Kapitel 34

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Wenn wir den Besuch meines Chefs und zukünftigen Ehemannes vor meiner Wohnungstür vergessen, hatten Narin und ich ein wunderbares Wochenende. Wir haben viel geredet und gelacht, waren am Samstag shoppen und haben den Sonntag ausklingen lassen. Ich konnte meine Sorgen überwiegend zurückschrauben, doch wenn ich ehrlich bin, nehmen sie von Kilometer zu Kilometer zu. Es wird kein Stück besser, als ich mein Auto neben seinem parke und unsicher ins Gebäude laufe. Ich bin nun etwas gewohnter an die neugierigen Blicke, die mich treffen, dennoch spüre ich öfter als mir lieb ist einen Knoten in meinem Bauch, vor allem, wo mir Narins Worte schwer im Magen liegen. Miran kommt ein wenig später auf die Arbeit, weil er noch seine Uhr bei der Reparatur abgeben muss. Narin ist auch noch nicht da, also kann ich mich in Ruhe in meinem Büro verschanzen und die Termine für heute durchgehen. Der erste ist um zehn Uhr mit Frau Iwanow. Ich kontrolliere so lange, ob alle wichtigen Dokumente fertig sind, drucke die relevanten Sachen zum Unterschreiben aus und zucke daraufhin so heftig wie noch nie zusammen, als mein Handy vibriert.

'Möchtest du etwas von der Bäckerei?', fragt Miran mich und schon wieder zucke ich zusammen, als mir Narin schreibt.

'Shirin, ich komme ein bisschen zu spät. Willst du etwas vom Bäcker?' Gott, was mache ich jetzt?

Was ist, wenn sich beide dort sehen? Was ist, wenn sie beide plötzlich dieselbe Backware nehmen? Ich hasse Montage!

'Gehst du nur zur Bäckerei für mich?', frage ich Miran. Er sieht nicht aus wie jemand, der sich sein Frühstück aus der Bäckerei holt.

'Ja, Shirin. Es kann noch ein bisschen dauern, bis ich zurück bin.' Okay, jetzt schreibe ich Narin.

'Gehst du nur meinetwegen?'

'Ich hatte Lust auf was und dachte mir, ich bringe dir was mit.' Okay, was jetzt?

'Bist du gerade da?' Diese Frage stelle ich beiden.

'Ja', antworten mir beide. Ich kann nicht mehr.

'Ich will nichts, danke!'

Schnell raus aus den Chats! Ich werfe mein Handy sogar in meine Schublade, damit ich nicht noch weiter strapaziert werde. Puh! Ablenken. Ich muss mich ablenken.

Ich habe mich kaum ablenken können. Stattdessen habe ich eine Tabelle mit Punkten erstellt, die ich bei Miran ansprechen möchte. Wenn er Lust und Zeit hat, können wir ja dabei etwas essen. Er ist vor gut zwei Minuten zurückgekommen. Narin kam eher zurück. Noch habe ich keinen der beiden begrüßt, aber ich könnte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, wenn ich unserem Chef Kaffee bringe. Innerlich tobt zwar alles noch - meine Hickser sind der Beweis -, aber ich schlage mich ganz gut. Narin grinst mich an und wackelt bei meinem Kleid mit ihren Augenbrauen, während sie einen der Schokodonuts aus dem Karton isst, den sie mir jetzt hinhält. Da sie einen Anruf annehmen muss, gelange ich nicht in eine potenziell gefährliche Situation und kann mit dem Kaffee und einem Donut für mich in sein Büro. Er lächelt mich sanft an, doch das beruhigt meine strapazierten Nerven nur halb. "Hallo", murmele ich. "Hallo, Shirin. Guten Morgen. Dir steht das Kleid sehr." "Danke schön. Habe ein ähnliches in Orange." Ich streiche über den hellgrünen Stoff, der meine Beine bedeckt. Ich mag die kleinen, süßen Blümchen darauf so sehr. "Ist Ihre Uhr wieder in Ordnung?" Daraufhin seufzt er nur. Ich weiß, dass er es nicht mag, wenn ich ihn sieze, aber immerhin sage ich seinen Namen wieder in meinen Gedanken! Das ist ein gewaltiger Fortschritt. "Nein. Die Uhr bleibt bis morgen dort, weil das Ersatzteil bestellt werden muss." Ach so, also hat er heute keine Uhr. "Und was ist, wenn der Reparateur die Uhr klaut?" "Wird er nicht." "Und wenn er die teuren Bauteile gegen billige eintauscht?" "Sollte es so sein, dann wird das ganze gerichtlich geklärt, aber ich weiß, dass er es nicht tut." Okay, dann ist gut.

Tollpatschige LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt