Kapitel 5

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"Nein! Bitte, lass mich gehen!" Schrie ich ihn an.

"Sei still, Lucy." Erwiderte er nur kalt.

"Nein verdammt! Es ist vorbei, du solltest im Gefängnis sitzen! Es ist vorbei verdammt!" Schrie ich.

Er lachte leise, wir fuhren auf eine Ampel zu, welche gerade auf Gelb schaltete. Auf den Straßen war kaum was los und anhand der Gebäude erkannte ich, dass wir uns immer mehr von Berlin entfernten. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, meine Hände zitterten vor Adrenalin.

"Nichts ist vorbei. Du denkst doch nicht wirklich, dass wir lange da drin bleiben, nur weil ein Gericht es so will. Gott, du bist genauso naiv wie damals." Er bremste vorsichtig ab. "Langsam glaub ich wirklich, du hast meine Nachicht nicht gelesen."

Wir rollten.

"Was für eine Nachicht?" Ich sah ihn an, das Licht der Straßenlaterne ließ seine Konturen deutlich hervorheben, als wollte man mir sagen, dass das hier wirklich Realität war.

"Den Mousecode, den ich dir gesendet habe."

Was für ein Code. Ich hatte keinen...es viel mir wie Schubben vor den Augen. Da war doch so eine Nachicht. Da war doch dieser komische Spam. Nein kein Spam, es war von ihn. Hätt ich das gewusst, hätte ich mich aus den Staub gemacht. Doch...war es jetzt schon zu spät? Er war angeschnallt, noch fuhren wir. Er hatte nicht darauf geachtet, ob ich es war. Die Straße war leer. Ich hatte kein Handy, er hätte es mich nicht einmal mitnehmen lassen, selbst wenn ich versucht hätte es mitzunehmen. Die Ampel schaltete wieder um und er drückte auf das Gaspedal.

"Ich kann sowas nicht lesen." Gab ich zu.

Seit wann beobachtete er mich? Hätte es was gebracht, wenn ich es wüsste? Hätte ich den hier entkommen können? Bestimmt nicht. Aber wie komme ich JETZT hier raus?

"Eigentlich war es auch nur eine kleine Ankündigung, dass du wieder nach Hause kommst."

"Wag es nie wieder, es so zu nennen!" Zischte ich.

"Was ist das für ein Ring?" Wollte er wissen, ignoriert meine Aussage vollkommen.

"Kann dich nen scheiß interessieren." Ich hörte auf mich zu kratzen, zog stattdessen meine Hand an mich ran.

Ein unverständliches Murren entkam ihn.

"Gib ihn mir." Forderte er dann deutlich.

"Über meine Leiche!"

"Du bekommst ihn wieder." Behauptete er.

Ich sagte nichts, tat aber auch nichts. Nein würde ich nicht.

"Den Ring." Forderte er mit einer unheimlichen Ruhe.

Nein. Ich hatte nie Schmuck, der mir bedeutet hatte, nie hatte ich irgendwas bei ihnen, dass mich an zu Hause erinnerte und ich mich hoffnungsvoll dran halten konnte. Jetzt, wo ich das hatte und auf den Weg zur Hölle war, würde ich es nicht in die Hand eines Teufels legen!

"Strabazier nicht meine Nerven."

Nächste Ampel, rot. Er drückte die Bremse. Tut mir ehrlich gesagt nicht leid. Aber ich werde es bereuen, egal was ich tat, ich würde es bereuen. Als wir in Schrittgeschwindigkeit fuhren, öffnete ich die Autotür und sprang raus, fast zeitgleich kam das Auto zu stehen. Jetzt oder nie. Egal, ob die Straßen menschenleer waren, egal ob ich dafür gefoltert werde, ich werde es später bereuen es nicht versucht zu haben, da kann ich es auch bereuen, es getan zu haben. Verdammt, jetzt oder nie. Meine Beine trugen mich, ich achtete nicht auf meine Geschwindigkeit, nicht auf die kalte Nachtluft, nicht auf die flackernde Straßenlaterne oder der Ruf meines Namens hinter mir. Ich rannte einfach, hörte seine schnelleren, größeren Schritte hinter mir. Meine Seite schmerzte schnell, obwohl ich mitlerweile öfter joggen ging um den Kopf zu befreien, war mein Körper auf das hier nicht vorbereitet, nicht genug. Tränen rannten meine Wangen runter, verwischten mir die Sicht und er? Er kam näher, immer Näher. Die immer größer werdende Verzweiflung wuchs. Sie wollte mich heulend auf die Knie fallen lassen, wollte, dass ich mich vergroch und nie mehr aus den Loch groch. Aber ich durfte nicht. Ich durfte nicht einfach so stehen bleiben, nicht heulen. Gott wieso hörten die Tränen denn nicht einfach auf? Wieso? So war es doch nur noch schwerer.

Er kam Näher, immer Näher und das schnell. Seine Arme legten sich wie Ketten um mich, als er mich Griff und zum stehen bringen wollte. Ich stolperte über meine eigenen Füße, wurde von ihn aber wieder aufrecht gezogen.

"Lass mich los! Ihr hattet euren Spaß! Lass mich los, bitte!" Schrie ich.

Er antwortete nicht, was soll er darauf auch antworten? Ich wusste es doch. Betteln war sinnlos, egal bei wem, betteln machte es nicht besser. Ich schrie, doch niemand kam und bevor wir mehr aufsehen erregen konnten, legte er seine Hand auf meinen Mund. Doch es war nicht nur seine Hand, er hielt ein stinkendes Tuch, welches mir beim einatmen die Luftröhre verätzen wollte vor. Das Schreien war fast sofort verstummt. Nicht einatmen, nicht einatmen. Aber ich hatte schon einen tiefen Atemzug gemacht und durch das Rennen war mein Körper nicht wirklich begeistert von der Idee, jetzt die Luft anzuhalten. Das Tuch lag nicht lange drauf, doch ich war deutlich ruhiger, meine Glieder schwerer und schlaff, nicht mehr in der Lage mich zu halten. Aber ich war wach, wach und trotzdem benommen. Der Boden unter meinen Füßen verschwand und mit zügigen Schritten ging es zurück. Ich würde nicht auf den Rücksitz gelegt, sondern angeschnallt, dass ich saß. Meine Zunge war schwer, mein Hals schmerzte. Bitte. Ich will das hier nicht. Nicht schon wieder.

Nichts rührte sich, nichts wehrte sich. Ich wollte hier raus, nach Hause. Mama, bitte....ich kann das nicht noch einmal.

"Die Außenwelt hat dich wieder verdorben." Er holte ein Taschentuch aus seiner Tasche und wichte mir die Tränen ab, wie wie Wasserfälle über meine Wangen kullerten.

Ich bekam doch alles mit...ich war doch wach...bitte ich muss mich wehren...so...so beginnt doch alles wieder von vorne. Ich lebe doch. Ich bin doch...ich bin dich frei...wieso....wieso passiert das hier?

"Wir waschen dich schon wieder rein." Er zog mir den Ring ab und schloss die Tür. Bitte nicht.

Ich konnte seine Schritte hören, hören wie er die Beifahrertür schloss und dann einstieg, wie er schaltete, einfach alles. Doch mein Kopf war schwer, ich sah nichts außer mein Schoß. Meine Augen wurden schwerer, doch ich kontne nicht schlafen.

Gib ihn mir wieder. Wenn ich wieder da bin, ist er doch alles was mir bleibt. Bitte gib mir den Ring wieder, ich flehe dich an.

Zac...bitte tu mir diese Hölle nicht nochmal an.

bitte tu mir diese Hölle nicht nochmal an

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Geisel II - wieder am AnfangWhere stories live. Discover now