Kapitel 12

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Die Tür wird geöffnet und Miguel betritt den Raum. In der einen Hand hält er ein Glas Wasser und in der anderen die Packung mit Tabletten.
"Ah, du bist endlich zu dir gekommen, gute Nacht. Hier, das brauchst du doch."


Er kommt zu mir und gibt mir das Glas. Dann holt er zwei Tabletten aus der Packung. Joshua steht auf und hilft mir, mich aufzusetzen. Mit Vergnügen trinke ich das Wasser.
"Lilith hat gerade gefragt, was passiert ist.", wiederholt Joshua für Miguel.
Dieser nimmt Platz am Fußende des Bettes und Joshua setzt sich wie vorher auf den Boden.
"Diana hat dich angegriffen. Sie hätte schlafen müssen, das war jedem klar. Sie hat auch geschlafen. Aber der Geruch deines Blutes hat sie, glaub ich, aufgeweckt.", erklärt Miguel.
"Das ist meine Schuld, es tut mir leid. Ich hätte dich nicht allein gehen lassen sollen. Es ist schon das zweite Mal, wo du sterben konntest. Und diesmal standen die Chancen wirklich hoch, so 90% würde ich schätzen.", meint der Junge.
"Diese Aufmunterung hilft wirklich nicht.", entgegne ich unbeeindruckt.
Miguel lacht leise.
"Na ja, dein Glück, dass ich nicht geschlafen hab, oder überhaupt in der Nähe war.", fährt Miguel fort.
Er soll mal nicht so selbstzufrieden sein. Aber mich kümmert eine andere Sache.
"Warum hilfst du mir denn?", frage ich verständnislos.
"Ey, mein Vorschlag <du und ich in alle Ewigkeit> war kein Scherz.", schnaubt er.
"Verarsch mich ruhig weiter. Hey, du wolltest mich umbringen."
"Also das ist nicht wahr. Wollen tat ich das nicht. Außerdem musste ich schon dafür büßen."
Er zeigt mit dem Zeigefinger auf sein linkes Auge. Ich verenge die Augen und sehe genauer hin. Überrascht hebe ich die Augenbrauen.
"Ein blauer Fleck."
"Haha, blauer Fleck...! Der leuchtet in allen Farben des Regenbogens! Und es wird wohl doch paar Tage dauern, bis es endlich weggeht."
"Geschieht dir Recht.", wirft Joshua ein.
"Genau mein Gedanke.", stimme ich ihm zu.
"Ja, genau, alle gegen mich. Obwohl ich nicht einmal böse Pläne habe. Und! Ich habe dir jetzt schon zweimal geholfen, Lilith. Nach unserem Zusammensein solltest du mir zumindest dankbar sein.", schmollt er.
Okay, das ist kein wirkliches Schmollen, aber er wirkt sauer.
"Ach, das bin ich durchaus, Miguel. Vielen Dank."
"Gern geschehen."
"Und jetzt schlage ich vor, du schläfst noch eine Weile.", bestimmt Joshua.
"Nein, es geht mir gut.", widerspreche ich und will meine Beine unter der Decke hervorziehen.
Jetzt mal wirklich, ich bin doch keine Kranke.
"Wir lassen dich nicht nach Hause.", meint Miguel und ich halte inne.
"Das werdet ihr so oder so nicht tun.", seufze ich.
"Das kann man nie wissen.", entgegnet Joshua.
"Warum willst du nicht einfach hier bleiben? Es ist doch nicht so schlimm hier.", meint Miguel.
"Ich will nach Hause. Ich will meinen Vater sehen, er fragt sich bestimmt, wo ich abgeblieben bin. Ich mag es hier nicht. Ich bin nicht bereit zu- zu- zu all dem!", gestikuliere ich. "Ihr wollt keine Ahnung was mit mir anstellen!"
"Hast du Angst?", fragt Miguel mit zusammengezogenen Augenbrauen.
"Natürlich! Ihr habt selbst gesagt, ich hätte schon zweimal sterben können. Ich weiß nicht, wie's euch an meiner Stelle ginge, aber mir macht es Angst. IHR macht mir Angst. Und wie soll's weitergehen? Ihr werdet mich für irgendwelche Rituale benutzen? Mein Blut trinken, weil es besonders <köstlich> ist? Meine nicht vorhandene Kräfte bei einem Aufstand gebrauchen? Was wird mit mir geschehen?"
"Wir wissen es selber nicht.", sagt Joshua leise, mit Traurigkeit in den Augen.
"Ihr wisst es nicht.", wiederhole ich im gleichen Tonfall. "Mir reicht's!"
Ich krieche aus dem Bett. Doch ehe ich auf die Füße komme, wird mir schwindelig und ich schwanke. Und da steht Miguel schon vor mir. Schön für ihn mit seiner Schnelligkeit. Er legt die Hände mir auf die Schulten und drückt mich zurück auf das Bett.
"Diana hat eine Menge Blut getrunken, du sollst dich wirklich ausruhen.", beharrt er. "Aber es hat mich überrascht, wie schnell du dich erholst. Nimm es mir nicht übel, aber eigentlich dachte ich, du würdest an Blutmangel sterben."
"Gerade noch Glück gehabt.", schnaube ich.
Ich will nicht machen, was man mir vorschreibt. Also lege ich mich nicht ins Bett, bleibe aber trotzdem sitzen. So ist es besser für mich.
Miguel behält seine Position neben mir, verschränkt noch mit ernstem Gesicht die Arme vor der Brust. Ich neige meinen Oberkörper nach rechts, damit ich an ihm vorbei zu Joshua blicken kann, der noch immer im Schneidersitz auf dem Boden sitzt und der Szene zuschaut. Der Vampir vor mir sieht auch zurück. Die Neugier hat ihn überwältigt, hehe.

Zu Hause bei den Vampiren Where stories live. Discover now