Kapitel 11

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Ich schlief kaum. Ehrlich gesagt bekam ich kein Auge zu. Ich konnte der Sonne beim aufgehen zusehen. Das Meer war ruhig, flach wie ein See und der Anblick war trotz der Situation schön. Ich richtete mich vom feuchten Kissen auf. Meine Augen waren total verklebt, mein Hals trocken, als wäre ich durch eine Wüste gewandert. Es war ein Wunder, dass Zac nicht rüber gekommen war um meiner Heulerei ein Ende zu setzen. Völlig kraftlos saß ich im Bett, sah den kräftigen Orange zu, wie es die Herrschaft über den Himmel erlangte. Schmerzhaft knurrte mein Magen. Wie konnte mein Körper nur ans Essen denken? Ich verspürte keinen Appetit, keinen Hunger. Nur mein Körper zeigte mir durch den leichten Schmerz, dass er wieder was brauchte. Ich richtete mich auf und ging zu einer der Türen hier. Es gab drei. Eine die in den Flur führte und eine zweite, die auf eine Toilette führte, wie ich gerade erfuhr. Nur eine Toilette, ein Waschbecken und ein Spiegel. Auch wenn es modern war, war es sehr klein und schlicht gehalten. Ich entleerte meine Blase, in der eigentlich nichts sein sollte und wusch meine Hände. Vorsichtig trank ich aus den Wasserhahn, nahm dann die Zahnbürste, die hier noch frisch verpackt lag und nahm sie zum Zähne putzen. Im Schrank unterm Waschbecken war Toilettenpapier, Deo, eine Haarbürste und eine Packung Haargummis. Wann hatten sie das alles vorbereitet? War ich die erste, die sie so hielten oder gab es andere vor mir?

Während ich darüber nachdachte, wollte ich an meinen Ring spielen. Doch ich musste feststellen, dass die befremdliche Leere noch immer da war. Mein Blick viel auf die Hand. Sollte ich ihn fragen? Hatte er ihn noch?

Ich verließ das Bad, öffnete das Fenster und fast zeitgleich öffnete sich die Tür. Sofort drehte ich mich um, um zu sehen, wer gekommen war. Zac. Niemand anderes.

"Guten Morgen. Na komm, lass uns was frühstücken und dann sauber machen." Er hielt mir die Tür auf.

Zögerlich ging ich an ihn vorbei, murmelte dabei ein leises -Morgen-.

"Ich hab leider nicht viel da. Die Jungs bringen erst heute Abend was richtiges mit." Erklärte wieso er gestern so viel gekauft hatte. Viel mehr als Reiseproviant nötig war.

In allem was ich tat merkte man mir die Unsicherheit an, in allem was er tat, kam eine kleine Reaktion von mir. Ich wusste nicht, wie jeder einzelne zu mir stand. Meine Zeugenaussage brachte sie sicher ins Gefängnis, ohne irgendeine Chance auf Minderung. Waren sie sauer? Verspürten sie Lust auf Rache? Wenn ich hier war, weil sie sich rächen wollten, wieso sollte er dann so vorsichtig mit mir sein? Zac konnte grob sein, dass wusste ich. Wenn es also Rache wäre, dann wäre sein Verhalten mir gegenüber anders. Er reichte mir ein Brötchen mit Butter, wirklich Belag hatten wir ja nicht. Ich nahm es entgegen, wollte gerade anfangen zu essen, doch ich hielt inne.

Hör auf.

Er beachtete mich nicht....

Hör auf damit.

....war damit beschäftigt, sein eigenes Brötchen zu schmieren. Die Regeln schienen Kontrolle über mich zu nehmen. Die Regeln, die ich lernen musste. Aus Vorsicht tat ich nichts. Waren sie noch aktuell? Verworfen? Ich wusste es nicht. Aber ich war hier, da sollte ich vorsichtig sein.

"Du kannst ruhig schon essen. Das Haus putzt sich ja nicht von alleine."

Also gab es diese Regel nicht mehr?. Als wir beide fertig waren schickte er mich nach oben um in den anderen Zimmern die Betten zu beziehen, was ich auch tat, zudem machte ich die Fenster auf um durchzulüften. Vor den Fenstern waren immer Fliegengitter, sodass auch der Sand etwas abgefangen wurde.

Mein Blick ging nach unten. Kann ich springen? Fliehen? Wahrscheinlich verstauch ich mir den Knöchel. Ich warf den Gedanken weg, aber ich würde am ehesten fliehen können, wenn nur Zac da war. Ich musste so früh es ging weg, schließlich musste ich wieder nach Hause, ich war schon viel zu lange weg. Auf den Weg nach unten war ich leise, was aber nicht viel brachte. Der Mann war im Flur und wischte den Staub von den Oberflächen. Wie komm ich an ihn vorbei?

"Fertig?" Fragte er, als er mich bemerkte.

"Ja."

"Dann nimm dir einen Lappen und mach mit." Er deutete in die Küche, wo unter der Spühle das Reinigungszeug war.

Zögerlich ging ich an ihn vorbei. Nie hatte ich einen von ihnen putzen sehen, wahrscheinlich hielten sie es regelmäßig sauber, sodass es nicht so viel auffiel und zusätzlich hatten Klara und Luise die Arbeit ja verrichtet, als ich bei ihnen war. In der Küche gab es leider keinen zweiten Ausgang. Dafür aber im Wohnzimmer. Das Parnoramafester dort ließ einen auf die große Terasse mit Sitzmöglichekeiten schauen. Dahinter war das Meer. Es musste ein schöner Ausblick sein, doch ich werde nicht in den Genuss kommen, ihn auszukosten. Ich beobachtete den dunkelhaarigen genau, als ich an ihn vorbei ins Wohnzimmer ging, doch bevor ich einen Schritt rein setzen konnte, Pfiff er mich zurück.

Sofort hielt ich still, sah ihn an. War es zu auffällig? Hatte ich mich selbst verraten?

"Herkommen." Forderte er mich auf.

Es war Still, fast schon bedrückend. Meine Schritte hinterließen ein leises Geräusch. Es war schon fast gruselig. Zac rang seinen Lappen über den Eimer aus und legte ihn dann zur Seite. Keinen Moment, nicht einen einzigen ließ er mich aus den Augen.

"Näher."

Ich war nur zwei Schritte vor ihn stehen geblieben. Zögerlich machte ich einen sehr kleinen Schritt, woraufhin er mich an der Taillie an sich ranzog. Sofort verspannte ich. Ruhe. Diese bedrückende, vielsagende Ruhe...wie ich sie hasste, wie ich diese Spannung in der Luft verabscheute. Aber ich bleib still, sagte nichts.

"Kein Zittern?" Es war wie ein Necken, als wollte er mir zeigen, wie schnell sich mich an seine Nähe gewöhnt hatte.

Wenn er mich beobachtet hatte, müsste es ihn aufgefallen sein. Zwar war das Zittern nie sehr stark, doch vorhanden, wenn mir ein Mann zu nahe kam.

"Überleg dir lieber noch einmal, ob du mich unterschätzen solltest. Egal ob zu viert oder alleine, ICH hole dich ein, egal wie." Und damit ging er auf Abstand.

Ich biss mir leicht auf die Unterlippe. Fuck. Zac nahm seinen Lappen und den Eimer und machte weiter, als wäre nichts gewesen.

Man hat mir also doch meine Nervosität zu sehr angesehen.

Geisel II - wieder am AnfangWhere stories live. Discover now