Kapitel 8

1.7K 112 3
                                    

Es war laut und hell. Aufgrund der Zeitverschiebung war es gerade mal halb sechs in der Früh. Die Sonne ging auf, sie erhellte den Himmel in einen sanften Orangeton, der langsam zum Lachsfarbenen wurde, die Wolken wirkten wie Zuckerwatte und wenn mein Kopf nicht so dröhnen würde, so würde ich den Ausblick bestimmt genießen. Da mein Kopf scheinbar platzen wollte, klappte das nicht so gut.

"Ihre Freundin scheint wieder wach zu werden." Ertönte eine leise Stimme. 

Unter all den anderen hörte man sie kaum.

"Das Stimmt. Schatz? Alles gut? Waren wohl zu viele Schlaftabletten vor den Flug." Zac.

Ich öffnete meine Augen, es war viel zu hell, schien sogar die Kopfschmerzen schlimmer werden zu lassen. 

"Mein Kopf." Meckerte ich nur leise. 

Mir wurde eine Flasche zu trinken vorgehalten. Ich nahm sie an und trank sofort. Das kühle Nass war erfrischend und schien das Dröhnen etwas zurückzudrängen.

"Sind wir bald da?" Wollte ich wissen. Ich sah verschwommen, versuchte blinzelnd meine Sehstärke wieder zu bekommen, was auch mit der Zeit klappte.

"Wir landen in den nächsten Minuten." Mein Nicken müsste für andere noch völlig verschlafen wirken. Doch die in mir sich aufbauende Übelkeit sagte, dass ich nicht müde war. Vielleicht noch von den Mittel benommen, aber nicht mehr müde. 

Ich ließ mich mehr oder weniger in den Sitz zurückfallen. Der Gurt war die ganze Zeit geschlossen, weshalb ich ihn nicht nochmal umlegen musste, als die Durchsage kam, dass wir in Kürze den Landeflug annehmen würde. Mein Bauch kribbelte etwas, umso näher wir dem Festland kamen. Es war ein witziges Gefühl, welches mich als Kind immer zu lachen gebracht hatte. Mir war gerade nur nicht nach Lachen zumute. Wir warteten, hatten es nicht eilig zu gehen, umso weniger Leute, desto besser. Die Frau sah es aber anders, sie war schnell auf den Beinen und wünschte uns viel Spaß auf der Verlobungsfeier. Ich versuchte nicht, mir meine Verwirrung ansehen zu lassen. Als einer der letzten verließen wir ruhig das Flugzeug, wobei Zac meine Hand nicht los ließ. Ich versuchte eine Fluchtmöglichkeit zu finden, doch alles war auf englisch. So gerne würde ich sagen, dass ich gelernt hatte, dass ich mein Wissen erweitert habe um in so einer Situation zurecht zu kommen. Leider musste ich zugeben, dass ich die Sprache zwar besser konnte, aber nicht unbedingt so gut um in diesen Moment dran zu denken. Eher kam es mir so vor, als hätte ich diese Sprache noch nie gehört. In Notfallsituationen hatte ich gehofft, dass mein Gehirn alles versucht um mich hier raus zu bekommen, anscheinend hatte es das nicht vor. Klasse, sogar das Teil womit ich denke ist gegen mich. Ich konnte nicht anders als den schwarzhaarigen Mann folgen. Er schien einen Plan zu haben, während ich noch versuchte herauszufinden wo wir überhaupt waren. Jetzt. Weg hier. Hier sind Menschen, das fällt auf. Komm schon...bitte tu es. Alles war fremd. Die Leute, der Ort, auch die Sprache schien mir komplett fremd zu sein. Ich wagte es nicht. Meine Beine folgten ihn fast automatisch.

Während ich mit meinen Kopf diskutierte, gegen mich selbst und meine Angst, verloren zu sein ankämpfte, verließen wir auch schon wieder den Flughafen. Verloren oder bei ihnen. Egal wo ich war, ich würde nirgendwo sicher sein. Doch es war sicherer, wo sie nicht waren. Ich wusste es doch, wusste wozu sie in der Lage waren, wobei es eher auf einen der vier bezogen war. Die anderen? Wie sollte ich sie einschätzen? Ja sie ließen es zu, aber wie weit würden sie selbst gehen? Wie weit könnten sie sich bringen? Würden sie, wie ER, es ohne mit der Wimper zu zucken tun? Würde Zac mich foltern, wenn ich jetzt was versuchen würde? 

"Warum?" Tränen bahnten sich wieder an. 

Das Parkhaus war dunkel, kalt und leer.

"Du gehörst zu uns."

"Bitte lass mich doch einfach leben." Wimmerte ich.

"Du lebst doch."

"Bei euch kann man es kein Leben nennen." 

Ich widerspreche zu viel. Es nervte. Natürlich tat es das. Meine Auffassung des ganzen war komplett anders als seine. Die Backpfeife zog sich durch meine komplette linke Gesichtshälfte und half einer Träne über die Schwellt. Das Klatschen hallte leicht wieder. Ich sagte nichts. Kurz nahm er sich die Zeit um zu sehen, ob ich irgendwas machen würde, doch ich tat nichts. Ich war zu feige um mich wirklich gegen ihn zu stemmen. Wie würde es bei den anderen sein? Es gab so viele Fragen in meinen Kopf, auf die ich keine Antwort wusste. Ich wusste nicht, wie ich mit all dem hier überhaupt umzugehen hatte. Das alles war doch....Gott es machte mich einfach wahnsinnig! 

"Hast du Hunger?" Die Frage kam so plötzlich, kurz nachdem er mich weiter Richtung Auto zog.

"Nicht wirklich." Wie sollte ich in so einer Situation ans Essen denken können? 

Denken nicht. Aber spüren. Die Leere in meinen Bauch beschwerte sich, so als hätte mein Magen meine Wiederworte verstanden. Verräter. Ich ignorierte ihn, konnte aber sehen, wie sich auf seinen Lippen ein leichtes Schmunzeln ausbreitete. Das Auto vor den wir hielten war schwarz. Laut dem was hinten drauf stand ein Range Rover. Von der Form her würd ich sagen ein Geländewagen. Ehrlich gesagt kannte ich mich damit nicht wirklich aus. 

"Ich hol nachher was." Er ließ mich nicht aus den Augen. Nicht einmal, als er den Koffer in den Kofferraum tat. 

Als er mir andeutete mich auf den Beifahrersitz zu setzen zögerte ich. Er war schneller als ich, jetzt etwas zu versuchen würde genauso wie in Deutschland zu nichts führen. Also stieg ich ein, wenn auch widerwillig. Die Stadt sagte mir nichts, keiner der Orte oder Straßen wo wir lang fuhren. 

"Sind die anderen auch da?" Es ließ mich nicht los. Ich dachte nur daran, was jetzt auf mich zukommen würde.

"Nein. Sie sind noch unterwegs." 

Und wann kommen sie? Kommen sie überhaupt oder sind sie getrennt unterwegs? Wobei, das letztere konnte ich nicht glauben. Ich kannte die Männer nur zusammen, dass sie getrennt agieren würden passt irgendwie nicht in meine Vorstellung. Eine wirkliche Unterhaltung kam nicht zustande. Es war komisch. Ich mochte die Ruhe nicht. Nur der Motor war an, doch sonst war es ruhig. 

  

Geisel II - wieder am AnfangWhere stories live. Discover now