26. Ankunft

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Mit einem lauten dröhnen kam die alte Dampflock zum stehen und zischte schließlich leise vor sich hin. Neith biss sich auf die Lippen und schaute zu Kelly, diese schaute nachdenklich aus dem Fenster auf den Bahnsteig und suchte scheinbar schon ihre Eltern. Mit Tränen in den Augen fiel die Rothaarige ihrer Freundin um den Hals. Diese erschrak sich kurz, doch erwiderte stumm ihre Umarmung. Einfühlsam strich die Brünette ihr über den Rücken. Irgendwann löste sich Neith allerdings und atmete tief durch. Sie würde das schaffen, sie hatte schon so vieles geschafft, da würde ihr ein verkorkster Zauberer nicht das Leben vermiesen. Kelly stand ebenfalls auf und packte ihr Gepäck, bereit um aus dem Zug zu steigen und zu ihrer Familie zu gehen, drehte sie sich noch einmal zu Neith um, "Neith, ich mache mir Sorgen, okey? Wenn irgendetwas ist, hier ist meine Adresse.", mühsam zog sie einen kleinen Zettel aus der Hosentasche und übergab ihn der Slytherin. London, Chapel Street 38. "Ich wohnte gegenüber des Hydepark Investments, also solltest du es nicht mehr aus halten, schreib mir eine Eule und ich schreib dir wie du zu mir kommst. Sollte es wirklich dringend sein, schau welche Bahn nach London fährt und dort kann dir dann jeder erklären wie du her kommst.", Kelly lächelte, "Du schaffst das, daran glaub ich nicht, ich weiß es sogar.". Neith nickte und sah sie dankbar an, dann verschwand ihre Freundin im Gang.

Als Neith auf den Bahnsteig trat, hatte sie erstmals Probleme den Koffer aus dem Zug zu hieven, da er scheinbar an irgendeiner Kante fest hing. Ein blonder Junge, mit einem Hufflepuff Sweater, kam ihr zur Hilfe. "Danke, nett von dir.", lächelte sie. "Kein Problem, ich bin immerhin ein Hufflepuff. Nichts ungewöhnliches also.", lachte der Blonde. Neith schaute ihm ins Gesicht und erkannte dass es Eliot war, der ihr da gerade geholfen hatte. Eliot, Jeffrey's heimlicher Schwarm. Belustigt schmunzelte sie in sich hinein. "Hey, du bist doch Eliot, oder?", überrascht nickte er. "Ich kannte dich noch aus einigen Fächern die wir zusammen hatten.", meinte sie freundlich. Wenn sie es schaffte, Eliot als einen Freund zu gewinnen, würde ihr Jeff wohl noch Jahre die Füße küssen. Er hatte wirklich ein hübsches Gesicht und sie konnte sich schon sehr gut vorstellen das er auch nicht gerade abgeneigt gegen Jungen war. Es hatte ziemlich gepflegte Nägel, der Sweater war hinter den Hosenbund gesteckt und seine Lippen verrieten dass er sie wohl oft zum schmollen benutzte. Er achtete sehr aus sein Aussehen und seine Körperhaltung sagte ziemlich viel aus. Brust raus, Bauch rein, Schultern nach hinten, Po raus. Es waren sehr unauffällige Zeichen, doch es waren welche. Vielleicht fand ihn Jeff deshalb auch so anziehend, einfach weil er solch eine Ausstrahlung hatte sie schon förmlich schrie: Hey, ich bin nicht hetero!

Sie unterhielten sich kurz, ein oberflächlicher Smalltalk, doch dann wurden sie von seinen Eltern unterbrochen. "Eliot, da bist du ja! Wie war es dieses Jahr? Wie sind deine Noten?", plapperte seine Mutter gleich los. Stimmt ja, die Noten. Die hatte Neith vor lauter Angst ganz vergessen. Doch nicht hier, nicht jetzt, nicht in dieser stressigen Menge aus Muggel und Zauberer. Sie hatte jetzt sowieso noch Zeit. Sie musste gleich noch einmal in einen Zug steigen, ihr Vater konnte sie ja immerhin nicht abholen. Zu weit und zu viel Alkohol-Intus. So musste sie jetzt gleich nochmal nach Bristol fahren. Wütend schnaubte sie und spannte sich an. "Miss Okeanos, haben sie keine Mitfahrgelegenheit nach Hause?", Neith drehte sich überrascht um und schaute in die grauen Augen ihrer Verwandlungslehrerin. Langsam schüttelte sie den Kopf, "Nein, nicht wirklich. Mein Erzeuger hat wichtigeres zu tun als mich abzuholen. Aber ich komm schon irgendwie nach Hause.". McGonagall betrachtete sie und lächelte schließlich versöhnlich, "Ich bringe sie nach Hause, Okeanos. Sehen sie es als kleine Wiedergutmachung für letztens.". Neith fiel wieder der bissige Kommentar der Lehrerin ein. Dankbar schaute sie zu der sonst so strengen Lehrerin auf, wenn sie lächelte schienen sich endlich mal ihre eisigen Gesichtszüge zu entspannen. "Vielen Dank, Professor. Das ist wirklich nett von ihnen", Neith ging davon aus dass sie apparieren würden, diese Vermutung bestätigte sich als McGonagall abwinkte und ihr ihren Arm hin hob. Darüber war sie wirklich verdammt froh, dann auf weitere zwei Stunden Zugfahrt, hatte sie wirklich wenig Lust.

Selbstsicher umfasste sie den Unterarm der Lehrerin und schon fand sie sich in einem Tunnel aus verschwommenen Umrissen wieder. Ihren Lungen wurde jegliche Luft ausgepresst und ihre Gelenke schienen sich auf das Minimum zusammen zu quetschen um dem apparieren stand halten zu können. Ihre Gedärme wurden ausgewrungen und jeglicher Inhalt schien oben heraus platzen zu wollen, doch Neith kannte das schon. Ihr Bruder hatte sie früh schon auf dieses Gefühl vorbereiten wollen als er dem Amt beitrat und lernte mit weiteren Personen zu apparieren. Beim aller ersten Mal hatte sie sich jeglichen Mageninhalt aus dem Leib gekotzt, doch je öfter er sie zu beliebigen Dingen mit nahm, desto normaler wurde der Schlauch aus Raum und Zeit für sie. Mit einem heftigen Ruck landeten sie vor einer alten Schabracke von Haus. Früher schien es mal in strahlendem weiß geschienen zu haben, doch nun blätterte der Putz von den Hauswänden, unzählige, kleine Risse zierten das Haus und unter der Veranda hatten schon mindestens fünf Mäuse, vielleicht auch Ratten, ein neues Zuhause gefunden. Durch die von Staub und Dreck mattierten Fenster erkannte man jedoch unerwartetes Leben. Weiße, flimmernde Fernsehstrahlen zwangen sich durch all das Elend nach draußen. Neith schluckte.

Misstrauisch beäugte die Gryffindor Lehrerin das Gebäude und blickte dann mit Sorge und wilder Entschlossenheit zu der Schülerin hinab. "Miss Okeanos, ich habe ja schon von ihrer eher miserablen Vergangenheit erfahren, doch dieses Haus scheint mir nicht gerade als wäre es angemessen, eine Schülerin wie sie, sechs Wochen zu beherbergen. Und..", schockiert rümpfte sie die Nase, "..den Alkohol riecht schon hier draußen.". Neith deutete ziemlich unbeeindruckt neben die Veranda neben welcher sich in, auf und neben einer Mülltonne ein Berg von leeren Whisky, Wodka und vor allem Bierflaschen sammelte. "Professor, es war wirklich nett von ihnen mich hier her zu bringen, dafür danke ich ihnen auch von ganzem Herzen, aber ich denke sie sollten nun gehen. Ich bin mir im klaren darüber dass das hier kein Zuckerschlecken wird, doch ich habe schon schlimmeres erlebt.", sanft lächelte die Slytherin sie an. Sie wollte nicht dass so eine edle Hexe wie McGonagall es war, ihr schmutziges Leben kennen lernte. Bei Snape war es etwas anderes, bei ihm hatte sie gewusst, egal was käme, er würde sie nicht verurteilen. Auch wenn die Professorin nicht so wirkte als würde sie das Mädchen anschließend verurteilen, Neith war bei dem Gedanken nicht wohl ihre Lehrerin in das Haus zu lassen.

McGonagall schnaubte, "Nun gut, ich werde gehen. Aber seine sie sich im klaren dass sie jeder Zeit nach Hogwarts schreiben können. Professor Dumbledore wird dann schon eine angemessene Lösung für sie finden.", sie legte Neith ihre Hand auf die Schulter, "Machen sie es gut, Miss Okeanos.". Schon war sie mit einem 'Plopp' verschwunden. Neith knurrte bei dem Gedanken dass solch eine intelligente Lehrerin nicht hinter dieses Puppentheater sah. Doch jetzt hatte sie andere Sorgen, schweren Herzens bestieg sie die Treppe zur Veranda und klopfte an die brüchige Holztür.

Under the Sea ~ Severus Snape FFWhere stories live. Discover now