22. Zweite Chance

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Hallo, Neith.

Tut mir leid dass ich nicht eher antworten konnte, in Frankreich ist derzeit großer Tumult in der Zaubererwelt. Irgendwie verschwinden immer mehr Zauberer und Hexen aus den Gefängnissen, deshalb muss ich in letzter Zeit viel zu viel im Amt arbeiten. Es werden haufenweise Sichtungen der Gesuchten gemeldet (sind aber hauptsächlich Fehlmeldungen). Aber genug davon. Mom und mir geht es soweit gut, auch wenn wir dich sehr vermissen. Ich hoffe du besuchst uns mal in den Ferien! Es freut mich dass du dich so gut in Hogwarts eingelebt hast, die Schule hat auch einen wirklich großartigen Ruf. Wegen der Sache mit deinem Freund, es ist eine verzwickte Lage. Wenn du ihn magst, dann bleib bei ihm, wenn nicht, dann nicht. Dafür kannst du dann auch nichts. Ich will nur dass du glücklich wirst, egal welcher Ruf dein Partner bei anderen hat. Er soll zu dir passen, nicht zu deinem Umfeld. Du wirst schon die richtigen Entscheidungen treffen, dran glaub ich fest. Schreib mir, solltest du irgendetwas auf dem Herzen haben, ich versuche so schnell wie möglich zu antworten. Lass dich nicht zu sehr von Dad rum kommandieren, ansonsten, genieße deine Zeit dort oben.

Haben dich lieb, Kai & Mom.

Neith hätte fast angefangen zu weinen, doch sie verkniff es sich krampfhaft. Sie vermisste die beiden so unglaublich sehr. Dieser Brief war so typisch für ihren Bruder, er versuchte immer Neith mit alle Mitteln zu helfen und er hatte Recht. Es war komplett egal wie andere den Mann fanden den sie liebte. Klar, die Sache mit Jeffrey hatte sich mittlerweile erledigt, aber trotzdem würde sie diese Worte für immer im Gedächtnis behalten. Ihr Bruder tat ihr Leid, er arbeitete in Frankreich im Ministerium, es war wie in England, nur waren dort die Begriffe etwas verändert und das Amt dort glich eher einer Polizei als den Auroren hier. Neith biss die Zähne zusammen, faltete den Brief sorgfältig zusammen und steckte ihn in die Tasche ihrer Hose. Sie trug heute mal wieder ein zerfetztes T-Shirt und eine kurze, schwarze Shorts. Dazu noch einige Nieten-Armbänder. Es war Ende Mai und schon außerordentlich warm draußen, deshalb konnte man ruhig mal kurze Sachen tragen.

Ihre Freundin schaute die Ginger besorgt an, "Ist alle in Ordnung mit dir? Von wem war der Brief?". Neith lächelte kurz traurig, "Alles gut, er war von meinem Bruder. Ich vermisse sie nur etwas.". Kelly lächelte ihr aufmunternd zu und ließ sie dann allein mit ihren Gedanken. Neith war der Hunger vergangen, deshalb ließ sie ihren Blick über die Tische gleiten. Auf einmal trafen sich ihre Augen mit einem blauen und braunen. Jeffrey sah ertappt vom anderen Ende des Tischen zu ihr herüber und blickte schnell weg als sich ihre Blicke begegneten. Die Okeanos schnaubte, dann wand sie sich zu Kelly, "Ich glaube ich gehe in unseren Schlafsaal, ich brauch etwas Ruhe.". Die Brünette nickte und Neith verschwand aus der großen Halle.

Mit einem Knarren seitens des Bettes ließ sie sich auf eben dieses plumsen und starrte an das Tuch über ihrem Himmelbett. Mattes Licht floss in den Raum und Neith fühlte sich ein kleines bisschen einsam. Kelly und Snape, ihre einzigen Vertrauenspersonen derzeit. Sie brauchte wirklich mal ein paar mehr Freunde.

Die nächsten Wochen passierte nichts nennenswertes, das Wetter wurde noch wärmer, zu Neith's Bedauern, sie mochte ihre blasse Haut. In Kräuterkunde wurde sie immer besser und fand heraus dass sie wohl einen wirklich grünen Daumen haben musste, vielleicht wirkten ihre Kräfte auch einfach nur etwas unterschwellig auf die Pflanzen ein. Was Snape anging, behielt sie ihre Gefühle lieber für sich. Sie wusste nicht wie Kelly reagieren würde, sollte sie das heraus finden und Snape selbst würde sie es erst recht nicht sagen. Was allerdings seltsam war, Jeffrey schien ein wirkliches Mauerblümchen geworden zu sein. Seine Haarfarbe war heraus gewachsen und nun pragten pechschwarze Haare auf dem Kopf des Donovan. Immer wieder ertappte Neith ihn wie er unauffällig zu ihr hinüber lugte. Er hatte sich scheinbar wirklich verändert. Das würde Neith auch früh genug erfahren.

Gerade arbeitete sie ihm Gemeinschaftsraum an ihrem Aufsatz für Zauberkunst, da senkte sich das Sofapolster etwas nach unten. Überrascht blickte sie auf und erwartete eigentlich Kelly dort vorzufinden, doch es war ein kreidebleicher Jeffrey Donovan. Neith wurde mulmig, doch sie hatte seine Veränderung ja gesehen, deshalb wollte sie nicht sofort unhöflich sein. "Kann ich helfen?", murmelte sie leise und unsicher. Er kratze sich am Nacken und blickte zögerlich auf den Boden, "Kann ich vielleicht mit dir sprechen? Unter vier Augen?". Jeffrey's Stimme war scheu und bröckelnd, als würde er gleich wieder weg rennen. Neugierig nickte die Okeanos und begleitete ihn in ein leeres Klassenzimmer.

Jeff schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken, "Wo soll ich bloß anfangen?.. Nun, du sagtest ich solle dir nie wieder unter die Augen treten, solange ich mich nicht geändert habe. Habe ich. Du hattest Recht, ich wollte einen Schwachpunkt verbergen, den ich bis dahin nicht einmal kannte. All das Mobbing, es war eine Abwehrreaktion meiner Psyche. Ich habe mich bei Cooper entschuldigt, du hast mich einsehen lassen dass es falsch war. Das meine gesamte Herangehensweise falsch war. Cooper hat mir verziehen, glaubst du du kannst mir auch noch eine Chance geben? Natürlich nur als Freund, nicht im Sinne einer Beziehung.", hoffnungsvoll schaute er Neith in die Augen. Dieser schien gerade alles zu viel. Eine zweite Chance? Sie wusste nicht was sie davon halten sollte. Allerdings meinte er es wirklich ernst, das sah sie sofort.

Sie seufzte laut, "Ich bin der Meinung dass jeder sich ändern kann, auch du, Donovan. Wir können noch einmal von vorne anfangen, wenn du das willst. Aber ich will nie wieder eine rassistische, beleidigende oder selbstverliebte Anmerkung von dir hören, klar?". Schneller als sie sich versah hing der Junge ihr um den Hals und lachte erleichtert auf. "Ist angekommen! Nie wieder!", meinte er. Neith musste leicht schmunzeln, er hatte ihr schon ein wenig als Kumpel gefehlt. "Dann ist gut.", murmelte sie leise.

Sie lösten sich wieder und doch erkannte Neith dass ihn noch etwas bedrückte, "Raus mit der Sprache, ich sehe dass da noch was ist.". Jeffrey biss sich auf die Lippe, "Du darfst es allerdings wirklich niemandem weiter sagen, okey?". Eifrig nickte die Okeanos. Er atmete tief durch und kniff die Augen zu, "Neith, dieser Schwachpunkt. Naja, weißt du. Ich habe mich letztens mit einem Hufflepuff in Zauberkunst angefreundet, er heißt Eliot. Ist in unserem Jahrgang. Er hat mir gezeigt was mein Schwachpunkt ist. Ich.. Ich glaube ich bin schwul.", die letzten Worte hauchte er in den Raum und wagte es nicht die Augen zu öffnen.

Under the Sea ~ Severus Snape FFWhere stories live. Discover now