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Kaum hatte Melissa ihr Handy mitsamt dem Zettel weggesteckt, flog die Tür auf und Nicolas kam hereingestürmt. Sie wirbelte herum.

»Ich weiß, ich habe gesagt, ich will keine merkwürdigen Geräusche hören. Aber absolute Stille ...«

Prüfend lag sein Blick auf den beiden Frauen. »Was treibt ihr hier?«

Melissa zwang sich zu einem Lächeln und entspannte sich nur langsam, nachdem er sich von ihrem Wohlergehen überzeugt hatte.

»Wir haben uns nur unterhalten. Ich denke, wir sind jetzt fertig.« Melissa hielt es nicht für nötig, Nicolas in ihr Unterfangen einzuweihen. Sie hatte eine Ahnung, dass dieses nicht seine Zustimmung finden würde. Zusammen mit ihm drehte sie sich zur Tür, um den Raum zu verlassen. Sie hatte erfahren, was sie wissen wollte.

»Ihr lasst mich hier zurück? Bei dieser grässlichen Blutsaugerin?« Helenas klagende Stimme hatte beinahe etwas Zorniges an sich.

Abrupt blieb Nicolas stehen und wendete sich wieder zu Helena. Langsam.

Zu langsam.

»Das klingt, als hättest du geglaubt, wir nehmen dich mit ... Was bringt dich zu dieser Annahme?« Melissa verkrampfte sich, als sie Nicolas gefährlich kalte Stimme vernahm, ihre ehemalige Chefin hielt dies jedoch nicht vom Weitersprechen ab.

»Ihr könnt doch nicht einfach ...« Verzweifelt blickte Helena von einem zum anderen, aber als sie auf Nicolas versteinerte Miene traf, kehrte sie sich gänzlich Melissa zu. »Du bist kein schlechter Mensch. Bitte, du darfst das nicht zulassen. Diese Frau, diese Kari, ist ein echtes Monster und ... und es sind so viele Vampire in diesem Haus. Du lässt mich nicht im Stich, oder?«

Nicolas näherte sich Helena bis auf wenige Zentimeter und ging, wie vor einem kleinen Kind, in die Hocke. Lediglich sein Gesichtsausdruck verriet, dass er ganz und gar nicht vorhatte, Helena wie ein Kind zu behandeln. Ein boshaftes Lächeln legte sich auf seine Lippen und sein lauernder Blick ließ das Raubtier in ihn erkennen. Hoffentlich würde Helena jetzt den Mund halten. Warum hatte diese sie auch zurückrufen müssen?

»Und jetzt wünschst du dir, dass ein anderes Monster dich mitnimmt? Weil du glaubst, ich bin das umgänglichere Monster?« Er klopfte sich mit dem Zeigefinger auf die Unterlippe. »Es ist kaum mehr als ein paar Stunden her, da hast du deiner liebreizenden Tochter und ihren Freunden dabei geholfen, ebendieses Monster einzufangen, um es für immer zu beseitigen. Weil ich so sehr zum Fürchten bin. Hat sich das geändert?«

Jede Faser an Helena bebte, doch sie hielt Nicolas Blick stand. »Du ... du würdest mir nichts antun. Du ... Melissa hätte sich nicht auf dich eingelassen, wenn du tatsächlich ein bösartiger Mensch ... Vampir wärst.« Es klang eher wie eine Frage, als wie eine Feststellung.

»Du könntest mich gehen lassen.«

Nicolas hob eine Augenbraue. »Dich gehen lassen? Warum sollte ich das tun?«

»Ich habe ... habe darauf bestanden, dich nicht umzubringen. Ich habe immer wieder darauf beharrt. Du bist nur noch am Leben, weil ... weil ich für dich Partei ergriffen habe.«

»Also soll ich dir dankbar sein, weil du mich nicht umgebracht hast?« Abrupt fiel das Lächeln aus Nicolas' Gesicht. Melissa war mit kaum wahrnehmbaren Schritten an die beiden herangetreten, in der Absicht, Nicolas abermals von Helena wegzuziehen. Doch als sie seine finstere Miene erblickte, zögerte sie, ihn zu berühren. Was sie sah, hatte kaum noch etwas mit dem Nicolas, den sie kennengelernt hatte, zu tun. Dieser Ausdruck an ihm war ihr erst ein einziges Mal begegnet.
Kurz bevor er getötet hatte.

Stumm schüttelte sie den Kopf in der Hoffnung, Helena damit am Weitersprechen zu hindern, doch diese konnte ihren Blick nicht von dem drohenden Raubtier vor ihr abwenden und nahm Melissa kaum wahr. Mit schriller Stimme sprach Helena weiter: »Dankbar ... Ja, ja genau! ... Du könntest das Gleiche für mich tun.« Ihre Mundwinkel zogen sich krampfhaft nach oben, doch anstatt eines Lächelns erschien das verzerrte Abbild einer Verrückten.

♥︎Bad Salvation♥︎ - The Girl With The VampireWhere stories live. Discover now