Kapitel 46

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Ich war bis Mittwoch krankgeschrieben - auf Mirans Anordnung. Jetzt aber begebe ich mich in die klimatisierte Lobby, nachdem ich die großen, gruselig wirkenden Security anlächele. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie den Geburtstagskorb für Narin durchsucht hätten, aber heute scheint mein Glückstag zu sein. Ich hoffe, ihr gefällt der Inhalt. Sie mochte den Duft meiner Bodybutter, also habe ich mich in den letzten Tagen daran gesetzt, ihr ebenfalls eine herzustellen. Sie duftet wunderbar nach Mandarine und Vanille. Das schicke Unterwäsche-Set habe ich unten diskret versteckt, sodass es niemand sehen kann. Vor dem Aufzug schnaufe ich einmal durch und lenke die Aufmerksamkeit der gesamten männlichen Kollegen auf mich. "Hi", lächele ich, aber huch! Warum treten sie zur Seite? Stinke ich? Ich kann jetzt auch nicht schnüffeln. Steht Miran hinter mir? Ich drehe mich verdutzt um, aber nein. Hm. Okay. Vielleicht darf ich auch als erste Person in die Kabine treten, weil ich als Letzte aussteigen muss. Ja, das macht Sinn. Ich lächele noch einmal dankend und dann noch einmal, als man für mich die zwanzigste Etage drückt. Das ist sehr nett.

Ich sollte dringend meine Ärmchen trainieren. So schwer ist der Korb eigentlich gar nicht, aber jetzt gerade zerrt er doch an meiner Muskulatur. Na ja, wozu habe ich Hüften? Ich stütze den Korb auf meiner rechten Seite ab, treffe dabei jedoch einen Arbeitskollegen aus der 17. "Lass mich das nehmen, Shirin." Oh ... wie nett. "Danke", murmele ich überrascht. Ich hoffe, ich habe das Unterwäsche-Set wirklich gut versteckt. Das ist wirklich super nett von ihm. Vielleicht denkt er, ich könnte jederzeit wieder kollabieren - das gleiche für denjenigen, aus der 18 und der 19. Ich bedanke mich wieder und steige dann aus, um mich grinsend an die Anmeldung zu stellen und Narin zu überraschen, die erfreut kreischt und mich noch während meines Gesangs in den Arm nimmt. "Shirin! Oh Gott, danke!" "Ich habe dir auch Quarkbällchen mit Vanillecremefüllung gemacht." "Ich liebe dich!" Ihr Satz lässt mich leise giggeln. Ich mag es. "Ich bestelle uns heute Sushi. Steht heute ein Meeting an?" Das weiß ich gar nicht. "Ich schreibe dir, ja?" Narin nickt und zerrt die durchsichtige Folie mit ihren roten Gelnägeln auf, um sich stöhnend ein Quarkbällchen zu gönnen. "So gut", murmelt sie. Ich kichere, mache mich aber dann auf den Weg in die Küche, um Miran seinen Kaffee zu bringen. Er ist sicherlich schon vor mir eingetroffen.

In der Küche quatschen einige Kollegen, während sie ihren Kaffee trinken. Als sie mich sehen, heben sich ihre Augenbrauen, doch dann begrüßen sie mich freundlich. "Hi", lächele ich. "Guten Morgen, Shirin. Geht es dir wieder besser?", fragt Susi. Sie ist die Mutter unserer Etage und beweist es wieder, als sie auf mich zukommt und mich mütterlich in den Arm nimmt. "Ja, alles gut." "Der Chef war völlig aufgebracht, als es passiert ist. Gott, hatte ich eine Angst!" Sie hält sich ihre niedlichen Finger an ihre Brust und seufzt einmal. "Aber du hast dich tapfer geschlagen, meine Liebe. Freut mich, dass du wieder da bist." Ich schmolle. Oh Mann, ich muss mich sofort an einen der drei Kaffeeautomaten stellen, um meine Tränchen wegzuwischen. "Danke", murmele ich. Heute bekomme ich so viel Liebe ab, dass der Kaffee in meiner Hand merklich zittert. Das erzähle ich gleich Miran. Ich klopfe hibbelig an und spüre eine neue Ladung Energie, als er mich hereinbittet. Mein Lächeln schmerzt in meinen Wangen und es wird nur noch stärker, als er es erwidert. "Guten Morgen, Shirin." "Morgen." Ich stelle die Tasse vor ihm ab und beuge mich für einen kleinen Kuss vor. Weil ich durch meine Energie aber so aktiv bin, ziehe ich ihn an seinem Kiefer zurück zu mir, als wir uns voneinander lösen. "Gut geschlafen?", raunt er gegen meine Lippen. "Ich hatte einen guten Start in den Tag", erwidere ich schmunzelnd, bevor ich mich von ihm löse.

"Heute sind alle positiv drauf. Die Kollegen sind alle so nett und zuvorkommend. Im Aufzug haben mir zwei nette Männer Narins Geburtstagskorb abgenommen, weil er so schwer war und gerade hat mich Suzi auch herzlich empfangen." "Sie haben dich auch gut zu behandeln, Shirin." Miran zieht mich zu sich um den Tisch und platziert mich auf seinem Schoß, um mit meinen Locken zu spielen. "Steht heute ein Meeting an? Ich habe mir den Plan nicht angeschaut." "Am Freitag steht eins an. Heute haben wir einen Termin." Oh. "Was für einen?" "Ich habe doch ein Haus gefunden. Der Termin ist heute." Oh, das Haus an der Elbe! Ich bin gespannt. "Wann? Narin und ich wollten Sushi bestellen. Hast du ihr gratuliert?" "Habe ich." "Und was hast du ihr geschenkt?" Daraufhin folgt keine Antwort und sofort ziehen sich meine Augenbrauen zusammen. "Du hast deiner kleinen Schwester nichts geschenkt?" "Sie kann sich etwas aussuchen." "Das ist kein schönes Geschenk! Wir gehen heute für sie einkaufen." "Bestellt euch erst Sushi." "Lass uns doch heute den Geburtstag gemeinsam feiern. Lad Sidar auch ein." "Besprich es mit Narin. Ich gebe Sidar Bescheid." Ich freue mich. Das wird Narin auch sicherlich guttun.

Tollpatschige LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt