Kapitel 24

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Im Garten versucht Miguel, mich zur Fröhlichkeit umzustimmen. Leider schafft er das auch. Doch der Vampirjunge Joshua zeigt sich mir überhaupt nicht. Gewissensbisse?

Die nächste Nacht fängt wie immer an: essen - nein, heute kein Blut -, duschen und danach rausgehen.
"Wir wollen dir heute paar Kampfübungen zeigen.", sagt Miguel, als er in fünfzig Metern von der Villa entfernt stehen bleibt.
"Außerdem wird es heute nicht so lange dauern, Maximilian wollte Diana hochbringen, um mit uns die Zeit zu verbringen.", fügt Joshua hinzu.
"Damit sie mich wieder angreift?", frage ich unzufrieden.
"Solch einen Versuch wird Diana nicht mehr starten. Sie müsste schon bei sich sein. Sonst würde Maximilian sie nicht herausbringen, er ist nicht so dumm.", erwidert der Junge.
"Das hoffe ich.", meine ich leise.
Joshua schnaubt, Miguel macht "hm", was ich als Lachen deute. Dann reibt der Letztere die Hände.
"Los geht's.", kündet er an. "Ich fange an."
Und in den nächsten drei Stunden kriege ich ganz schön viele Schläge ab und man muss mir alles mindestens dreimal erklären. Es wird zwar stressig für die beiden Vampire, doch mich amüsiert das.
Nun gehen wir zurück zum Haus.
"Ich werde Christopher sagen, er kann dich selbst trainieren.", seufzt Miguel erschöpft und öffnet die Tür.
"Ich weiß schon, was er dir darauf antwortet.", grinst Joshua, schleppt sich kraftlos durch den dunklen Flur.
"So etwas wie <träum weiter>?", rate ich und erhalte ein kurzes Nicken von beiden Begleitern.
Das bringt mich zum Lächeln, welches aber bald verschwindet.
"Ey, aber so schlimm ist es mit mir auch wieder nicht!", sage ich aufgeregt.
Jetzt ist Schulterzucken die Antwort. Wir betreten das Wohnzimmer mit schon zugezogenen Vorhängen, nehmen schnell Platz auf dem Sofa.
"Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich mich an dich anlehne.", erkundigt sich Joshua.
Er wartet aber nicht, bis ich ihm widerspreche, sondern tut gleich das Gesagte und sein schwerer Kopf landet auf meiner Schulter.
"Hoffe ich auch.", erwidert Miguel und macht dem Jungen nach.
"Euer Ernst?", stoße ich aus.
"Natürlich.", höre ich gleichzeitig von beiden Seiten.
"Du hast uns die ganze Kraft geraubt.", fügt Joshua hinzu.
Ich wette, er spielt alles vor.
"Geht runter, ich bin auch müde.", meine ich empört.
"Dann schließe dich uns an.", schlägt Miguel ruhig vor.
Ich seufze nur machtlos. Ohne Wahl lege ich meinen Kopf auf den von Miguel und schließe meine Augen. Die fünf Minuten Stille unterbrechen langsame Schritte, die ich aus Richtung Treppe höre. Ich öffne wieder die Augen. Maximilian und Diana betreten den Raum. Der Mann sieht seine Freundin unsicher an und sie wirft mir hungrige Blicke zu.
"Du riechst lecker, nach Mensch. Ich würde gern nochmal dein Blut trinken. Max sagt aber, du bist eine von uns. Wie soll ich da klarkommen?", spricht mich die junge Frau an.
"Wir glauben, meine Mutter-", fange ich an, werde aber gleich unterbrochen.
"Kann das vielleicht daran liegen, dass du gezeichnet wurdest? Oder wurdest du vor Kurzem gewandelt und ich halte dich deswegen für einen Mensch?", redet Diana weiter.
"Diana...", redet Maximilian sanft auf sie ein, doch sie hört nicht zu.
"Das köstliche Blut rauscht in deinen Adern... Nur ein Schluck, darf ich?"
Irgendwie macht sie mir Angst.
"Diana, aufhören.", befehlt Joshua hart.
Die Vampirin müsste seine Macht gespürt haben, da sie sofort ihren Mund hält.
Danke., sage ich in Gedanken und höre gleich ein Bitte.
"Deine Sinne irren dich. Lilith ist eine von uns.", verteidigt mich Miguel.
"Okay, okay, ihr müsst nicht gleich aggressiv werden!", entgegnet Diana.
Wer war da aggressiv? Sie wollte mich gerade beißen!
"Wir waren nicht aggressiv.", wiederspricht Miguel.
"Ist ja gut! Ich werde deiner Freundin schon nichts antun.", regt sich Diana auf.
"Hört bitte mit dem Streiten auf. Ich will reden und nicht disskutieren.", unterbricht Maximilian die Streitenden unzufrieden. "Lilith, wie sieht es mit deinem Training aus?"
"Geht so...", antworte ich, überrascht, dass er mit mir anfing.
"Ich habe gehört, du hast Schwierigkeiten.", fährt der Vampir interessiert fort.
"Es ist ganz normal, weil sie keine Neugeborene ist. Ihre Kräfte schliefen, und das Erwecken dauert selbstverständlig eine Weile.", erwidert Joshua anstatt meiner.
Er legt seinen Kopf, den er inzwischen gehoben hat, wieder auf meine Schulter und schließt die Augen. Ist der Junge wirklich so müde? Ich hätte die Geste gar nicht erwartet, vor allem nicht, wenn ein anderer Vampir dabei ist. Ach, welche Überraschungen verbirgt Joshua noch?
Es ist wirklich anstrengend, dir die ganze Zeit zu wiederholen, dass du nicht in fremden Angelegenheiten grübeln sollst., ertönt seine Stimme in meinem Kopf.
Hab ich wirklich geschafft, einen Schutz vor anderen aufzubauen? Irgendwie ist es nicht glaubwürdig.
Dann mach das doch nicht. Es sind nur reine Überlegungen., denke ich an Joshua gewandt.

Zu Hause bei den Vampiren Where stories live. Discover now