1.

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Heute steht also der erste Schultag des berüchtigen Mysteriums an. Wer sich nicht freut, hat Angst davor. Die Sportler gehören da schon einmal nicht dazu. Sie sind definitiv von Freude erfüllt. Denn wer mit einem einzigen Blick Wasser zu Eis machen kann, wird auch Muskeln haben.

Und das mit dem Wasser ist nur eines der vielen Gerüchte. Denn wie kann sich jemand so Berühmtes bitte so lange in den Schatten verstecken? Es sei denn, er ist gar nicht hier gewesen. Aber das ist auch mur meine Theorie, über die ich bisher mit noch keinem geredet habe. Schliesslich will ich mich nicht lächerlich machen.

Es ist, als würde die Zeit still stehen. Von der gewöhnlichen Stimmung hier an der Queenston High ist nicht viel zu merken. Auch wenn jeder versucht, sich normal zu verhalten, ist jedem Gesicht anzusehen, dass die Schüler nervös sind. Ist Shadow denn tatsächlich so grausam?

Eine Frage, die wahrscheinlich öfter wieder auftauchen wird. Denn nachdem das Mysterium Shadow geknackt sein wird, ist der Vater an der Reihe.

Sein verschollener, nicht existierender Vater taucht endlich wieder auf.

Und natürlich nicht zu vergessen, die reiche und selbstbewusse Mutter, die Selbstmord begangen hat. Tja, das ist sehr...überraschend gekommen. Denn wie kann man der Außenwelt so schön und taff vorkommen, wenn man von innen nur ein...Wrack ist?

Vielleicht muss man dafür aber auch nur Rovena Quinn heissen. Die berüchtigte Rovena Quinn sein.

Aber zurück zu Shadow. Es ist bekannt gegeben worden, dass er teilweise ziemlich hart drauf sein kann. Vielleicht heißt dass, dass er unerträglich oder depressiv oder so ist. Um ehrlich zu sein weiß ich das nicht so genau. Genau genommen weiß es niemand.

Aber bevor ich noch einen weiteren Gedanken verschwenden kann und unnötig viel Zeit vor meinem Spind verbringe, während ich hilflos ihn versuche aufzubekommen, wird es plötzlich still. Es ist, als wäre den Schülern und Lehrern hier im Gang die Luft zum atmen genommen worden.

Der Dieb dabei ist Shadow Daymond Quinn.

Ich hätte ihn wahrscheinlich gar nicht bemerkt. Nur schon sein Anblick lässt mich erschaudern. Er sieht aus wie ein verlorenes Kind. Vielleicht ist er das ja auch. Wahrscheinlich sind die Gerüchte über Shadow auch einfach mur Gerüchte. Denn ich meine, sonst sind Gerüchte doch auch nie wahr, oder?

Shadow bewegt sich so leise durch den Gang, dass man nicht einmal das Klappern seine Schuhe hört, auch wenn er ganz deutlich schwere Stiefel anhat. Ich habe keine Ahnung, wie er das macht, aber es funktioniert. Er ist alles in allem ziemlich gross.

Seinem Aussehen nach würde man nie meinen, dass er überhaupt reich ist, sondern sogar zur Unterschicht gehört. Er hat Hosen an, die so zerrissen sind, dass man meinen könnte, sie seien mehr Luft als Stoff.

Dazu hat er ein weisses Shirt an, darüber trägt er eine Kapuzen- und Lederjacke, die sein ganzes Gesicht verdeckt. Nur seine tintenschwarzen Locken kommen unter der übergezogenen Kapuze vor.

Erstaunlich, wie viel Mühe er sich gibt, aus den Schatten zu kommen und dann doch dort zu bleiben. Und anders, als jedes Buch es vorgibt, hebt er nicht seinem Kopf, sieht einem Mädchen in die Augen, welches sich dann später unsterblich in ihn verliebt. Er sieht nur den Boden an, als würde gar nichts anderes hier existieren. Es ist fast schon unheimlich.

So schnell wie das alles begonnen hat, ist es auch schon vorbei. Shadow ist im Sekretariat verschwunden und hat dort die Tür zugeschlagen.

ShadowWhere stories live. Discover now