24. Mask

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Er war da. Der Tag den Neith keines Weges herbei gesehnt hatte. Es war Freitag, der letzte Tag den sie in diesem Schuljahr noch hier verbrachte. Sie hatten heute mehr oder weniger frei, es fand kein Unterricht statt, doch Dumbledore meinte am Tag zuvor sie sollten die freie Zeit vor dem Mittagessen, zum packen nutzen, da sie nach eben diesem vom Hogwarts-Express abgeholt wurden. Gesagt, getan. Seit Kelly und sie aufgestanden waren, packten sie ihre Koffer. Die Slytherin konnte sich nicht erinnern so viele Sachen bei ihrer Ankunft dabei gehabt zu haben. Es war verrückt. Sie war vor gerade mal drei Monaten hier angekommen und alles an Hogwarts lag ihr bereits so am Herzen. Die mystischen Gänge, die kühlen und doch wunderschönen Räume der Slytherins, Kelly, Hagrid, die ganzen Fächer, auch wenn sie anstrengend waren, trotzdem bekam sie jeden Tag neues Wissen beigebracht, ihr Klassenzimmer und dann war da noch.. Snape. Sechs Wochen ohne diese tiefe, sanfte, melancholische Stimme, wie sollte sie ohne ihn und ihre Freunde, sprich, Kelly und Jeffrey, sechs Wochen mit ihrem Vater aushalten? Erschöpft und deprimiert ließ sie sich auf das grüne Himmelbett fallen. "Du wirst das schon schaffen, Neith. Du bist verdammt stark und so ein mickriger Zauberer wie dein Vater wird sich garantiert nicht gegen dich behaupten können. Ich meine, wann hat der bitte zuletzt einen anständigen Accio fertig gebracht?", Kelly setzte sich neben sie und strich ihr mit schon fast mütterlicher Fürsorge über die unbändigen Haare.

Ein Gefühl durchzuckte den Körper der Rothaarigen, es war schmerzhaft, ihr Herz zog sich zusammen, ihr war nach heulen zumute. Da stimmte doch etwas nicht. "Kann es sein dass da noch etwas anderes ist? Du hast nicht nur Angst vor deinem Vater, oder?", sanft schaute sie Neith aus blauen Augen an. Die Okeanos legte ihren Arm über ihre Augen, "Merlin, es ist alles!  Alles ist los, Kelly. Ich will hier nicht weg, ich will euch nicht einen ganzen Monat und noch länger verlieren, allein, in diesem verrottetem Haus, bei einem Mann mit Verlustängsten und Alkoholproblemen.". Die Slytherin strengte sich an, sie verkniff es sich so stark wie noch nie, jetzt zu weinen wäre der größte Schwächebeweis den sie je zeigen könnte. Ugoi betrachtete sie neugierig von ihrem Bettpfosten aus, würde sie jetzt auch nur eine Träne vergießen, was würden nur die Götter von ihr denken? Sie bleckte die Zähne und stieß ein leises knurren aus, mit einer aufkommenden Wut schlug sie mit geballter Faust auf das Bettlacken ein und setzte sich abrupt auf. Erschrocken wich Kelly einige Zentimeter zurück. Mit einer plötzlichen Energie sprang sie vom Bett und stand nun mitten im Raum. Sie holte tief Luft und schloss für einen kurzen Moment die Augen um sich zu beruhigen. "Ich bin eine angehende Göttin, verdammt nochmal. Ich zeige jetzt keine Schwäche, das ist mir nicht gegönnt. Ich werde das durchstehen, wer weiß vielleicht lerne ich fliegen und steh nach der ersten Woche vor deiner Haustür.", frech grinste sie zu Kelly hinüber. Diese betrachtete sie mit einem "Du-bist-echt-unfassbar"-Blick aber lächelte trotzdem zurück, "Ich würde mich freuen, meine Tür steht dir jederzeit offen.".

Es war Zeit für das Mittagessen und widerwillig machten sich beide auf den Weg in die große Halle. Miserabel gelaunt ließ sich Neith auf ihren Platz fallen. Sie hatte nicht wirklich Hunger, doch da es im Hogwarts-Express nichts warmes zu kaufen gab, würgte sie einen Teller Suppe hinunter. Abwesend und ohne es zu merken suchte sie mit ihren Augen die Lehrertische ab, auf der Suche nach dem Mann in schwarz. Was sie nicht erwartet hatte, war dass sich ihre Blicke trafen. Kaum nahm sie die Obsidiane wahr, schoss ihr Blutdruck in die Höhe und ihr wurde verdammt warm im Gesicht. Sie verschluckte sich an ihrer Suppe und hustete drauf los. Beschämt warf sie noch einmal einen Blick zu dem Lehrer, dieser versuchte sich gerade ein schmunzeln zu verkneifen wie es schien. Schnell stopfte er sich ein Stück seines Hühnchens in den Mund und kaute energisch darauf herum, den Blick krampfhaft von Neith abgewendet.

Den Rest des Essens verbrachte die Slytherin über das Geschehene nachzudenken. Dabei wagte sie es nicht noch einmal zu den Tischen hinauf zu blicken. Als das Mahl dem Ende zu ging, stand Dumbledore auf und stellte sich an das Rednerpult und sofort war es still in der ziemlich überfüllten Halle. Er ließ seinen Blick über die Schülermenge schweifen, dann begann er zu sprechen, "Liebe Schülerinnen und Schüler. Ein weiteres Schuljahr wurde nun beendet und genauso steht ein neues an. In diesem Jahr habt ihr viel gelernt und wohl auch neue Bekanntschaften geschlossen", Neith schaute wehmütig zu ihrer Freundin, "Manche werden vielleicht mit ein wenig Trauer, die anderen mit ein wenig Freude in den Augen nach Hause gehen. Doch trotz all dem, glaube ich, spreche ich im Namen aller Lehrer wenn ich sage, 'Wir hoffen euch nach den Ferien wieder gesund und munter an Hogwarts in Empfang nehmen zu können.' . Ansonsten wünscht ganz Hogwarts ihnen erholsame Ferien. Ihre Sachen wurden freundlicher Weise von Mr. Filch an das Eingangsportal gebracht, zum Bahnhof müssen sie allerdings bedauerlicher Weise selbst ihre Sachen transportieren. Und somit verabschiede ich mich nun von ihnen allen und auf ein erfolgreiches neues Jahr!". In der gesamten Halle schallte lauter Beifall von den Wänden, nur Neith klatschte mit nicht all zu großer Begeisterung mit.

Sie verließ die Halle als eine der Letzten, sich den pompösen Raum noch einmal genauestens einprägend. Mit einem Mal spürte sie eine Aura, direkt hinter ihr. Also, direkt hinter ihr. "Sie scheinen nicht besonders glücklich über die Ferien, kann das sein, Miss Okeanos?", sie drehte sich um und blickte in die grauen Augen von Albus Percival Wolfric Brian Dumbledore. Neith schnaubte, "Nicht wirklich, Sir. Nein.". Eins war ihr sicher, diesem Mann würde sie nichts erzählen. Sie würde ihm nicht wie jeder andere an dieser Schule bedingungslos vertrauen. Dies schien er auch sofort zu bemerken, denn der Alte musterte sie aus eisigen Augen. "Wenn ich ihnen einen Tipp geben darf, Neith. Ihre rebellische Ader wird ihnen an dieser Schule nichts bringen. Dagegen zu sein, nur weil alle dafür sind, ist meistens nicht die richtige Entscheidung.". Neith spürte förmlich wie die Worte des Mannes vor ihr kleine Funken der Wut in ihr aufwirbelten. Sollten diese nun Feuer fassen, würde sie sich nicht zusammen reißen können. "Ich weiß zwar nicht von was sie sprechen, Professor, doch ich nenne es nicht rebellische Ader, eher ein Instinkt. Ich tue nur das was mir sinnvoll erscheint.", einen Moment lang schien er sie mit einem mörderischen Blick anzusehen, doch da wechselte er seinen Gesichtsausdruck von Psychopath zu einem fast schon ehrlich aussehenden Lächeln und er wechselte komplett das Thema, "Nun, ich hoffe sie werden erholsame Ferien haben, Miss Okeanos. Doch nun sollten sie sich beeilen, der Zug lässt nicht auf sich warten.". Sekunden später wusste sie auch warum der plötzliche Persönlichkeitswechsel, Madame Pomfrey schritt mit einem freundlichen Lächeln an ihnen vorbei und nickte Neith noch ein letztes Mal zu.

Fassungslos beschaute die Slytherin sich die Szene die sich ihre gerade dar bot. Ohne ein weiteres Wort eilte Neith aus der Halle und packte am Portal schnell die angerichteten Sachen. Im Stillen dankte sie Filch dafür, hätte sie nun noch einmal in die Kerker gemusst, hätte sie den Zug zu hundert Prozent verpasst. Zeus miaute kläglich in seinem Katzenkorb, seltenst musste sie den Kater darin einsperren, doch sie konnte ihn im Zug nicht frei rumlaufen lassen. Frank dagegen schlief munter vor sich her. "Unfassbar, diese Schule steht wirklich unter falscher Leitung.", murmelte sie vor sich hin.

Under the Sea ~ Severus Snape FFWhere stories live. Discover now