25. Zugfahrt

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Gebannt schaute die Slytherin durch das Fenster des Hogwarts-Express', hinauf in die dunklen Wolken die mit der Zeit immer düsterer schienen. Kelly hatte ihnen bereits ein Abteil gesucht und es sehr offensichtlich mit ihren Koffern besetzt, so dass jeder der hinein sah sich sofort unerwünscht fühlte. Sie waren nun seit circa vier Stunden unterwegs und hatten so noch ungefähr fünf Stunden Fahrt vor sich. Ihre Freundin war bereits eingeschlafen und schnarrte munter an das Fenster gelehnt vor sich hin. Gelangweilt legte sich Neith in Positionen bei denen ihre Mitschüler nur den Kopf geschüttelt hätten und solche Sprüche wie, "Pff, hat dieses Straßenmädchen noch nie etwas von Etikette und Benehmen gehört?" oder "Halbblüter und deren ihre Manieren, unerträglich." abgelassen hätten. Schließlich lag sie genau verkehrt herum auf ihrem Platz, die Füße über die Lehne ausgestreckt und den Kopf nach unten hängend, dachte sie nach. Sie hatte ihren Vater schon einige Monate nicht mehr gesehen, wie er wohl reagieren wird? Mit einem Mal ertönte ein klopfen in der kleinen Kabine, abwesend und ohne es wirklich zu realisieren gab Neith ein "Herein." zurück.

Sie sah zur Tür und ihr Herz setzte einen Moment zulange aus, dann schlug es so heftig gegen ihre Brust dass sie vor Schreck auf den Boden fiel. "Putain de merde, pourquoi avec tous les dieux qui doivent toujours m'arriver?!? Warum erschrecken sie mich so?!", fluchte sie aufgebracht vor sich hin und rappelte sich wieder auf. Kelly schlief einfach weiter und bemerkte gar nicht wie Snape, schmunzelnd im Eingang ihres Abteils stand. "Ich sollte ihnen wohl sagen dass ich ebenfalls fließend Französisch spreche und sie durchaus verstehe.", seine Stimme war leise aber umso weicher im Klang. "Derzeit sind die meisten Bengel eingeschlafen, deshalb würde ich gerne die Chance nutzen und mit ihnen unter vier Augen sprechen wenn es ihnen gerade passt.", seine Augen lagen ruhig auf ihr und schier hätte sich Neith darin verloren, doch Merlin sei Dank hatte sie sich selbst im Zweifelsfall gut unter Kontrolle. "Tut mir leid, ich bin gerade damit beschäftigt alle existenten, ungemütlichen Liegepositionen auszuprobieren, vielleicht wann anders.", sie konnte sich schon denken warum er mit ihr sprechen wollte. Er kannte die Geschichte ihrer Familie und, was wohl der ausschlaggebende Punkt ist, er kannte die Geschichten ihres Vaters. Sie bezweifelte dass er sich ausschließlich mit einem Küsschen auf die Wange von ihr verabschieden würde.

Eine leise Panik machte sich in ihr breit, sie dachte schon genug über das Anstehende nach, da musste sie nicht auch noch darüber sprechen. Mit einem Seufzen trat der dunkle Lehrer ein und schloss die Tür hinter sich. Neith lag schon wieder in derselben Position wie vorher, den Blick stur auf Kelly's Beine vor ihr fixiert. "Neith, könntest du dich bitte wie eine anständige Slytherin hinsetzen?", da in der Stimme der Professors ein wenig Gereiztheit mit schwang, wollte Neith es nicht riskieren ihn womöglich zu nerven. So setze sie sich widerwillig richtig herum hin, wagte es jedoch nicht in die dunklen Iriden des Tränkemeisters zu blicken. "So wie ich dich einschätze, wirst du wohl bereits wissen dass das Thema kein angenehmes sein wird. Ich werde mich auch kurz halten.", er machte eine kleine Pause. Die Slytherin zögerte, doch sie zwang sich ihm in die Augen zu sehen. Er betrachtete sie mit einem sanften, interessierten Blick, dann schien er seine nächsten Worte gut zu bedenken. "Neith, ich mag dich. Wirklich. Auf eine spezielle Art. Du bist eine Person der man nichts vormachen kann und hast einen Charakter den man so bei niemand anderem finden könnte. Darum mache ich mir Sorgen. Also sollte etwas in den Ferien vor fallen, egal was, ob wegen deinem Vater, deinen Kräften, egal. Schick mir eine Eule und ich versuche zu helfen. Ich bin dein Hauslehrer und dadurch auch eine Vertrauensperson an die sich meine Schüler gerne wenden können, auch wenn ich allen wohl mehr als unsympathisch bin.", er stockte und schüttelte kurz seinen Kopf als würde er einen Gedanken verwerfen wollen. Snape erhob sich und ging zur Tür. Neith saß atemlos da und war so gesehen sprachlos. Diese Worte hatten in ihr mehr Fragen aufgeworfen als er sich wohl vorstellen konnte. Er drehte sich noch einmal um und schaute ihr das letzte Mal für eine lange Zeit in die Augen, "Schöne Ferien, Neith.". Mit diesen Worten war es verschwunden.

Es war dunkel. Der Zug war ebenfalls nur noch schummrig beleuchtet, da so ziemlich alle schliefen. Bis sie in Kings Cross ankommen würden, dauerte es noch ungefähr eine dreiviertel Stunde, so langweilte sich Neith schon seit ganzen acht Stunden und fünfzehn Minuten. Sie hatte mittlerweile schon alle Vorsicht vergessen und versuchte sich seit fünf Minuten daran eine kleine Flamme herauf zu beschwören. Sie fühlte das Ichor, das goldene Blut, durch ihre Adern und Venen strömen, fühlte wie es pulsierte, wie die Macht in ihren Händen kribbelte. Sie schloss die Augen. Ihre Muskeln entspannten sich und nur noch das leise rattern des Zuges hallte in ihrem Kopf wieder. Ihre Gedanken waren leer, ihr Kopf war zum ersten Mal frei von allem. Mit einem aufkommenden beben stellte sie sich vor wie die ganzen, klitzekleinen Atome aneinander rieben, sich immer schneller bewegten, eine Energie erzeugten und diese irgendwie auslassen mussten. Ihre Augen öffneten sich, doch ihre Trance war immer noch vorhanden. Nur am Rande bekam sie mit wie immer öfters kleine Funken aus ihren Händen flogen.

Nur noch ein klein wenig.

Da war sie, eine Flamme so groß wie die eines Streichholzes. Kein tobender Feuersturm, doch das wäre auch ziemlich ungünstig bei all dem Teppich hier. Doch konnte sie das kleine Feuer von der Größe her mit der Zeit immer besser kontrollieren. Fasziniert blickte sie auf ihre Hände hinab, in kleinen Spiralen drehten sich die Flamme um ihre Finger. "Reife Leistung, aber im Zug solltest du da echt aufpassen.", Neith schreckte zusammen. Das Feuer erlosch und Kelly schaute entschuldigend zu ihr herüber. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.", ihre Stimme war noch ganz rau vom Schlaf. "Wie lange bist du schon wach?". Kelly überlegte, "Keine Ahnung, nicht lange. Vielleicht so fünf Minuten.", misstrauisch betrachtete sie die Ginger, "Du siehst echt fertig aus, hast du denn nicht geschlafen?". Neith schüttelte stumm den Kopf und blickte wieder auf ihre Hände, "Konnte nicht. Zu viele Gedanken.", murmelte sie. Kelly seufzte, "Warum war mir das klar?".

Mit einem Mal ging die Tür ihres Abteils auf, allerdings stand dieses Mal nicht Snape dort, sonder einer der Hufflepuff Vertrauensschüler. "In wenigen Minuten kommen wir in Kings Cross an, macht euch schon mal bereit.". Neith dankte ihm freundlich, was ihn scheinbar sehr überraschte, da er gleich zurück strahlte bevor er die Tür wieder schloss. "Also dann, auf in die Ferien.".


Under the Sea ~ Severus Snape FFWhere stories live. Discover now