Kapitel 24

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"Schauen Sie noch einmal nach." Miran seufzt, aber ich bestehe darauf, dass er ein weiteres Mal kontrolliert, ob er wirklich unsere Pässe und unsere Tickets hat! "Shirin, ich schaue gleich nach, sobald wir im Flugzeug sitzen. Ist das in Ordnung?" Ich weiß nicht. Was ist, wenn wir in der Luft sind und dann fällt ihm auf, dass er alles verloren hat? Mir egal, ob wir sie schon vorgezeigt haben. Danach war noch genug Zeit, um sie zu verlieren. "Na gut", murre ich. Mein Herz schlägt ganz aufgeregt. Wir fliegen gleich nach London! Ich folge seinen breiten Schultern zum Flugzeug, mache ihm bei allem nach, was er tut und folge ihm dann nach dem Begrüßen der netten Stewardessen in eine andere Richtung als erwartet. "Wohin bringen Sie mich?" "Business-Class, Shirin", erwidert er gelassen. Oh ... wow. Ich bin noch nie Business-Class geflogen. Die kleinen Kabinen bieten Privatsphäre und man kann sich sogar hinlegen! Oh, là, là, es gibt sogar einen Doppelsitz oder Ehebett. Wie auch immer man das nennen mag. "Hier sitzen Sie." Perfekt! Ich sitze am Fenster! Miran hat seinen Platz neben mir, also können wir ungestört quatschen.

Meine Gedanken schweifen wieder zu jenem Wochenende, das ich bei ihm verbracht habe. Ich habe mich krankschreiben lassen, war aber dann ein wandelndes Wrack in seiner Nähe. Narin hatte was zu lachen und mich beim Packen meines Koffers aufgezogen. Sie weiß nicht, dass ich das Wochenende bei unserem Chef verbracht habe. Sie denkt, es war Guacamole, aber wenn wir ganz genau sind, kommt es aufs selbe hinaus. Sie kümmert sich in der Zwischenzeit um unsere Pflanzen, unwissend, dass auch Mirans Pflanzen bei mir sind. Ich dachte, das wäre so unauffälliger und vor allem weniger Belastung für sie. Nur muss sie in beide Büros, aber die sind ja wenige Meter von ihrem Arbeitsplatz. Ich muss aber sagen, dass sie mich beim Packen ins Schwitzen gebracht hat durch ihre schmutzigen Anspielungen. Geschäftsreisen sind voller Abenteuer, Shirin. Ich sag's ja nur. Ich habe sie daraufhin verlegen ermahnt, dass es unser Chef ist, woraufhin sie grinsend mit ihren Schultern gezuckt hat. Falls es mit Guacamole nicht klappt, dann kannst du dir ja irgendwen anders aussuchen. Ich habe nie gesagt, dass ich unseren Chef meine. Sie ist so schmutzig! Dabei weiß sie gar nicht, was wir schon an Schmutzigem getrieben haben.

Miran sieht heute besonders appetitlich aus. Statt seines gewohnten Anzugs trägt er eine simple, verwaschene Jeans in einem tollen, dunklen Blau, ein weißes T-Shirt und eine teure, silberne Uhr. Es kostet mich sehr viel Mühe, nicht alle zwei Sekunden auf seinen Bizeps zu schauen. Vor allem jetzt, wo er sein Handy hält und so schön am Tippen ist und damit die Sehnen und Muskeln seines Unterarms so himmlisch zur Geltung kommen. "Haben Sie Ihr EpiPen bei sich?" Ich nicke. Es war das Erste, was ich eingepackt habe. "Und Ihre Haarpflegeprodukte?" "Nur Hitzeschutz und Glätteisen. Oh!", keuche ich am Ende. Mist! Miran schaut von seinem Handy auf. "Was ist?" "Ich habe meine Haarmaske vergessen." Mann! "Wir finden dort sicherlich eine bessere." Da ist was dran. Der Markt in England hat viel mehr zu bieten. Daher lasse ich mich wieder entspannt in meinen Sitz fallen und beobachte, wie einige Männer ebenfalls in der Business-Class Platz nehmen. Viel weiter vorn. Bis jetzt sitzt keiner hinter oder vor mir. Eine Frau sitzt auf der anderen Fensterseite um einen Sitz versetzt hinter Miran und wie es den Anschein hat, bin ich nicht die Einzige, die ihn für schnuckelig hält ... das gefällt mir nicht.

Eine weitere Frau läuft den Gang zwischen uns beiden vorbei und ist sogar so indiskret, dass sie sich lächelnd zu ihm umdreht. Mein Herz rast, als er seinen Blick für einen Moment anhebt, doch es beruhigt sich genauso schnell, weil er seinen Blick noch schneller senkt und auf den leeren Punkt seiner Kabine schaut. Sein Kinn auf seiner Hand abgestützt, der Arm dementsprechend angewinkelt und seinen wunderbaren Bizeps betonend. Was gäbe ich nur dafür, diesen Arm jetzt zu berühren? Vielleicht schaffe ich es ja wieder, in Ohnmacht zu fallen. Das wäre ein Plan. Es treten noch mehrere Männer zu uns, diese sitzen aber alle nicht direkt um uns herum. War der Flug teuer oder wieso sind so viele Plätze frei geblieben? Oh Gott, es geht los! Die Stewardessen beginnen mit der Sicherheitsbelehrung, während ich zu meinem Chef schaue, der wieder verloren in seinen Gedanken wirkt. Ich hoffe, ihm geht es gut. Vielleicht kann ich ihn diese fünf Tage dazu überreden, seinen Bart mit Öl einzuschmieren. Einmal wenigstens.

Tollpatschige LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt