Kapitel 3

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Wir betreten das Wohnzimmer und es ist, wie ich's in Erinnerung hab. Alte Möbel und viele Gäste in Abendkleidern und Anzügen. Ich spüre, dass außer mir hier kein einziger Mensch dabei ist. Jetzt hab ich wirklich Angst.
"Bewahre die Ruhe, Lilith. Christopher hat dir schon versichert, dass keine Gefahr besteht.", sagt Joshua.
"Vampire nehmen Gefühle wahr, also folge lieber Joshuas Vorschlag.", verdeutlicht Aurora und zeigt beiläufig ihre langen Eckzähne.
Manche Köpfe drehen sich in meine Richtung und ihre Augen betrachten mich hungrig. Langsam trete ich ein paar Schritte zurück. Aber ich stoße gegen Joshua. Seit wann steht er hinter mir?
"Ich wiederhole es zum dritten Mal, du brauchst keine Angst zu haben.", sagt er leise.
In seiner Stimme gibt es keine Drohungen wie bei Christopher und keinen bösen Spott wie bei Aurora, aber eine bestimmte Härte, die er so gut versteckt. Wieso meinte Christopher, dass Joshua gefährlich ist?
Der Junge legt die Hände auf meinen Rücken und bewegt mich voran.
"Weil ich es bin. Und jetzt mache dir keine Gedanken darüber, was dich nicht interessieren soll.", flüstert er kaum hörbar und nicht mehr so sanft.
Widerwillig folg ich Christopher und Aurora, die wundersamer Weise nichts zu unserem Gespräch sagen. Joshua geht immer noch hinter mir. Offensichtlich damit er mich aufhält, wenn ich weglaufen wollen würde. Das hätte ich zwar gern getan, aber man sagt, dass Vampire unglaublich schnell sind. Also welcher Sinn? Wieso soll ich mir umsonst die Mühe machen?
Zwischen all den Gesichtern erblicke ich Miguel und er starrt mich mit genauso hungrigen Augen an wie die anderen. Jetzt weiß ich zumindest, warum ich weglaufen sollte.
"Auch er ist keine Gefahr.", beharrt Christopher mit seiner wie immer kalten Stimme.
"Na gut, ich versuche dann mal, Ihnen zu glauben. Was mir unglaublich schwer fällt..."
Joshua grinst und auch Aurora bekommt einen Anflug vom Lächeln.
"Nun, meine Gäste, kommen wir zurück zu unserer unterbrochenen Zeremonie.", kündet Christopher diesmal kräftiger also auch lauter an.
"Diana hatte die Entscheidung getroffen, sich unserer Gemeinde anzuschließen und ihr schon bald ewiges Leben mit Maximilian weiterzuführen. Und nun schlage ich vor, hinunterzusteigen, ihnen die Gesellschaft zu leisten und Maximilian unsere Kräfte anbieten, um der Verwandlung beizustehen."
Wieder runter...? Verwandlung?!, unterbreche ich selbst meine Gedanken. Sie wollen ein vielleicht genauso altes Mädchen wie ich zu einem Vampir machen? ...und mich dabei zusehen lassen? Nein, ich werde ganz bestimmt nicht freigelassen.
Und wieder fällt mich was ein: 'Die anderen bestreiten, dich als Opfer zu nehmen.' Werden sie jetzt diese Diana verwandeln oder nicht? Ist sie vielleicht das Opfer?
Es ist schon lange still im Raum, nur Christopher redet, doch wegen all meinen Gedanken kann ich mich nicht auf seine Worte konzentrieren.


<Warte doch einfach ab, du wirst alles selber sehen, du wirst als Zuschauer zugelassen.> ertönt wieder Joshuas Stimme in meinem Kopf.
Ich dachte, die - wie hieß das nochmal? - Gedankenübertragung wurde ihm verboten.
<So ist das, aber ich folge den Befehlen nicht.>
Ihr könnt die Gedanken also doch lesen., denke ich an Joshua gewandt.
<Ich kann es.>
Christopher wirft Joshua einen Seitenblick zu und der verstummt. Dann dreht er sich zu mir um.
"Du kommst mit.", bestimmt der Mann.
"Ich will daran nicht teilnehmen.", widerspreche ich.
"Wenn dir keine Auswahl zur Verfügung steht, kannst du dich nicht zwischen zwei Sachen entscheiden."
Mehr als seufzen kann ich nicht. Aurora verdreht etwas später die Augen. Wenn sie eine Aufgabe erhalten hat, dann gefällt sie ihr nicht. Joshua schnaubt und es passt endlich zu seinem Kind - Aussehen. Christopher geht los und die Menge folgt ihm. Genauer genommen ist es so: Aurora folgt ihm, ich muss zwischen ihr und Joshua laufen und alle anderen sind hinter uns. Haha, Joshua hat sich also doch als nützlich erwiesen.
Wir nehmen wieder die alte, oder lieber altmodische Wendeltreppe. Unter der Erde gibt es einen ganzen Labyrinth! Gut, vielleicht liegt es daran, dass ich mich im Kerzenschein schlecht orientieren kann. Unser Ziel ist ein Raum mit einem Kreis aus Kerzen und einem großen schwarzen Bett mittendrinn.

Zu Hause bei den Vampiren Where stories live. Discover now