Kapitel 36

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Vor Kurzem sind Joshua, Miguel und ich zurück in das Haus gekommen. Dann ist Aurora hochgekommen und "bat" Miguel nach unten zu Christopher. Jetzt sitzen Joshua und ich im Esszimmer, vor mir ein leerer Teller.
"Ohh, was will Christopher von euch die ganze Zeit?", rege ich mich auf.
"Es hat immer seine Wichtigkeit."
"Aha, super. Joshua, hast du was dagegen, wenn ich in mein Zimmer gehe?"
Ehrlich gesagt will ich aus einem anderen Grund nach unten. Ich hoffe, ich werde Miguel und Christopher hören. Zu groß ist meine Neugierde. Joshua kriegt für eine Sekunde einen anderen Gesichtsausdruck - ich kann das nicht anders als überrascht beschreiben -, bevor er mich anlächelt. Er war wieder meinen Gedanken gefolgt...
"Ja, sicher darfst du in dein Zimmer. Ruh dich aus."
Er strahlt vor Freundlichkeit. Wieso muss der Junge immer in meinem Kopf rumlauern?
Jedenfalls fliehe ich aus dem Raum, die Wendeltreppe nach unten. Langsam bewege ich mich durch den dunklen Gang und lausche.
"Ich geh morgen nirgendwohin!", brüllt Miguel aus irgendeinem Zimmer. "Ich weiß, dass Lilith bald sterben muss. Ich werd jetzt nicht von ihrer Seite weichen!"
"Und ich sage, du gehst morgen auf die Jagt. Ich dulde keinen Widerspruch.", entgegnet Christopher kalt und bestimmt, sodass man ihm eingentlich nicht wirklich widersprechen kann.
Also zumindest ich hätte das nicht geschafft. Nun beschleunige ich meine Schritte, da ich nicht gesehen werden will. Ich mache das Licht in meinem Zimmer an, weil es so gemütlicher ist, und plumpse auf das Bett. Miguel muss also morgen auf die Jagd... Als er es das letzte Mal musste, hat mir Joshua beim Schutzerstellen geholfen. Ab morgen bleiben mir nur zwei Tage zu leben. Irgendwas läuft hier schief... Ich darf mich nicht so sorgenlos verhalten.
Ich kann überhaupt nicht einschlafen und wälze mich in Versuchung die ganze Zeit hin und her. Als ob das helfen würde!

Irgendwann nachmittags bin ich schließlich eingeschlafen. Doch jetzt wecken mich Geräusche hinter der Tür auf. Ich stöhne genervt und drehe mich auf die andere Seite. Eigentlich würde ich jetzt gern weiterschlafen. Aber nein doch! Der Schlaf hat mich verlassen. Noch paar Sekunden liege ich regungslos im Bett, schlage dann die Augen auf und starre die Tür an. Miguel, geh nicht... Es überrascht mich selbst, dass ich auf solche Gedanken komme. Aber ich hab noch immer ein schlechtes Gefühl, was die Sache mit dem Tag meines Todes angeht. Stille füllt den Raum ein und ich setze mich auf. Diesmal steht mein Essen noch nicht auf dem Tisch. Doch es klopft an die Tür. Es ist leicht zu erraten, wer reinkommt. Joshua.
"Gute Nacht. Schon wach?"
"Hey. Geht so. Miguel muss wieder auf die Jagd?"
Der Junge stellt das Tablett auf dem Bett ab und bleibt vor mir stehen.
"Du kennst die Antwort schon. Oder zweifelst du ein deinem Gehör?",, lächelt er ein bisschen.
"Ich dachte nur... Ach, egal."
Ich fange an zu essen, nachdem ich mich dafür bedankt habe.
"Eigentlich wurden wir beide davon befreit, solange du hier bist, aber es muss geholfen werden, wozu Miguel befördert wurde.", erzählt Joshua.
Solange ich hier bin??? Hat er sich gerade versprochen?
Der Vampir dreht sich mit dem Rücken zu mir und geht los.
"Und ich muss dir noch eine Sache beibringen.", fügt er unglücklich hinzu. "Ich werde dich abholen."
Dann ist er aus der Tür. Ich habe gemerkt, dass er traurig und nachdenklich ist. Mann, was geht hier vor? Wenn alles so weitergeht, werd ich einen Nervenzusammenbruch haben!
Eine Sekunde nachdem ich aufgegessen hab, klopft es wieder an die Tür. Sie geht auf und Joshua erscheint im Durchgang.
"Folge mir.", winkt er mir zu, wartet bis ich aufstehe und geht los.
Etwas hat sich in seiner Laune verändert. Im Gegensatz zu jetzt war er davor noch fröhlich. Ich gehe hinter dem Jungen her, bis wir schließlich den schalldichten Raum betreten. Joshua lässt mich vor und schließt hinter uns beiden die Tür zu. In der Zimmermitte steht der bekannte Kerzenständer. Der Vampir setzt sich auf den Boden, wie immer im Schneidersitz. Ich mache es ihm nach.
"Du machst mir Sorgen, Joshua.", sage ich zögerlich.
"Ich muss mich bei dir Entschuldigen.", fängt er ernst und traurig an. "Ich bin hinterhältig und du wirst jetzt alle Gründe haben, um mich zu hassen."
Vielversprechender Anfang.
"Zuerst eine Tatsache. Alexandra will dich als Waffe gegen andere Vampire benutzen."
Was??
"Aber sie wollte doch-!"
"Gewiss, anfangs wollte sie dich noch gehen lassen. Aber dann hatten sowohl die Anführerin, als auch unsere Ältesten ein Gespräch mit unserem Gegenteil."
Gegenteil? Wen meint er?

"Mit den menschenmordenden Vampiren?", rate ich.
"Ja. Sie wollen einen Krieg. Christopher wollte dich schon von Anfang an töten. Alexandra hat es ihm verboten. Außerdem war es ihm dank deines Schutzes nicht möglich. Doch er verstand, in wessen Macht dies steht."
"In deiner..."
"Ja... Deswegen liegt es jetzt an mir, dein Leben zu nehmen. Aber ich tue es aus guten Gründen."
Was, was, was?! Welche gute Gründe kann es für meinen Tod überhaupt geben?!
"Ich will nicht, dass deine Kräfte in einem Krieg benutzt werden. Ich will nicht, dass du leidest. Ich will nicht, dass du überhaupt in einen Krieg verwickelt wirst. Wenn du danach überlebst, wirst du nicht mehr die jetzige Lilith sein. Und ich kann dich auch nicht freilassen, da Alexandra dich sofort finden wird. Es tut mir so leid..."
Ich starre ihn nur entsetzt an und schweige. Er hat es die ganze Zeit über gewusst. Er hat gewusst, dass er mich töten muss und töten wird. Er hat es gewusst und sich trotzdem nicht an Alexandras Befehl gehalten.
"Joshua..."
"Ich entscheide hier nichts... Ich kann dich nirgendwie retten und nicht um Verzeihung bitten."
Deshalb ist Miguel jetzt auf der Jagd.
"Tut mir leid.", wiederholt der Junge nach einem Seufzer.
Dann bekomme ich Druck in den Ohren.
Joshua, bitte...
Mit jeder Sekunde tut mein Kopf heftiger weh und der Druck verstärkt sich. Joshua verdrängen, Joshua verdrängen., wiederhole ich und hoffe, dass das klappt. Raus aus meinem Kopf! Bitte!
"Joshua, bitte, hör auf.", flehe ich den Vampir an.
"Es tut mir so leid. Du darfst Vampiren nicht vertrauen."
Sowohl der Druck als auch die Kopfschmerzen verstärken sich noch mehr. Ich höre wieder das komische Kreischen. Ich presse meine Hände doller an die Ohren. Joshua verdrängen. Joshua verdrängen. Joshua verdrängen!!! Als ob das klappen würde!
"Joshua! Hör auf! Bitte hör auf!!! Ich kann das nicht ertragen! Stopp!!!"
Doch es wird alles nur noch schlimmer und Joshuas Augen sind mit Mitleid und Schmerz gefüllt. Ich stöhne-schreie auf. Es tut so weh! Es tut verdammt weh!
"Hör auf!!!"
Die Dunkelheit breitet sich langsam vor meinen Augen aus und frisst den Jungen auf.
"Ich will nicht sterben...", flüstere ich und Tränen fließen in Strömen meine Wangen hinunter. "Joshua... Ich will noch nicht sterben..."
Es wird alles noch einen Tick schlimmer und die Schmerzen lassen mich zusammenkrümmen.
Das Letzte, was ich dann noch höre, ist ein leises Tut-mir-leid.

Fortsetzung folgt im Buch 2...

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Ein großes Danke an alle, die meine Geschichte gelesen haben. Ich hab euch ganz lieb und hoffe, ihr hattet Spaß. <3 <3 <3
Eure Once

Zu Hause bei den Vampiren Where stories live. Discover now