Kapitel 27

2.1K 122 0
                                    

Ich merke, wie ich langsam einschlafe. Doch ehe ich's schaffe, tauchen Beine vor mir auf und ich blicke hoch.
"Hallo Joshua, lange nicht gesehen."
Der Blick des Junges wandert von mir zu Miguel, der ihn ebenfalls ansieht.
"Hast du ihr Drogen oder so gegeben?", fragt er ihn misstrauisch.
"Nein! Aber wir warten schon so lange auf dich und die Zeit, wo man nichts tut, macht einen müde.", entgegnet Miguel.
"Aaha.", erwidert Joshua mit etwas gehobenen Augenbrauen. "Ihr kommt mir komisch vor."
"Werdet ihr mich heute trainieren?", wechsle ich schnell das Thema.
"Ja. Wenn du natürlich aufstehst.", lächelt der Vampirjunge.
"Was ist, wenn wir in dieser Woche nicht fertig werden?"
"Dann haben wir großes Pech. Darum ist es besser, wenn wir alles schaffen. Strenge dich bitte an."
"Und du willst mir immer noch nicht verraten, was auf mich zukommt?"
"Ich darf das nicht. Und jetzt steht auf, es sind schon zwei Stunden seit deinem Aufwachen vergangen."
Widerwillig folge ich den beiden Vampiren diesmal in das Wohnzimmer. Was haben wir denn hier verloren? Der Junge bedeutet uns, Platz zu nehmen. Diesmal setzte ich mich auf das kleinere Sofa, gegenüber den Vampiren.
"Theoretisch genommen könnte jeder Vampir in deinen Geist eindringen. Wir machen das natürlich ebenfalls bei Menschen, nur für unser Bestes.", erzählt Joshua und ich weiß schon, worauf er hinauswill und was wir heute vorhaben. "Aber da das Trainieren an Menschen diesen schaden kann und unsere Gemeinde es nicht duldet,"
"Wirst du das an mir machen.", beendet Miguel Joshuas Rede.
"Eure, wie du es nennst, Gemeinde tut den Menschen nichts an?", wundere ich mich und blicke zuerst den Jungen und dann meinen Freund an.
"Nicht, wenn dazu keinen Grund gibt. Sie nur für Training zu benutzen, ist egoistisch.", antwortet Joshua.
Wow, wie ehrenhaft.
"Wer gehört in eure Gemeinde?", lasse ich nicht nach.
"Alle, die auf der Feier waren. Und jetzt lass uns mit deiner Aufgabe anfangen."
"Wartet, letzte Frage. Alle, die nicht zu dieser Gemeinde gehören..."
Ich kann den Satz nicht beenden, da ich von Miguel unterbrochen werde.
"Ja, sie töten Menschen, habe es auch keinen Grund. Einfach nur aus Spaß. Oder Langeweile."
Ich erstarre. Eigentlich weiß jeder, dass Vampire Menschen töten, aber aus Langeweile...
"Ey, Lilith!", winkt Miguel mit der Hand vor meinem Gesicht.
Ich zucke kurz zusammen.
"Ja, ja, alles ok. Erklärt mir, wie das geht."
"Miguel, öffne deinen Geist.", bittet Joshua und der Genannte nickt mit den Augen.
Für mehrere Sekunden schließt er die Augen und entspannt sich, öffnet die Augen wieder. Hm, ich muss Joshua später fragen, ob ich meinen Geist auch öffnen kann. Aber wozu eigentlich?
"Das Einfachste,", fängt Joshua an. "Gedanken lesen. Konzentriere dich auf Miguel und darauf, was er denken kann. Du hast dich übrigens richtig hingesetzt. Schau ihm in die Augen. Versuche, HINTER seine Augen zu blicken."
Miguel lächelt mich schief an, womit er mir wohl sagen will, dass ich anfangen soll. Und ich mache das. Meiner Meinung nach ist diese Aufgabe das Schwerste, was ich bis jetzt machen musste. Doch ich lege mich ins Zeug, damit ich zumindest irgendwas schaffe. Es wird zu meinem Besten sein, wenn ich das später kann.
Hallo, Blümchen!, höre ich plötzlich Miguels Stimme, doch er hatte seinen Mund nicht aufgemacht.
"Ich hab's geschafft?", frage ich verwundert.
Es folgt zufriedenes Nicken und die Vampire lächeln mich an.
"Ich hab's geschafft!", wiederhole ich aufgeregt. "Ich hab endlich etwas geschafft!"
Mit dieser Aussage waren die beiden Jungs eher nicht einverstanden, aber was interessiert mich ihre Meinung.
"Nochmal.", befehlt Joshua in seinem gewöhnlichen netten, warmen Ton.
Ich sammle und konzentriere mich wieder. Zumindest weiß ich jetzt, wie das geht und wie ich diesmal vorgehen soll. Das macht die Sache einfacher und ich höre Miguels Gedanken, die mir übrigens Komplimente machen. Als Nächstes aktiviert er ein bisschen seinen Schutz und ich wiederhole den Vorgang mit mehr Kraft. Der Vampir stärkt mit jedem Mal seinen "Schutz", doch jedes Mal schaffe ich, hindurchzudringen und seine Gedanken zu lesen. Und während Miguels Blick immer überraschter wird, wird Joshuas Lächeln immer breiter und zufriedener.

Zu Hause bei den Vampiren Where stories live. Discover now