkohol und es war öfters unordentlich da meine Mutter keinen Finger krümmte.

Früher war sie ganz anders gewesen, wie eine echte Mutter eben. Erst als mein Bruder starb fing sie an Drogen zu nehmen, zu trinken und zwei Schachteln Zigaretten am Tag zu rauchen.

Ich bedankte mich bei Vince und umarmte ihn kurz über die Mittelkonsole hinweg.

Ich schmiss meine Sachen auf mein Bett und und zog mir einen frischen Hoodie und eine Jogginghose an, die ich aus meinem Kleiderschrank raus kramte.

Danach lief ich in die Küche und suchte nach etwas essbaren im Kühlschrank. Doch wie schon befürchtet war er komplett leer. Seufzend zog ich mir meine Schuhe an und schnappte mir meinen Haustürschlüssel, den ich in eine kleine Stofftasche schmiss. Ich holte die kleine Sparbüchse vom Kühlschrank und zählte das Geld. Es waren insgesamt nur noch zwanzig Euro drinnen, womit ich nicht weit kommen würde.

Wenn meine Mutter weiterhin so viel Geld aus dem Fenster schmiss, würden wir pleite werden.

Sie arbeitete in einem Friseursalon und verdiente nicht genug um die Miete zu zahlen, weswegen ich auch Geld verdienen musste um uns durchzubringen.

Früher war ich in einer kleinen ‚Gang' gewesen und hatte Dogen gedealt. Damit hatte ich gut verdient, doch es wurde immer gefährlicher und letztendlich bin ich ausgestiegen.
Irgendwann stieß ich auf die Panthers. Sie schlossen Rund um den Ring wetten ab, in die ich mit einstieg.
Auch damit hatte ich irgendwann aufgehört und versucht mir einen legalen Job zu besorgen, was sich als nicht so leicht raus stellte. Und siehe an, seit gestern war ich wieder bei den Wetten dabei.

Da die zwanzig Euro nicht genügen würden, lief ich in mein Zimmer und holte eine kleine Kiste mit Geldscheinen unter meinem Bett hervor. Ich versteckte sie, damit meine Mutter sie nicht finden würde und für irgendeinen Scheiß wie Drogen oder Alkohol ausgab.

Ich steckte mir weitere zwanzig Euro ein und schob die Kiste wieder an ihren Platz zurück.

Mit dem Geld und der Tasche verließ ich unsere kleine Wohnung und lief an zum Supermarkt. Im unserer Stadt hatten wir zwei, einen großen auf der anderen Seite und einen kleinen um die Ecke.

Da mir vorhin eingefallen war, dass ich immer noch nicht mein Motorrad geholt hatte und es noch irgendwo in der Pampa steht und ich auch keine Stunde durch die Gegend laufen wollte, würde ich jetzt zu dem kleinen Supermarkt laufen und den restlichen Einkauf wann anders erledigen.

Das Klingeln meines Handys riss mich aus meinen Gedanken und ich blieb stehen, um es aus dem Beutel zu kramen. Ich verdrehte die Augen und hob ab.

„Hey Prinzessin!"

The bad boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt