30. Besuch

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Die nächsten Tage verliefen grauenvoll für Neith. Ihr Vater war wohl am Ende und sein Saufgelage ging unverändert weiter. Jede Stunde kam er mindestens einmal rein um etwas nach Neith zu werfen, zu weinen und sie zu beleidigen als gäbe es kein morgen. "Du Dreckskind bist doch einfach nur zu angeben da, hm?! DIESE KRÄFTE HAST DU VON MIR, VERDAMMT! BILD DIR DARAUF NICHTS EIN!", ein weiterer Teller flog gegen die Wand und Neith wollte schreien. "OHNE DICH WÄRE ALLES PERFEKT! WIR WÄREN GLÜCKLICH!", heulend torkelte der Mann aus ihrem Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu. Wer mit 'wir' gemeint war, wusste sie nur zu gut. Alle. Alle die sie in ihrem Umkreis kannte. Ihre Eltern wären noch verheiratet, ihr Bruder wäre in einer normalen Familie aufgewachsen, Kelly hätte nicht auf Hogwarts müssen, sie hätte Jeffrey nicht durch Schmerz seinen Weg gezeigt und Snape. Ja, Snape hätte nicht so eine nervige Schülerin die ihm an der Backe klebt. Sie war eine Last, ja. Eine wahre Last.

Sie lehnte ihren Kopf an die Wand und eine einzelne Träne kullerte über ihre Wange. Stumm und leise. Ugoi stupste sie leise grunzend an und schaute die Ginger aus kleinen, schwarzen Knopfaugen an. Sie hatte ihn an ihrem ersten Abend hier wieder gesehen, als sie mit ihrem Vater am Strand sprach. Als sie damals weg lief, war ihr der kleine Drache auf einmal hinterher geflogen, als wäre er die ganze Zeit schon da und hätte sie nur mal eben eingeholt.

Es war später Abend und sie stand nun schon wieder am Fenster und rauchte. Ugoi flog an ihr vorbei aus dem Fenster und sah sie neugierig an. Es schaute auf das rauchende Ding in ihrer Hand und wie sie selbst wohl wie er dachte Rauch schnaubte. Aufgeregt schnaubte er eine dichte Rauchwolke aus und legte einen erwartungsvollen Blick auf. Sie verstand und lächelte. Sie zog an ihrer Zigarette und atmete das schöne weiß ein, dann schloss sie den Mund und schnaubte den Rauch aus ihrer Nase. Fröhlich spie der kleine Drache eine kleine Flamme aus und sah sie wieder mit dem gleichen Blick an. Nun war Neith überfordert. Würde sie das auch schaffen oder sich eher die Kehle verbrennen? Einen Versuch war es wert, immer hin war das auch in anderen Lagen nützlich.

Mit einem leichten Schweißfilm auf der Stirn versuchte sie das Ichor auf ihre Lippen zu konzentrieren und holte tief Luft. Sie zielte neben Ugoi und schaute ihm fest in die Augen, als eine Art Beruhigungsmittel. Dann stieß sie die Luft auf einmal aus. Eine unbändige Flammensäule schoss über die sandige Straße vor ihrem Haus hinweg und löste sich nach einigen Metern auf. In diesem Moment realisierte Neith etwas. Sie hatte doch alle in sich. All diese Macht, die musste sie nicht trainieren, die hatte sie schon und alles was sie machen wollte, musste sie einfach fühlen. Verdutzt blickte sie Ugoi an. "Ist es das was die Götter machen? Nicht trainieren, einfach fühlen. Das einzige was man muss, ist zu wissen was man will.", Ugoi flatterte kurz aufgeregt mit den Flügelchen, dann leuchteten seine Augen für einen Moment hellblau auf. Er flog wieder in das Zimmer hinein, da strahlte es mit einem Mal in einem Licht welches wohl die Augen ausgebrannt hätte, hätte Neith direkt rein gesehen. Sie wollte sich gerade umdrehen, da hörte sie schon eine Stimme. "Neith, es freut mich dich endlich Mal so richtig kennen zu lernen.", die Stimme ließ sie schon erahnen wer da hinter ihr stand und ihr Atem stockte als sie sie wieder sah. Sie war noch schöner von nahem, als sie es damals in ihrem Traum wahr nehmen konnte.

Aphrodite stand in einem ihrer schönsten Gewänder in dem Zimmer der jungen Slytherin. Ein etwas seltsamer Anblick. Eine Frau, edler als sich Nacht je zeigen könnte, stand zwischen zerfetzten Shirts und Plakaten sämtlicher Rock-Musiker. Neith lehnte immer noch am Fenster und merkte wie Aphrodites Blick auf ihre Hand fiel, dort klemmte immer noch ihre Kippe zwischen Zeige und Mittelfinger. Wenig schuldbewusst zog sie an ihr. Die Göttin seufzte, "Falls Charaktereigenschaften von uns weiter gegeben wurden, dann hast du eindeutig den Sturkopf meines lieben Adoptivvaters.". Neith lächelte, das war eher ein Kompliment für sie als dass sie es ihr übel nahm. "Danke, ich sehe das als eine positive Eigenschaft. Dürfte ich jetzt vielleicht erst einmal erfahren, was mir die Ehre beschafft eine Göttin in meinem Zimmer begrüßen zu dürfen?", Neith hob eine Augenbraue.

Ein wunderschönes Lächeln legte sich auf die vollen Lippen Aphrodite's und die Ginger hatte Angst sie müsste noch an ihrer Sexualität zweifeln, sollte das so weiter gehen. Sie war wirklich unfassbar schön. "Nun, meine Liebe. Zum Ersten langweilt mich der Olymp, zum Zweiten hat Athene gerade Zeit und es erklang ein Ruf von Ugoi und zum Dritten, ich glaube wir müssen da mal ein wenig etwas besprechen.", das schmunzeln bei ihrem letzten Satz ließ Neith nicht gerade in Sicherheit schwelgen. Was hatte die Göttin der Liebe wohl mit ihr zu besprechen? Sie zog ein weiteres Mal an ihrer Kippe und schmiss sie dann aus dem Fenster. Sie hockte sich auf ihr Bett und betete ihr Vater würde durch den Lärm nicht hoch kommen. Allerdings.. vor einer Göttin konnte und würde er ihr nichts antun.. oder? Aphrodite setzte sich neben sie und überschlug sie Beine, "Also um mit dem wichtigsten, Punkt zwei. Dieser kleine Drache hier scheint der Meinung zu sein, du hättest heraus gefunden was wir unter Training verstehen.". Sanft schaute sie der Okeanos in die Augen. Neith zuckte mit den Schultern, mehr konnte sie dazu nicht sagen, die Göttin neben ihr raubte ihr wirklich den Atem, wie wohl Männer dabei sein mochten? Sie ohrfeigte sich selbst in Gedanken, sie sollte jetzt wirklich bei der Sache bleiben. Schon war der blumige Geruch aus ihren Gedanken gestrichen und die liebliche Aura wurde nicht mehr wahrgenommen. Der slytherinsche Ehrgeiz half ihr wirklich ungemein.

"Nun, ich habe festgestellt das ich eigentlich so ziemlich alle Kräfte unerprobt einsetzen kann, Hauptsache ich weiß was ich will. Ich brauche kein Training. Allerdings verstehe ich nicht warum die Olympier so kritisch gegenüber einem Training waren, wenn ich es doch sowieso kann.", sie blickte auf ein Poster ihr gegenüber. Bon Scott, der derzeitige Sänger der Band AC/DC, blickte sie mit einem zum Schrei verzogenen Gesicht an. Die Frau neben ihr nickte, "Du hast eine gute Beobachtungsgabe, allerdings konnte ich die schon feststellen als du ein kleines Kind warst. Meine lieben Gleichgesinnten, vertrauten dir nicht sonderlich, sie waren der Meinung du würdest ihnen einzig und allein den Tod bringen. Allerdings hast du durch dein Gespräch vor einer Woche, selbst Zeus ein klein wenig auf deine Seite gebracht. Er-", die Tür wurde aufgeschlagen und die beiden schauten verwundert in eben diese Richtung. Neith gefror das Blut in den Armen. Ihr Vater stand schwer schnaufend im Türrahmen, in der Hand eine leere Glasflasche. Er konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten, so betrunken war er. "Neith, wieso is' es hier oben so laut? Was hast du kleine Schlampe n' jetzt wieder für n' Weib an geschleppt? Noch so ne' Nutte wie du s' bist?! HAHAHA!", lallte er und verfiel in brüllendes Gelächter, als wären seine Worte das lustigste was er je gehört hätte. Doch nicht mit Aphrodite.

Under the Sea ~ Severus Snape FFWhere stories live. Discover now