Kapitel 25

1.7K 96 13
                                    

Mit heißen Tee in der Hand, setzte ich mich ins Wohnzimmer auf die Couch. Logan folgte mir, legte eine weiche Decke über unsere Beine und schaltete dann den Fernseher an. Wir saßen nebeneinander, aber berührten und nicht. Ehrlich gesagt wollte ich keinen so wirklich gerade anfassen, auch wenn die Situation gerade dazu verführte, sich an ihn zu lehnen.

"Ein Brief hätte es auch getan." Behauptete ich.

Logan legte seinen Arm um mich, welchen ich aber schnell wieder abgeschüttelt hatte. Auf meine Worte reagierte er nicht. Er suchte sich einen Film raus und machte ihn an. Ich versuchte nicht einmal, ihn zu etwas anderen zu überreden. Ich saß eher da und dachte nach, als die Handlung des Horrorfilms zu verfolgen. Was sie wohl von mir denken wird? Das Video könnte sie zerstören, aber was, wenn meine Mutter wirklich so denkt, wie die Jungs es tun? Ich konnte es mir kaum vorstellen, dass sie plötzlich denkt, dass es mir hier gut geht. Sie kannte alle. Alle Narben, Erzählungen und Ängste. Ich hätte ihr vielleicht nicht zu viel anvertrauen dürfen, doch es war leichter mit ihr zu reden, als mir einer Therapeutin. Ich hätte wissen müssen, dass es sie zusätzlich belasten würde. Es war doch offensichtlich, wieso hab ich es also nicht gemerkt? Viel später viel mir erst auf, welchen Schaden ich ihr zusätzlich zugefügt hatte. In den Moment, wo ich es sah, endlich erkannte, brach ich nur noch mehr zusammen. Sie war in meinen Augen immer eine starke Frau gewesen und mit einen mal war sie komplett zerstört, nicht mehr belastbar und von ständiger Angst umgeben. Ich musste mich ständig melden, immer bescheid geben, wenn ich die Wohnung verließ, an schlimmen Tagen teilte ich sogar den Standort mit ihr und das über den ganzen Tag. Es hatte sich gerade wieder gebessert und nun war ich wieder hier. Unserer beider Alptraum wurde Wirklichkeit und trotzdem saß ich hier ruhig neben einer meiner Schänder, als wäre nichts. Als wäre ich heute morgen nicht dem Tod begegnet, als hätte man mich nicht angefasst, als hätte ich nach dem Missbrauch nicht mit einen von ihn geschlafen. Ich fühlte mich wiederlich, verabscheute alles an mir. Ich war doch wirklich eine Schlampe. Wie konnte ich mich auf sie einlassen? Auf alles hier... Merkten sie denn nicht, dass sie mich nur immer weiter Richtung Abgrund trieben? Wehren würde auch nichts bringen. Wenn ich es tun würde, könnte ich mich im Keller wiedersehen, wo sie mich immer weiter ins Verderben bringen würden. Vielleicht war das sogar ihr Ziel. Nach dem ich den Abgrund erreicht hatte, würden sie es ein leichtes haben mich wieder aufzufangen und könnten somit das erreichen was sie wollen. Abhängigkeit, der Gedanke ohne sie nicht leben zu können. Es hat fast ein Jahr gebraucht, bis ich mich von den Abgrund befreit hatte, in den sie mich gestoßen haben, wie lange würde es wohl dauern, wenn sie mich dann auch noch auffingen? Wann wurde ich wirklich frei von ihnen sein?

Männliche Huren. So hatte Zac sie mal beschrieben. Ich wusste nicht mehr genau wann es war, wahrscheinlich sogar am ersten oder zweiten Tag, wo ich bei ihnen war. Sie waren Schlimmer. Huren würde nicht ausreichen um diese Psychopathen zu beschreiben. Mir selbst fiel nicht einmal ein Wort ein, was ansatzweise ihre kaltherzige und manipulative Art wirklich beschreiben konnte.

"Was beschäftigt dich denn so?" Ich sah von der weichen Decke auf, in die Teddybraunen Augen.

Was mache ich hier?

"Meine Freiheit."

"Aber du bist doch frei, wieso denkst du denn dann darüber nach?"

Ich sah müde aus, meine Augen trüb, als wäre ich komplett abgetreten, als wäre ich gar nicht im hier und jetzt. Ich wusste welche Worte mich erwarten könnten, ich kannte Logan und wusste, wie glaubhaft er mir seine Ansicht zu meiner Wirklichkeit werden lasssen konnte.

"Ach Nichts." Ich befreite mich aus der Decke und entfernte mich. Aiden stand im Türrahmen zum Balkon und drehte sich zu uns um, als er merkte, dass ich aufstand um zu gehen.

"Kleine?" Ich hörte nicht auf ihn, ging einfach nach oben in mein Zimmer und legte mich ins Bett.

Wenn ich jetzt aufgebe, könnte ich mir vielleicht einiges an Schmerz ersparen. Doch ich wollte es nicht. Ich wollte nicht nach ihrer Pfeiffe tanzen und alles aufgeben, was ich hatte. Mein Herz schmerzte viel zu sehr bei den Gedanken, sie fühlte sich so leer an, dass ich mich fragte, ob ich vielleicht nichts weiter als eine Marionette bin, die gegen den Willen ihres Schöpfers ein eigenes Denken angefangen hat.

"Ich mag es nicht, wenn man mich ignoriert." Er war mir also hinterhergekommen.

"Ich mag mag nicht hier sein." Die Worte kamen nur schwer heraus, in meinen Hals hatte sich ein riesen Knoten entwickelt.

"Wir wissen beide, dass das nicht die Wahrheit ist." Das Bett gab nach, als Aiden sich setzte.

Was nun? Ich könnte ihn verärgern, inden ich ihn meine Wahrheit ins Gesicht schrie, doch ich wollte nicht wissen, was mich erwarten würde, immerhin war er bestimmt noch von heute morgen etwas angefressen. Ich machte mich klein, rollte mich nur mehr zusammen. Ich konnte ihn vor Angst nicht einmal wiedersprechen.

"Lass mich bitte alleine." Kyle hatte mir vorhin auch nicht Ruhe gegönnt.

Aiden wäre aber nicht Aiden, wenn er einfach so auf eine kleine Bitte hören würde. Statt zu gehen, setzte er sich nun richtig neben mich und fing an mir durchs Haar zu streichen.

"Wenn ich nicht befürchten musst, dass du auf dumme Ideen kommst, lass ich dich alleine. Aber im Moment siehst du mir ganz dannach aus, als würdest du gar nicht wirklich alleine sein wollen."

"Wenn ich dafür auf euch verzichten kann, will ich alleine sein."

Ein amüsierter Ton entkam ihn, doch er sagte nichts. Zumindest erstmal.

"Erinnerst du dich an den Tag, wo du mich um Ablenkung gebeten hast?"

Wie konnte ich den Tag vergessen Jede Sekunde davon war in meinen Gedächnis eingebrannt, zusammen mit ihren Leichen.

"Was soll damit sein?"

"Wie wäre es, wenn wir so etwas wieder tun?"

Geisel II - wieder am AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt