Kapitel 12

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Ich war nicht geflohen. Es ging nicht. Keine Sekunde ließ man mich aus den Augen oder überhaupt nah genug an ein Fenster, geschweige denn einer Tür. Manchmal kam es mir so vor, als hätte er Augen am Hinterkopf. Während ich die Küche wischte, saß er auf der Kücheninsel, der Blick aufs Handy und trotzdem die ganze Aufmerksamkeit bei mir. Es wurde immer später, doch wie viel Zeit vergangen war wusste ich nicht.

"Wann kommen die anderen?" Wollte ich wissen, als ich den Lappen im Eimer wieder vom Dreck befreite.

"In etwa zwei Stunden. Vermisst du sie?"

"Nein." Lüge

Wie sollte ich? Wie sollte ich es zugeben? Wie sollte ich mir selbst eingestehen, dass das Gefühl, die Leere, jede Nacht mein Missen war? Ich selbst sah es nicht als ein Vermissen, also war es keine Lüge.

"Wieso fragst du dann?" Hakte er nach.

"Nur so."

Meine Augen lagen kurz auf ihn, er sah mich an, noch immer das Handy in der Hand. Ruhe. Ich fing wieder an zu wischen, doch es blieb ruhig. Sein Blick bohrte sich förmlich in mein Fleisch.

"Ich will nicht hier sein." Brabbelte ich mit einen mal.

"Du weißt ganz genau, dass du-"

"Wenn die anderen kommen...." Unterbrach ich ihn. "....ich hab Angst davor..."

Er sah mich an, vielleicht nachdenklich, vielleicht auch mit der Hoffnung mehr aus mich raus zu bekommen, wenn er still war.

"Ich bring dir heute das Abendessen hoch. Aber auch nur heute."

Mein Kopf schnellte zu ihn, doch er sah wieder auf sein Handy.

"Danke." Daraufhin nickte er nur kurz.

Es dauerte nicht lange, da war ich mit der Küche fertig. Obwohl ich erst gestern eine Dusche genießen musste, fühlte ich mich dreckig, als würde ich eine neue nehmen müssen.

"Zac?" Sprach ich den Mann an, der sich, wärend ich weggeräumt hatte, kein Stück bewegt hatte.

"Mh?"

"Darf ich duschen?" Geh doch einfach.

Der Mann sah nicht auf. Legte sein Handy einfach zur Seite und kam auf mich zu. Ich wich nicht zurück, blieb einfach stehen. Er legte seine Hände auf meine Hüfte. Stur sah ich auf seine Brust, über welcher sich sein Shirt spannte.

"Fass mich an."

Seine Worte waren kaum ausgesprochen, da fing mein Herz an wild zu werden. Geschockt sah ich ihn an. Welche Art des Anfassens meinte er denn? Er meinte doch nicht....

Meine Hände, welche ich zusammen vor der Brust hielt lösten sich. Zitternd griff ich nach den Saum seines Pollovers, leicht striff ich seine Haut darunter. Er sagte nichts, sah mich einfach an. War das falsch? Ja! Keine Frage. Das alles war hier falsch, alleine hier zu stehen. Ich ließ den Stoff los, legte stattdessen meine Arme um ihn und vergrub meinen Kopf in seiner Brust. Seine Hände wanderten meinen Körper entlang, auf meinen Rücken. Total verspannt stand ich da, als würde er mich für das Verhalten jeden Moment schlagen, als würde er mich wegzerren und in einen kalten Keller sperren, sobald ich ihn loslassen würde. Welche Art des Berühren meinte er denn? Wollte er sich an mir vergreifen? Mein Zittern wurde immer stärker umso mehr ich mir ausmalte, was er wohl vor hatte. Stark zuckte ich zusammen, als seine Hand durch mein Haar strich und sich dann auf meinen Hinterkopf legte. Die andere wanderte beruhigend meinen Rücken rauf und runter. Nichts sonst passierte. Nichts schlimmes ...nichts aufregendes. Eine Umarmung, das hier war eine einfache Umarmung.

"Gutes Mädchen." Lobte er, als mein Körper langsam zu realisieren schien, dass hier nichts passieren würde.

Langsam wurde alles ruhiger, mein Körper bebte nicht mehr und mein Herz hämmerte nicht mehr gegen mein Brustbein. Wärend sich alles legte, löste ich mich langsam wieder von den dunkelhaarigen Mann. Schon fast zufrieden sah er mich an.

"Geh bei mir duschen." Er deutete auf die Treppe.

"Danke." Ich huschte schnell von ihn weg.

Solange es ging, spürte ich seinen Blick auf meinen Rücken. Jedes Zimmer war farblich anders eingerichtet. Es waren die gleichen Farbkombis wie damals. Eins war hauptsächlich schwarz mit wenigen Holz Elementen, eins war dunkelgrau, ein anderes mit dunklen Holzelementen und ein anderes schlicht hell mit Hokzelementen und ein paar Pflanzen. Es war, als würde ich sofort wissen, wer im welchen Zimmer war. Ich ging zu Zac, also ins dunkelgraue. Meine Haare wusch ich nicht, nur schnell meinen Körper, aus Angst, er würde es sich gleich anders überlegen und mit rein kommen. Bevor ich das Zimmer wieder verließ zog ich mir frische Klamotten von Zac an, die anderen hatte ich in den Wäschekorb ins Bad gelegt. Vorsichtig horchte ich, ob jemand im Flur war, es war still. Schnell lunste ich hinaus, es war wirklich niemand da. Auf den Weg in mein Zimmer, welches ich nur wiederwillig so nannte, doch ich wusste nicht, wie ich es sonst bezeichnen sollte, öffnete sich unten die Haustür. Stimmen ertönten, schnell verschwand ich. Sie waren da. Sie alle. So leise wie möglich schloss ich die Zimmertür, wollte nicht, dass ich Aufmerksamkeit  weckte.

Man hörte sie kaum. Nur leises Murren, wenn man ganz genau darauf achtete. Mein Blick fiel aufs Meer. Ich setzte mich in die ganzen Kissen, die hier lagen und sah hinaus. Als ich eine Bewegung wahrnahm, änderte ich meine Position. Zac stand da, zündete sich eine Zigarette an. Als er meine Blicke spürte, drehte er sich zu mir nach um und sah rauf. Ich stand auf, schloss das Fenster, damit der Geruch nicht nach oben zog. Logan gesellte sich zu ihn, doch bevor auch er mich sehen konnte, wich ich nach hinten.

Es war ruhig. Nichts großartiges geschah, nichts bis ein Schrei ertönte. Mein Blut gefror in meinen Adern. Erschrocken sah ich zur Tür, die plötzliche Unruhe ließ mein Herz schneller schlagen. Ein stumpfes Geräusch, als hätte man jemanden zu Boden gestoßen. Jemand fluchte und dann ein deutliches Wimmern. Jemand unterhielt sich kurz und dann knallte eine Tür ins Schloss. Was war das? Hatten sie wieder jemand unschuldiges?

Geisel II - wieder am AnfangWhere stories live. Discover now