Kapitel 18

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"Woher soll ich das wissen. Vielleicht wollt ihr euch ja dafür rächen, weil ihr ins Gefängnis gekommen seid." Mutmaßte ich.

Es war das realistischste, das einzige, was ich ihnen zutraute. Was sollte ich sonst hier?

"Dann wärst du nicht hier." Er drehte sich zu mir. "Dann wärst du unten und dann wären deine alten Narben schon längst wieder offen. Sasha war zum ficken da, ein einfacher Übergang, bis wir das wieder haben würden, was wir wirklich wollten." Aiden stand auf, blieb aber vorerst auf den Abstand, den ich bestimmt hatte "Denkst du, dass wir dich wirklich durch so etwas billiges ersetzen? Du hast wirklich keine Ahnung wie du bist, wie dein Kopf tickt. Wir sehen mehr in dir, als du von dir jemals erwarten würdest. Zudem kann keiner abstreiten, dass du dich sehr gut anfühlst. Du bist eng, einfach schon von Natur aus, dein Körper ist ein Traum, wieso sollten wir darauf verzichten wollen?" Nun kam er näher. Ich wagte es nicht einmal mich zu bewegen, als er  mein Kinn nach oben drückte. "Das beste an dir sind jedoch deine Augen. Du hast keine Ahnung, wie viel man in ihnen ablesen kann. Ich sehe es, ich sehe wie du tief im inneren nach Hilfe rufst und dich am liebsten zurückziehen würdest. Diese Augen, die schon von Anfang an gebrochen schienen und in Wirklichkeit sich nur nach Sicherheit sehnen. Wir alle wollen dir diese Sicherheit geben, dich beschützen vor all dem, wovor du dich da draußen fürchtest. Keiner von uns hat dich jemals angelogen. Du stellst es für dich selbst nur so hin, damit du dir einreden kannst, dass wir böses von dir wollen. Dein Körper ist reizend, deine Seele bezaubernd und dein Aushaltevermögen rundet alles perfekt ab. Das einzige, was wir tun, ist dir zu zeigen, dass du uns brauchst. Leider mit Zwang. Stell dir doch mal vor, wie schön es hätte werden können, wenn du dich einfach uns hingegen hättest, wenn du uns nicht hinterfragt hättest. Das hier ist deine zweite Chance. Wenn du weiterhin auf unabhängig und stark tun möchtest, sehe ich mich leider gezwungen dir zu zeigen, wie schwach du wirklich bist. Gib es zu kleines. Du brauchst jeden einzelnen von uns."

Ich konnte nichts sagen, zu sehr war ich von seiner Nähe gefesselt, zu sehr war ich verspannt durch seine Anwesenheit und zu sehr zitterten meine Hände. Ich wollte widersprechen, wollte sagen, dass es nicht so war, ihn anschreien, dass er nicht mit seinen Psycho quatsch bei mir ankommen würde. Ich würde ihn so viel um die Ohren hauen können und zeitgleich würde sich tief in meinen Inneren etwas fragen, ob das was er sagte wirklich so meinte. Aber er ging, löste sich von mir und hielt mir die Terrassentür offen, damit wir wieder ins windgeschützte Innere konnten. Er gab mir nicht die Möglichkeit zu antworten, nur die Möglichkeit zu denken. In den Moment, als er sich entfernt hatte, wusste ich nicht einmal, was ich ihn noch sagen könnte. Ich würde doch sowieso mit einer Mauer reden. Also ging ich einfach an ihn vorbei, in die Küche, stellte das Glas weg und aß dann mit den anderen zu Mittag.

Mein Kopf war leer und zeitgleich voll. Wie sollte ich seine Worte auffassen? War das wirklich die Wahrheit? Ich müsste mit Sasha reden um zu wissen, ob es wahr war, aber die Frau hatte Redeverbot und ich wollte sie nicht noch tiefer in die Scheiße ziehen. Wenn sie überhaupt noch lebte, denn gesehen hatte ich sie nicht mehr. Ich saß in der Ecke, wartete und wusste nicht einmal auf was. Kyle war kurz reingekommen, wollte wissen, ob alles gut war, doch ich schickte ihn raus, sagte nur, dass ich über alles nachdenken wollte und heute niemanden mehr sehen wollte.

Was wenn sie wirklich die Wahrheit sprachen? Wenn sie logen war es nicht schlimm. Ich wusste ja eigentlich, dass es nur Manipulation war. Doch was, wenn sie wirklich die Wahrheit sprachen? Der Gedanke....er war furchterregender, als jede Lüge. Die Männer waren kalt, brutal, rücksichtslos. Ich nur der Zeitvertreib, an den sie sich vergehen konnten. Doch wieso ich? Weil ich mich so gut anfühlte? Das war schwachsinnig. Es gibt bestimmt Frauen, die genauso gut oder besser waren. Wieso ich? Warum nur? Sie interessierten sich doch sonst immer einen scheiß um mich, meine Gesundheit, meine Psyche. Ich war ihnen egal. Verdammt ich hatte gespürt, wie egal ich ihnen war! Stress hin oder her, als ich aus den Keller kam, endlich wieder oben war, zeigten sie mir meinen Platz. Angekettet an der Wand, weg von ihnen, sodass ich sie bloß nicht stören konnte.

Ich wischte mir eine Träne weg. Meine Brust zog sich immer mehr zusammen. Bei Sonnenuntergang legte ich mich ins Bett, vergrub mein Gesicht in den Kissen und weinte vor mich hin.

Ich wusste, was sie wirklich von mir hielten. Wie konnten sie es überhaupt noch wagen mir so dreist ins Gesicht zu lügen? Als ob das hier Schutz war, als ob mein Körper eine Gegenleistung dafür war. Leckt mich doch! Ihr spielt doch nur, ihr nutzt mich doch nur aus. Aber wieso...wieso tut ihr es nicht? Ihr hattet mich doch nun wieder. Wieso nahm sich keiner von ihnen das, was sie doch angeblich so vermisst hatten? Das alles ergab doch keinen Sinn. Weder als Wahrheit, noch als Lüge. Vielleicht nutzten sie die arme Frau auch noch, solange sie lebt. Wer wusste es schon? Wer wusste, was diese abartigen Männer noch alles in ihren Leben tun würden.

Irgendwann war es schon lange dunkel, das Haus still und ich erschöpft. Das eine nasse Kissen lag auf den Boden und ich zugedeckt, während ich ein anderes Kissen in den Arm hielt im Bett. Drei Kissen lagen ursprünglich drauf. Das Bett war groß, nahm viel Platz ein und ich...ich war darin sehr klein. So groß....so leer. Mein Herz zog sich zusammen, so wie jede Nacht. Es tat weh, denn ich vermisste es. Zumindest jetzt, jetzt kurz vor den unsicheren Schlaf, wollt ich die Sicherheit der anderen Arme um mich spüren. Doch sie kamen nicht, es war niemand da, der mich wirklich schützte. Entführt und bei Psychos gefangen, die Peiniger in ihren Zimmern schlafend...wer schützte mich vor ihnen? Wer schützte mich denn wirklich?

Es war mitten in der Nacht, als ich aufwachte. Das Bett neben mir senkte sich und die Decke wurde mir etwas weggezogen. Murrend versuchte ich wach zu werden, zu verstehen, wer da war. Als ich das Parfüm mit einen mal war nahm, schien ich sofort wach.

"Bleib liegen."

"Aiden?" Hinterfragte ich nur.

"Ich schlaf bei dir. Ich ertrag ihr Geheule einfach nicht mehr." Aiden zog mich sanft an sich. "Ich schlaf nicht mir dir, Kleines. Versprochen." Er strich meine Haare aus meinem Gesicht.

Was meinte er, dass ihn das Geheule nerven würde? Ich hatte oft geweint, auch im Bett, wenn wir schlafen gehen wollten.

Ruhig strich der Mann über meinen Arm, wodurch mein Körper sich entspannte. Es war komisch. Ihn so nah bei mir zu haben, damit hatte ich einfach nicht gerechnet. Ich drehte mich in seinen Armen um, spürte diese vertraute Wärme, die sanfte Nähe und trotzdem seine dominante Ausstrahlung. Es war so vertraut. So schön, dass es mich wieder in den Schlaf zog. In den Armen von meinen schlimmsten Peiniger und es war das erste mal, dass ich in einen Bett einschlief und nicht das Gefühl hatte, das etwas fehlte.

Ich würde es nie zugeben wollen, denn es schämte mich zu sehr, doch genau das war es, was ich seit über einem Jahr vermisst hatte.

Geisel II - wieder am Anfangحيث تعيش القصص. اكتشف الآن