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Anklagend sahen Tara und Adam ihn an, als hätte er diese unwillkommende, irritierende Frau eigenhändig vor die Tür gesetzt. Dabei war sie freiwillig gegangen, er hatte lediglich für etwas Motivation gesorgt.

Sie gehörte nicht in dieses Haus.

Zwar wäre ein weniger dramatischer Abgang genauso akzeptabel gewesen, aber das entsprach offensichtlich nicht ihrem Naturell. Egal, sie war fort. Sollte sie doch bei Wind und Regen alleine in der Nacht herumlaufen. Nicht seine Sache. Nicolas weigerte sich, diese Melissa zu seinem Problem zu machen – das war sie sowieso schon mehr, als ihm lieb war. Und er verstand nicht, warum Tara und Adam genau dies versuchten. Okay, sie hatten Mitleid mit ihr und sie ihm Wald eingesammelt, aber – zum Teufel noch mal – das war kein Grund, sie hier gleich einziehen zu lassen. Ein fremder Mensch, in einem Haus voller Vampire – und die anderen behaupteten von ihm, dass er unüberlegt handelte.

Es stimmte, es war ein törichter Fehler gewesen, in dieser Stadt, in welcher sie ihre Residenz hatten, auf Beutefang zu gehen. Ebenso hätte er seine Trinkquelle sorgfältiger auswählen sollen und keine fremden Menschen fortlaufen lassen, die seine Art der Nahrungsaufnahme beobachtet hatten.

Er hatte sich grob fahrlässig verhalten. Seine Unüberlegtheit brachte sie alle in Gefahr.
Aber einen Menschen ins eigene Haus zu holen, einen Fremden, toppte seine eigenen Vergehen bei weitem. Wie sollten sie unauffällig bleiben, wenn diese Frau bei Adam wohnte? Sie hätte die Wahrheit über ihre Natur schneller herausgefunden, als allen lieb sein konnte. Und dann? Was hätte die Fremde mit diesem Wissen angefangen? Offene Konfrontation? Oder wäre sie ihnen heimlich in den Rücken gefallen? Das hatte es alles schon gegeben. Nicolas hatte zu viel in seinem Leben gesehen und gehört, um so unbedarft zu sein – anders als Adam. Aber wie konnte Tara so fahrlässig handeln? Niemand konnte vorhersehen, was diese Frau für ihre kleine Gemeinschaft bedeuten würde – außer unnötige Komplikationen, das schrie sein Instinkt.

Er hatte tätig werden müssen, auf Taras und Adams Vernunft brauchte er nicht zu hoffen. Aber das Unternehmen war riskant gewesen – und etwas impulsiv. Als er seine Zähne diesem wunderbar weißen Hals näherte, hatte er sich kaum beherrschen können. Dass seine rasende Wut nicht gespielt war, machte die Situation nur kritischer. Was Marlon ihm über die Verbindung zwischen dieser Frau und ihm gesagt hatte, trieb ihn zur Weißglut. Niemand band ihn an nichts. Niemand hatte das Recht, ihn in irgendeiner Art einzuschränken. Und schon gar nicht, ihm seine Bewegungsfreiheit zu rauben. Niemals.

Und erst der Gedanke daran, wie das Blut dieser Frau schmecken würde ... alleine ihr Geruch brachte ihn an den Rand seiner Selbstkontrolle. Und es wäre eine so mühelose, schnelle Lösung gewesen ...

Aber er hatte sich auf Tara verlassen können. Fast zögerte sie zu lange, bis sie sich ihm entgegenstellte.

Hätte Tara ihn gewähren lassen ...

Amia hätte niemals wieder ein Wort mit ihm gewechselt, wenn er weiter gegangen wäre.

Nicolas hatte mehr die Kontrolle über sich verloren, als er zugeben wollte. Das war ihm seit einer Ewigkeit nicht mehr passiert. Er hätte nicht über einen Menschen herfallen dürfen, in Adams und Amias Haus – in Amias Anwesenheit. Nicht einmal zur Abschreckung. Amia hielt es nicht aus, andere Wesen leiden zu sehen. Sie litt mit jedem und alles mit und jemanden nicht helfen zu können, bereite dem Kind Höllenqualen. Und Nicolas ertrug es wiederum nicht, Amia leiden zu sehen. Nie wieder durfte er sich so vergessen. Er hätte dieses Problem durchaus etwas verschieben können und es später lösen, stillschweigend. – In aller Heimlichkeit hätte er sie fortbringen können.

Aber jetzt war es zu spät. Er hatte Amia versprechen müssen, Melissa nichts anzutun, und er war sich sicher, dass das Entführen aus diesem Haus gegen dieses Versprechen verstieße. Amia vertraute ihm. Blind. Und auf eine eigentümliche Art genoss Nicolas dieses Vertrauen. Er würde sich an dieses Versprechen halten, komme, was wolle.

♥︎Bad Salvation♥︎ - The Girl With The VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt