Kapitel 19

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Ich gehe in die Hocke, damit ich das Gesuchte aufheben kann. Zwei neugiriege und verständnislose Augenpaare folgen jeder meiner Bewegung. Der Stein, den ich gefunden hab, ist groß und schwer genug für mein Vorhaben.
"Ey, Lilith, ich mache weiter!", ruft Miguel und nimmt einen Stein von seiner linken Handfläche.
Mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung schmeißt er den Stein in meine Richtung. Dieser trifft mich am Bauch und ich schreie wieder "Autsch!". Weitere Steinchen folgen und treffen mich wo auch immer. Mir wird also nicht passieren? Glaub ich sofort! Vor dem letzten Stein weiche ich aus.
"Na siehst du? Kannst du doch!", meint Miguel.
Ich glaube, etwas hat sich in meinem Gesicht gerührt, da Joshua seinen "Bruder" unsicher am Arm berührt.
"Ehh, Miguel... Ich schätze, besser ist, wenn du dir jetzt ein Versteck suchst.", rät der Junge genauso unsicher.
"Warum das?", wundert sich der Zweite selbstsicher, blickt kurz auf den Jungen runter und dann wieder zu mir.
Ich lächle ihn listig an und werfe den Stein ein bisschen hoch und runter. Meine Reflexe wollen sie trainieren. Mal sehen, wie gut sie selbst trainiert sind. Zumindest Miguel. Dieser tritt einen Schritt zurück.
"Lilith, du willst das nicht machen.", beruhigt er mich, als ob ich vom Dach springen wollen würde.
"Und wie ich das machen will.", widerspreche ich ebenfalls langsam.
Joshua entfernt sich mit zwei Schritten nach rechts von Miguel, lächelt vergnügt. Sein Glück, dass er mich nicht auch noch abgeworfen hat. Und dann fliegt der Stein aus meiner Hand mit einer ganz guten Geschwindigkeit auf Miguel zu. Doch im letzten Moment weicht der Vampir aus. Ich beuge mich runter und hebe weitere Steine hoch. Alle sie fliegen nacheinander in Miguels Richtung und ein Paar treffen ihn sogar.
"Lilith, hör auf!", brüllt er zwischendurch. "Aufhören sage ich! Lilith!!"
Ich folge seinen Befehlen aber nicht. Als ich den nächsten Wurf machen will, wird mein Arm von hinten aufgehalten und man hält beide meine Handgelenke hinter meinem Rücken mit eisernem, aber auch sanftem Griff.
"Gaanz ruhig, das bin nur ich.", höre ich Joshuas Stimme, die mich gleich irgendwie beruhigt.
"Lass mich los!", verlange ich.
"Danke!" ruft Miguel und reibt sich den rechten Arm.
"Was machst du mit mir?", frage ich Joshua.
Ich versuche nicht, mich loszureißen. So doof bin ich auch wieder nicht. Ich werde es ohnehin nicht schaffen.
"Ich beruhige dich nur ein bisschen. Wir wollen dir doch nur helfen und du tust sowas."
"Du scheinst, dich deswegen mächtig zu amüsieren!", entgegne ich verärgert.
Der beruhigt mich nur, ja ja. Die wollen mir nur helfen, ja ja.
"Zuerst hatte das wirklich Spaß gemacht. Doch das wurde langsam zu viel. Miguel schafft kaum, auszuweichen. Ihr beide braucht eine Pause.", redet er im ruhigen Ton auf mich ein.
"Hör auf mit der Beeinflussung, Joshua!"
"Ich beeinflusse dich nicht, ich beruhige dich. Du kannst aber selber sehen, dass es mir misslingt."
"Dann lass das sein!"
Miguel kommt langsam auf uns zu. Auf seinem Arm scheint ein schön großer rot-lilaner Fleck.
"Deinetwegen, Lilith, hab ich schon den zweiten blauen Fleck!"
Der von seinem Auge ist aber schon kaum erkennbar.
"Was kümmert mich das. Lass mich endlich los!", rufe ich, reiße meine Hände aber nicht aus dem Griff.
Das kümmert mich aber ehrlich gesagt doch was. Schließlich mag ich den blöden Vampir immer noch.
"Wirst du dann mitmachen?", interessiert sich Joshua.
"Warum sollte ich? Ihr verletzt mich."
"Siehst du irgendwo auf deiner Haut eine Verletzung? Einen blauen Fleck? Dann jammer nicht rum!", ärgert sich Miguel.
Ich beäuge meine Arme. Er hat Recht - nichts. Vorsichtig lässt Joshua meine Handgelenke los.
"Ich habe gesagt, du wirst nicht verletzt.", wiederholt er seine Worte. "Und jetzt sei bitte so nett und mache deine Aufgabe, anstatt Miguel abzuwerfen. Wir haben nichts dafür, dass es solch eine Aufgabe gibt."
Ich seufze. Der Junge geht um mich herum und bleibt neben Miguel stehen. Die Kraft in diesem kleinen Körper ist unglaublich. Kaum zu glauben, dass er so stark ist. Oder ich so schwach... Menschen sind so machtlos! Da, wo er mich festgehalten hat, da wurde mir wirklich klar, dass der Junge gefährlich sein kann. Aber... er bedroht mich nicht. Und das ist das Wichtigste.
Etwas später haben mich die Jungs dazu überredet, ihnen beizustehen und mitzumachen, unter der Bedingung, dass mir wirklich nichts passiert.

Zu Hause bei den Vampiren Where stories live. Discover now