14. Kapitel

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Es ist schwer jemanden das Herz zu brechen, obwohl man die Person kaum kennt.

Wie von alleine wanderte meine Hand zu seiner und öffnete sie. Vorsichtig legte ich den kleinen Ring hinein und schloss sie dann wieder zu einer Faust zusammen. Ehe er irgendetwas machen konnte, hatte ich meine Hand von seiner gelöst und sie wieder unter meiner Bettdecke verschwinden lassen.

„Es tut mir so unglaublich leid Liam, aber ich kann nicht mit dir verlobt sein, wenn ich dich überhaupt nicht kenne oder ... liebe.“

flüsterte ich und wagte es ihn anzusehen. Ich hatte mich noch nie so schlecht gefühlt wie in diesen Moment. Liam sah mich geschockt an, dann wurden seine Augen langsam aber sicher immer glasiger, bis nach einer langen Minute, erste Tränen auf seine Wange fielen.

„D-Du liebst mich nicht? Auch wenn du unsere ganzen gemeinsamen Jahre vergessen hast, hast du keine Gefühle für mich?“

schniefte er und wischte sich die Tränen von seinen Wangen. Er sah gerade so aus wie ein kleiner hilfloser Junge und ich hatte das Verlangen ihn in den Arm zu nehmen und ihm zu sagen, das alles wieder gut werden würde. Doch für ihn würde nichts mehr in Ordnung sein. Davon ging ich jedenfalls aus. Ich beschloss ihm die Wahrheit ins Gesicht zu sagen. Wenn ich ihm etwas vorspielen würde, dann würde alles sicher noch schlimmer werden.

„Da ist nicht ein Hauch von Gefühlen für dich.“

gab ich offen zu und wandte dann meinen Blick wieder ab. Anstatt mit anzusehen, wie ich die Welt eines Jungen, der mich anscheinend über alles liebte, zerstörte, sah ich auf die kalkweiße Wand vor mir. In den paar Minuten, die ich ihn kannte, hatten sich keine plötzlichen oder heftigen Gefühle für ihn aufgestaut. Bei unserem ersten Treffen musste es mir wohl deutlich anders ergangen sein. Ich vernahm ein leises Schluchzen aus Liams Richtung. Ich hätte an seiner Stelle nicht anders reagiert. Dass ich mich stattdessen anscheinend augenblicklich in Zayn verliebt hatte, verschwieg ich ihm dann doch lieber erst einmal.

„Vielleicht helfen dir die hier ja auf die Sprünge.“

Ich drehte mich wieder zu Liam um, der mir ein Handy hinhielt. Es war ein iPhone5 und als ich einen kurzen Blick auf seine Hülle warf, stellte ich fest, dass er ebenfalls Batman zu mögen schien. Zögernd nahm ich es in die Hand und sah für einen kleinen Moment in seine Augen. Er lächelte tapfer, doch seine Augen verrieten mir, dass es ihm beschissen ging.

„Wir haben auch noch ein richtiges Fotoalbum zuhause, was sich von Tag zu Tag mehr füllt, aber ich glaube, dass dir diese Fotos erst einmal reichen werden.“

sagte er und tippte kurz auf den Bildschirm. Wir hatten also eine gemeinsame Wohnung? Ich sah auf den Bildschirm. Liam hatte seine Fotogalerie geöffnet und hatte ein bestimmtes Album angeklickt. Es hatte den Titel Amy. Verwundert sah ich auf die Zahl der Fotos, die in dem Album waren. 1.952 Fotos. 

„Wir haben überall wo wir waren Fotos zusammen gemacht. Selbst einmal im Supermarkt.“

sagte er und tippte auf ein Foto. Dass er sich zu mir auf die Bettkante gesetzt hatte, störte mich gerade herzlich wenig. Ich sah mir das Foto genauer an. Liam und ich standen vor einem Regal mit Spülmittel und grinsten in die Kamera. Es sah so aus, als hätte Liam die Kamera gehalten. Er hatte seinen Arm um meine Schulter gelegt und sah, anstatt in die Kamera zu gucken, zu mir. Ich hingegen grinste breit. Wo war eigentlich der Sinn von diesemFoto? Ich machte das Foto weg und sah mir die anderen an.

Wir mussten uns ja wirklich mehr als alles andere auf  der Welt geliebt haben.

Alle Fotos, die mir angezeigt wurden, waren so ähnlich. Auf jedem Foto bemerkte ich, das Liam mich ansah. Er starrte mich jedes Mal verträumt an, während ich entweder schüchtern oder gut gelaunt lächelte.

„Soll ich dir mal mein Lieblingsfoto von uns zeigen?“

fragte Liam plötzlich, nachdem er mich beobachtet hatte, wie ich mir die Fotos ansah. Er dachte wohl, dass ich esnicht bemerken würde. Ich nickte und ließ ihn auf dem Handy herum tippen. Während er es suchte, wagte ich es ihn kurz anzusehen. Konzentriert suchte er das Foto und als er sah, dass ich ihn beobachtete, hoben sich seine Mundwinkel etwas an. Peinlich berührt und mit rosa verfärbten Wangen sah ich wieder auf sein Handy. Ob wir damals eine schöne Zeit gehabt hatten? 


„Hier.“

Ich sah wieder auf den Bildschirm und hielt meinen Atem an. Dieses Bild regte leicht meine Erinnerungen an. Vielleicht lag es an dem kleinen Hund, der auf meinen Schoß saß. Er kam mir bekannt vor, wie er hieß, wusste ich nicht. Liam und ich saßen nebeneinander und er hatte mich in den Arm genommen. Ich war ein Stück kleiner als er, denn er hatte seinen Kopf zu mir herunter gesenkt, während wir uns küssten. Unsere Lippen schienen perfekt aufeinander zu passen. Auf meinen Schoß saß der kleine Hund und sah im passenden Moment mit aufgestellten Ohren und schief gelegten Kopf in die Kamera.

„Das ist unser Hund Harry. Ich habe ihn dir geschenkt, als wir zusammen in New York waren. Du hast dich ein Rad ab gefreut.“

sagte er und lächelte, als er daran zurückdachte. Wir sahen so unglaublich ... glücklich aus.

„Und erinnerst du dich daran?“

Interessiert und etwas aufgeregt sah er mich an. Ich sah mir das Foto etwas genauer an, bevor ich ihm antwortete.

„Nein, aber der Hund kommt mir bekannt vor.“

murmelte ich und schaltete dann sein Handy aus, um es ihm zurück zu geben. Ich bekam leichte Kopfschmerzen, da ich zu angestrengt versucht hatte, mich zu erinnern. Ich brauchte erst einmal meine Ruhe.

„Liam, es ist nichts gegen dich, aber ich würde mich jetzt gerne erst einmal ausruhen.“

sagte ich und hoffte, dass er nun gehen würde. Liam stand auf und sah mich etwas verletzt an. 

„Soll ich nicht doch noch ein bissc-“

„Nein.“

Mein Tonfall war eher hart und unfreundlich, als vorsichtig und nett. Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen. bereute ich sie sofort. Das starke Gefühl, das ich ihm mit jedem einzelnem Wort immer mehr verletzte, wurde immer größer und größer. Liam wollte gerade etwas sagen, da öffnete sich die Tür. Der Arzt von vorhin betrat den Raum und lächelte uns freundlich an.

„Amy, wir haben Neuigkeiten für sie.“

Sein Gesicht wurde ernst, als er redete. Liam nahm seine Jacke vom Stuhl und hörte uns aufmerksam zu. Was kam jetzt wohl?

„Was denn?“

„Nun ja, eine gute Neuigkeit ist, dass sie bereits morgen entlassen werden können. Eine schlechte Nachricht ist jedoch, dass sie durch ihre Operation und den daraus folgenden Komplikationen leider keine Kinder mehr bekommen können.“ 

Hold my Handحيث تعيش القصص. اكتشف الآن