Kapitel 19

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Ich war die erste, die von uns beiden erwachte. Müde sah ich auf den bemalten Körper. Die Decke lag nur noch über unsere Hüften, hielt nicht mehr richtig warm. Doch ich bekam die nötige Wärme von einer anderen Quelle. Vorsichtig befreite ich mich aus seinen Armen und setzte mich auf die Bettkannte. Meine Augen fielen auf den schlafenden Mann. Menschen sahen so zerbrechlich aus, wenn sie schliefen. Keiner würde jetzt denken, dass er zu den Dingen in Stande war, die er mit Freuden anderen antat. Ich sah nach draußen, die Rollos waren nicht richtig geschlossen. Sie ließen wenige Sonnenstrahlen durch, die aber reichten um alles zu sehen, wenn auch nicht im besten Licht.

Ich verließ das Bett, stand auf und machte mich im Bad fertig. Mein Körper fühlte sich klebrig an, wahrscheinlich hatte ich viel geschwitzt. Wundern würde es mich nicht, der Schlaf wurde durch meine Gedanken gequält. Als ich das Bad verließ, saß der volltättoowierte am Bettrand, hatte sein Handy in der Hand. Als ich die Tür schloss, sah er auf. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er sein Handy hier hatte.

"Du hast unruhig geschlafen." Er wand sich wieder an sein Handy.

Ja, ich weiß. Ich will weiter schlafen. Es war noch immer besser, als hier zu sein. Noch immer war ich müde, nicht richtig wach, aber wissend nicht einschlafen zu können. Ich stellte mich vor ihn, er sah auf.

"So schlimm?" Wollt ich wissen.

"Jedes mal, wenn ich dich los ließ. Einmal hast du geweint." Erzählte er, ließ sein Handy neben sich auf der Matratze liegen.

Vorsichtig als würde ich jeden Moment ausweichen, griff er um meine Hüfte und zog mich auf seinen Schoß.

"Ich dachte, du magst es nicht, wenn man weint." Ich setzte mich rittlings zu ihn auf den Schoß, legte meinen Kopf auf seine Schulter ab und schloss meine Augen.

Ich wünschte ich würd wieder schlafen.

"Du bist leise, wirkst irgendwie wie ein kleines Kätzchen. Zudem sehen seine Augen danach intensiver aus. Es gibt Menschen die heulen und sehen dabei einfach hässlich aus. Sie schreien und schluchzen, es nervt einfach nur sie zu sehen und dann gibt es welche, wo man sieht, wie sehr sie es nicht wollen. Das Wasser legt sich über die Iris und sorgen dafür, dass die Augenfarbe intensiver zur Geltung kommt. Wenn du im schlaf weinst, nimmst du keine Rücksicht auf die Drumherum, aber dafür hast du am nächsten Tag wundervolle Augen." Er drückte mich etwas weg, ich öffnete meine Augen, sah in seine. "Jeden Morgen, wenn du verheult aufwachst, kann man jedes noch so kleine Detail in ihnen sehen." Seine Hand legte sich auf meine Wange.

Es war komisch. Dieser Moment klang so führsorglich. Doch in seinen Augen sah man, wie krank das war, wie krank er war. Als würde er sich daran erinnern, wie meine Augen bei der Folter aussahen und diesen Moment genießen, wenn meine blauen Augen nur noch mehr hervorstachen. Irgendwie machte mir der Blick Angst. Der kalte Schauer auf meinen Rücken, die Gänsehaut auf meinen Armen und die aufgestellten Nackenhaare ließen seine Augen keinen Moment sanft oder Führsorglich wirken. Es sah eher so aus, als würde er überlegen, wie er als nächstes Tränen hervorbringen konnte, wenn die Intensivität nachlassen würde.

"Was hältst du von einer Dusche?" Wollte er wissen.

Es war nicht das beste Thema um abzulenken, doch es war vielleicht besser so. Ich selbst wusste ja, dass ich eine brauchte, doch alleine würde er mich bestimmt nicht gehen lassen. Als ich vorsichtig nickte, hob der Mann mein Becken an um aufstehen zu können. Ich krallte mich an ihn, schlang meine Beine um seinen Torso.

"Aiden!" Quietschte ich erschrocken.

Ich war es schon lange nicht mehr gewohnt, getragen zu werden. Ich krallte mich förmlich an ihn fest, als würde er mich jeden Moment fallen lassen.

Geisel II - wieder am AnfangWhere stories live. Discover now