Kapitel 9 - Wölfe, die knurren, beißen!

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Felicia

Hoch erhobenen Hauptes stolzierte ich meinem Vater hinterher zu Haus Nummer dreizehn. Die Rädchen meines Koffers, den ich mit Kleidungsstücken und meinen wichtigsten Habseligkeiten vollgestopft hatte, rollten nervtötend über den dunklen Teer. Schon von weitem konnte ich die großen Gestalten von Frankie und Packs erkennen. Packs hatte die Arme vor der Brust verschränkt und lehnte lässig an der Außenfassade unseres neuen Wohngebäudes, während Frankie, der ebenfalls die Arme vor der Brust verschränkt hatte, vor ihm auf und ab lief. Zornig biss ich die Zähne zusammen und holte schnellen Schrittes zu meinem Vater auf.

,,Hast du Frankie und Packs erzählt, dass dies nur eine Testphase ist?'', fragte ich in einem ziemlich gereizten Tonfall.

Mein Vater würdigte mich keines Blickes, als er stur geradeaus schauend erwiderte:

,,Nein. Und du wirst es auch nicht, denn ich möchte das du dieser Sache eine ernsthafte Chance gibst.''

Diese Worte brachten mich zum Lachen. ,,Eine ernsthafte Chance? Das ...'', doch weiter kam ich nicht, denn mein Vater blieb abrupt stehen und packte mit zornig funkelnden Augen mein Handgelenk.

,,Ich möchte jetzt kein Wort mehr hören, Felicia! Du verhältst dich wie ein plärrendes Kind! Wenn Frankie und ich jetzt nicht entschieden hätten, eine Verbindung zwischen dir und Packs zu arrangieren, würdest du ohne mit der Wimper zu zucken weiter mit ihm ins Bett springen! Aber jetzt, wo ich etwas von dir erwarte, für den Club, kommst du auf die Idee, die pubertierende Göre raushängen zu lassen und genau das Gegenteil tun zu wollen?''

Erschrocken starrte ich meinen Vater an, sein fester Griff um mein Handgelenk schmerzte und sein bösartiger Gesichtsausdruck brachte meinen Atem zum stocken. Ich bekam keinen einzigen Ton mehr heraus. Nach einigen Sekunden, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, lockerte mein Vater seinen Griff, seufzte schwermütig und strich eine seiner langen grauen Haarsträhnen aus seinem leicht faltigen Gesicht mit dem grauen Ziegenbart.

,,Wieso machst du es mir nur so schwer, Honey? Ich treffe doch nur die beste Entscheidung für den Club! Frankie ist seit fast dreißig Jahren mein bester Freund und meiner Position gegenüber absolut loyal. Und genauso ist es jetzt auch mit Tommy und Packs. Du als Packs Old-Lady, das ist einfach perfekt. Ihr seid die neue Generation! Die jetzigen Prospects, eure baldigen Members und wir alten Hasen, Frankie, Ohnezahn, Holzfuß, Karli und der ganze Rest, wir werden euch helfen den Club noch stärker zu machen, als er ohnehin schon ist. Aber dafür musst du mir vertrauen, Felicia und dieses geringe Opfer für den Club bringen.''

Ich schluckte schwer und blickte zum grauen, wolkenverhangenen Himmel empor, um die schrecklichen Tränen weg zu blinzeln, die meinen Vater nur wieder sauer gemacht hätten. Nachdem ich als kleines Mädchen unzählige Tage um meine plötzlich verstorbene Mutter getrauert hatte, musste ich meinem Vater versprechen, nie mehr zu weinen. Das hört sich hart an, aber ich war mir sicher, dass mein Vater mich mit der Abnahme dieses Versprechens nur schützen wollte. Er wollte, dass ich stark werde, damit ich niemals wieder so leiden musste, wie ich es zu dieser Zeit getan hatte.

,,Packs wird respektvoll mit dir umgehen und dich immer beschützen, das weiß ich, Honey. Gib ihm eine ernsthafte Chance. Für den Club.''

Meine Lippen bebten, als ich mir mit Mühe ein Nicken abrang. Es war zwar alles andere als das, was ich wollte, doch ich hatte eine Verpflichtung ... gegenüber meines Clubs.

- - -

Ich räumte gerade meine Klamotten in einen leeren, altmodischen Kleiderschrank aus Eichenholz, begleitet von der einmaligen Stimme Ozzy Osbourne's, als ich mich zu meinem Koffer umdrehte und plötzlich einen grinsenden oberkörperfreien Packs im Türrahmen meines neuen Zimmers stehen sah. Erschrocken fuhr ich zusammen, bevor ich auf meine Lautsprecher zumarschierte und hektisch die Musik leiser drückte. Warum ich nicht einfach meine Fuck-Of-Playlist auf dem Handy gestoppt habe? Weil mich Packs durchtrainierter Oberkörper für einen Moment wirklich aus der Fassung brachte, aber das hielt nicht lange an, denn ich musste ihm nur kurz in sein arrogantes Gesicht starren, um wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren. Und diese waren: Er hatte mehr Munition in seinen Oberarmen als in seiner Birne.

Direwolves - Nichts über den Club!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt