Kapitel 18

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Als Miguel das Wort Reflexe sagte, wunde mir gleich klar, dass ich hier nicht ohne blaue Flecke wegschaffe. Er verdeutlicht das Gefühl, indem er mir die Aufgaben nennt.
"Als Aufwärmung musst du vor Bällen ausweichen, die wir nach dir werfen. Das Gleiche wiederholen wir mit Steinen. Wie du siehst, gibt es hier genug davon."
Er führt mit dem Fuß auf dem Boden hin und her und kurz zeigt sich ein Lächeln auf seinem Gesicht.
"Und zuletzt - ich hoffe, das schaffen wir noch - kämpfen wir."
"Um genauer zu sein, kämpfen wir und du weichst wieder einmal aus.", sagt Joshua.
Mit jedem Satz werden meine Augen größer und ich erstaunter. Bälle nach mir werfen? Steine? Kämpfen?! Nie im Leben! Ich trete langsam zwei Schritte zurück.
"Nein, Jungs, da mach ich ganz sicher nicht mit."
Joshua steht plötzlich hinter mir, legt die Hände auf meinen Rücken und stößt mich vor, sodass ich fast auf Miguel falle.
"Du brauchst keine Angst zu haben. Los, wir müssen uns beeilen.", hetzt mich der Junge dabei an.
"Keine Angst haben?", schreie ich und drehe mich zu ihm um. "Keine Angst? Ich habe keine Angst!" Ich blicke zwischen den beiden Vampiren hin und her. "Ich hab Schiss!! Ihr wollt mich mit Steinen bewerfen und mit mir kämpfen! Und das nennt ihr <Reflexe trainieren>?!"
"Lilith, beruhig dich mal. Jeder Neue wird so trainiert. Du hast unsere Kräfte, dir wird nichts geschehen.", versichert Miguel gelassen.
"Ja, ja. Ich weiß doch, dass es mit mir anders geht, als mit anderen, habt ihr gestern selber gesagt.", ärgere ich mich, schreie aber nicht mehr.
"Trotzdem wirst du ausweichen können.", widerspricht immer noch Miguel. "Und jetzt wirklich an die Arbeit.", winkt er mir zu und geht los.
Da ich ihm nicht folgen will, umklammert Joshua meinen Arm mit seinen Beiden und zieht mich mit eisernem Griff voran.
Fünf Minuten lang haben wir uns von der Villa entfernt. Jetzt bleiben wir endlich stehen.
"Du stehst hier.", kündet Miguel an und zieht mit einem Stock um mich herum einen Kreis, dessen Radius kaum größer als ein Meter sein kann.
Schmollend blicke ich zur Seite. Was wollen die?! Dass ich bei diesem idiotischen "Training" mitmache?
Ne, träumt weiter., denke ich an die Vampire gewandt.
"Wenn du keine Verletzungen kriegen willst, musst du wohl mitmachen, unabhängig davon, ob es dir gefällt oder nicht.", kommentiert Joshua meine Gedanken.
"Werdet ihr mich auch lehren, einen Schutz vor deinem ständigen Reinplatzen in mein Kopf aufzubauen?", frage ich giftig.
Der Junge überlegt eine Weile, während der zweite Vampir weiter den Platz vorbereitet.
"Je nachdem wie du dich benimmst.", antwortet er schließlich ernst, aber mit Anflug von einem Lächeln.
Super! Joshua dreht sich um und geht zu Miguel, der sich schon auf zehn Meter entfernt hat.
"Und ihr wollt mich jetzt wirklich von da abwerfen?", frage ich misstrauisch und mache mir nicht mal die Mühe, etwas lauter zu sprechen.
Sie sind Vampire, sie können mich ausgezeichnet hören.
"Wollen ist zu laut gesagt. Müssen stimmt mehr.", antwortet mir Joshua im gleichen Ton.
Mann, ja sogar ich kann sie hören. Ach, ich bin jetzt doch auch ein Vampir. Doof, so etwas zu vergessen während das passiert. Ich atme mit geschlossenen Augen unzufrieden durch und sammle mich. Doch etwas trifft mich schmerzhaft am Bein, ich öffne die Augen und schreie gleichzeitig auf:


"Autsch!"
Unschuldig breitet Miguel die Arme aus.
"Ich dachte mir, wir fangen gleich mit Steinen an und verschwenden nicht die Zeit.", lächelt er.
"Warnen könntet ihr mich aber!", rege ich mich auf und reibe mir die Stelle, wo der freche Vampir mich getroffen hat.
"Wir dachten, du konzentrierst dich schon.", zuckt Joshua ebenfalls lächelnd die Schultern.
Eine Verschwörung gegen mich also? Die beiden werden noch sehen... Gleich mit Steinen anfangen also?
Ich sehe mich nachdenklich um.
"Was suchst du?", ruft Miguel
"Hast du etwas verloren?", und Joshua gleichzeitig.
"Nein, nein. Nichts, nichts.", antworte ich scheinheilig.

Zu Hause bei den Vampiren Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt