08. Kapitel

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Ich brauchte eine Weile um zu begreifen was Liam mir da gerade gesagt hatte. Ich hatte Krebs? Hieß das etwa, dass ich sterben würde? Mein gesamter Körper verkrampfte sich als ich daran dachte, dass mein Leben bald zu Ende gehen würde. 

Nein, du wirst nicht sterben.

Ich konnte Liam nicht alleine lassen. Was würde aus unseren ganzen Zukunftsplänen? Wir hatten unser ganzes Leben noch vor uns und jetzt kam so eine Nachricht?

Nein.

Ich starrte auf meine schneeweiße Bettdecke mit den schmalen grünen Streifen, während ich über seine nächste Aussage nachdachte. Ich war schwanger gewesen? Wir hätten ein Kind bekommen? Ein unglaubliches Stechen durchfuhr meinen Körper, als ich daran dachte, dass dieser Typ unser Kind sozusagen 'umgebracht' hatte. Tränen sammelten sich in meinen Augen. Wir waren kurz davor gewesen eine Familie zu gründen.

„Ich bin daran schuld, dass unser Kind gestorben ist.“

Der Satz kam unerwartet und leise aus meinem Mund. Ich hielt mir eine Hand vor den Mund und schloss meine Augen. Heiße Tränen suchten sich den Weg zu meinem Kinn herunter. Liam sah mich schmerzerfüllt an. Seine Augen waren rot geworden, da er in der kurzen Zeit so extrem viel geweint hatte. Er beugte sich zu mir herüber und gab mir einen langen Kuss auf meine Lippen.

„Du bist nicht schuld, hörst du? Das Kind wäre sowieso spätestens bei der Chemotherapie gestorben.“

schluchzte er und setzte sich zu mir aufs Bett. Ich rutschte bereitwillig zur Seite und ließ ihn neben mir hinlegen. Er schlang seine Arme um mich und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren. Ich spürte die Tränen, wie sie auf mein Haar fielen. Ihm schien es noch schlimmer zu gehen als mir.

„Werde ich sterben?“

Vielleicht hatte der Arzt ihm gerade gesagt, ob ich das alles überleben würde oder nicht. Meine Hand suchte seine. Ich nahm sie und verschränkte meine Finger mit seinen. Wie von alleine drückte ich mich an seine Brust und schloss meine Augen.

Wollte ich die Antwort wissen?

Liam schwieg für eine lange Zeit, bevor er mich an sich drückte und mir mit zitternden Lippen einen Kuss auf meine Wange drückte. Er sollte mich beruhigen, aber es bewirkte bei mir her das Gegenteil. Ängstlich klammerte ich mich an ihm fest und versteckte mein Gesicht nun ganz an seiner Brust.

„Ich weiß es nicht. Aber egal was passiert, ich werde da sein. Und wenn du in den Himmel kommst sollst du wissen, das Mein Herz dir gehört und es immer bei dir sein wird.“

Seine Worte brachten mich richtig zum Schluchzen. Tränen sickerten in seine Pullover und durchnässten den dicken Stoff.

„Was ist wenn ich sterbe Liam? Ich bin da noch nicht bereit für. Wir hatten doch noch so viel vor. Wir wollten heiraten und Kinder bekommen und…und eine Weltreise machen.“

Liam wischte sich die Tränen von seiner Wange und hob dann mein Kinn an, sodass ich in seine Augen sehen musste. Ich sah wie sich neue bildeten, doch er hielt sie zwanghaft zurück.

„Ich werde alles dafür tun, dass du behandelt wirst. Wenn es noch eine Möglichkeit gibt, dann werden wir sie machen. Ich verspreche dir dass wir das zusammen schaffen werden. Du kannst mich nicht alleine lassen.“

flüsterte er und fuhr mit seinen Daumen über vereinzelte Tränen auf meine geröteten Wangen. Ich streckte mich zu ihm hoch und drückte ihm einen Kuss auf seine Nasenspitze. Er würde mir Kraft geben, es durchzudrehen. Und ich wusste, dass er mich nicht im Stich lassen würde.

„Aber was ist, wenn durch die Chemotherapie meine Haare verliere und ich abnehme? Dann werde ich hässlich.“

flüsterte ich und wich seinem  Blick aus. Liam würde mich dann bestimmt nicht mehr lieben. Er drehte mein Gesicht wieder zu seinen und sah mir durchdringend in die Augen.

„Egal ob du deine Haare verlierst oder abnimmst, du wirst immer wunderschön bleiben.“

hauchte er gegen meine Lippen und drückte mir einen kurzen Kuss darauf. Sie zitterten so sehr, dass er sie beinahe verfehlte. Ich lächelte ihn leicht an und kuschelte mich an seine Brust.

„Wieso muss das alles genau uns passieren?“

murmelte ich eher an mich selbst gerichtet und schloss meine Augen, da sie anfingen zu schmerzen. Liam schlang seinen Arm um mich und strich mir beruhigend über meinen Oberarm.

Leichter Schmerz ließ mich wieder aufmerksam werden. Ich öffnete meine Augen und zog mein Hemd ein wenig hoch. Ich wollte die frische Narbe sehen, die ich von der Operation hatte. Ich zog vorsichtig das Hemd hoch und warf einen Blick nach unten. Liam blieb im gleichen Moment wie mir die Luft wegzubleiben.

Eine blutrote und glänzende Narbe zog sich diagonal über meinen Bauch. Ich sah, wie mein Bauch begann sich immer heftiger auf und ab zu bewegen. Meine Atmung beschleunigte sich automatisch. Liam zog mir das Hemd wieder herunter und strich leicht über die Narbe. Die Berührung war so leicht, das Ich sie kaum spürte.

„Alles wird gut.“

hauchte er in mein Ohr. Ich ließ wie betäubt meinen Kopf auf seine Schulter fallen und schloss meine Augen. Auch vor meinem geistigen Auge sah ich das Bild der Narbe.

Wieso hatte mich dieses Bild so schockiert?

Plötzlich wurde ich ganz müde. Ich kuschelte mich noch mehr an Liams warme Brust und drückte seine Hand leicht, die in meiner lag.

„Schlafe erst einmal Süße. Wenn du wieder aufwachst, werde ich dir genaueres erzählen können.“

Das waren die letzten Worte, die ich hörte, bevor ich in einen Traumlosen Schlaf fiel. Auch wenn ich noch nicht wusste ob ich sterben oder leben würde, war ich mir in einer Sache sicher: 

Liam würde bei mir bleiben.

Hold my HandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt