Kapitel 50

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Lesenacht Teil 1/3

Natascha

Obwohl mir nicht nach feiern war, hatte mich Marcel überredet essen zu gehen. Er wollte mich für umbedingt einladen, da er so stolz auf mich sei. Vorhin hatte ich eine E-Mail von Alice bekommen, die mich herzlich Willkommen geheißen hat in ihrem Team. Natürlich hatte ich mich super gefreut, doch die Wohnung verlassen wollte ich trotzdem nicht.

Dennoch saßen wir jetzt in seinem Auto auf dem Weg zu mir, damit ich mir noch einige Klamotten für die nächsten Tage und fürs Restaurant holen konnten, da ich noch nicht heim wollte.

Mittlerweile war es mir nicht mehr so unangenehm Marcel vor meinem Haus parken zu lassen. Er hatte es eh schon gesehen, außerdem wusste ich dass er nicht verurteilte.

Als er dann aber darauf bestand mit rein zu kommen, versuchte ich es ihm auszureden. Nur über meine Leiche würde jemand von meinen Freunden mit in diese ranzige Wohnung kommen. Nach langer Diskussion stimmte er widerwillig zu im Auto zu warten.

Mit schweren Schritten stieg ich aus und machte mich auf dem Weg, die Treppen hoch. Oben angekommen drang gedämpfte Musik und lautes Gelächter nach draußen, das definitiv aus unserer Wohnung kam.

Meine Mutter hatte vor nicht zu langer Zeit öfter ein paar Leute die sie vom trinken oder sonst wo kannte zu sich eingeladen. Irgendwann wurden die ‚Hauspartys' aber immer weniger, doch jetzt schienen sie anscheinend wieder anzufangen.

Einen kurzen Moment überlegte ich zu kneifen und mich zurück ins Auto zu setzen und zu fahren, doch ich blieb stehen. Kurz schaute ich nochmal nach Marcel, doch dieser saß im Auto und beobachtete mich vom weiten. Schluckend suchte ich in meiner Handtasche nach meinem Schlüssel. Gefunden öffnete ich so leise wie möglich die Haustür.

Unser kleiner Flur war dunkel, doch sofort drang der übliche Geruch von Alkohol und Drogen in meine Nase. Mit zitternden Händen holte ich mein Handy aus meiner hinteren Jeanstasche um für ein bisschen Licht zu sorgen.

Ich würde auf gar keinen Fall ungesehen in mein Zimmer kommen, da ich durch das Wohnzimmer laufen müsste. Ich hatte also keine Wahl und öffnete die Tür zu dem Zimmer aus dem der Lärm drang.

Das erste was ich entdeckte war meine Mutter die gerade Koks auf unserem Sofatisch einnahm. Neben ihr auf der Couch saßen mehrere Typen und eine Frau mit einer Bierflasche in der Hand. Auch der restliche Raum war gefüllt von Leuten in ihrem Alter, vielleicht sogar älter. Allesamt sahen ranzig und ungepflegt aus.

Direkt lagen sämtliche Blicke auf mir, manche pfiffen sogar oder ließen irgendeinen unpassenden Kommentar fallen. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen. Am liebsten wäre ich umgedreht und gegangen, doch das konnte ich jetzt nicht mehr.

Mit zügigen Schritten lief ich an ihnen vorbei und behielt meinen Kopf unten. Ich wusste zu gut dass es in solchen Situationen einfach besser war.

Niemand grabschte mich an oder hielt mich auf, worüber ich sehr dankbar war. Das hätte ich jetzt nicht mehr verkraftet.

In meinem Zimmer angekommen, sperrte ich direkt meine Tür hinter mir zu. Sicher war sicher.

In aller Hektik öffnete ich meinen Schrank und zog die große Reisetasche raus. Ohne zu überlegen schmiss ich alle möglichen Klamotten hinein, so wie ein paar Make-up Produkte und ein Bild von meinem Bruder und mir. Zuletzt kniete ich mich vor mein Bett und zog die lila Kiste mit meinem Geld hervor. Zum Glück hatte meine Mutter diese noch nicht gefunden, sonst wäre sie leer.

Ich war mir sicher, dass ich mich hier nicht wieder so schnell blicken lassen würde, weshalb ich noch einmal stehen blieb und mein kleines Zimmer genau betrachtete.

The bad boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt