6.

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»Du siehst frustriert aus«, sind die ersten vier Worte, die ich am nächsten Morgen von Shadow zu hören bekomme. Ich finde es ehrlich erstaunlich, wie genau er meine Gefühle auf den Punkt hat bringen können. Denn ich bin echt total frustriert.

»Möglich«, antworte ich, während ich das Quinnspaper von mir schiebe und meine Aufmerksamkeit nicht mehr dem Kreuzworträtsel, sondern Shadow schenke.

»Ist es wegen des Rätsels? Vielleicht kann ich dir ja helfen«, bietet Shadow netterweise an, während er sich mir gegenüber auf den Stuhl fallenlässt. Ich frage mich, wie er so gelassen bleiben kann. Vor allem wegen dem, was heute nach der Schule noch kommen wird. Und ich frage mich, wie es dazu kommt, dass er überhaupt mit mir abhängt.

»Nein, die Rätsel im Quinnspaper sind erstaunlich gut lösbar. Ich bin eher...gestresst«, antworte ich wahrheitsgetreu. Als wäre es nicht schon genug, dass ich heute Abend ein Schnuppertraining und Hausaufgaben bis zur Genüge habe. Ja, ich weiß. Welche Lehrer geben schon am ersten Tag nach den Ferien Hausaufgaben auf?

An der Queenston High so ziemlich alle, um genau zu sein.

»Aha«, sagt Shadow, als würde er darauf warten, dass ich weiterspreche.

»Basketball und die Lehrer. Ich habe das Gefühl, dass die Menschen zu viel von mir erwarten, aber ich will sie nicht enttäuschen. Und doch habe ich auch das Gefühl, es ihnen einfach nicht rechtmachen zu können. Ich hasse es einfach so sehr«, seufze ich also, in der Hoffnung, dass mich Shadow versteht.

»Ich kenne das. Aber glaub mir, das kriegst du schon hin. Vielleicht nicht so, wie du es planst oder erwartest, aber am Ende des Tages wird es sich irgendwie ergeben. Du wirst es vielleicht hassen, aber du wirst keinen enttäuschen.«, muntert mich mein Gegenüber netterweise auf. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, wie er es in so wenigen Sätzen geschafft hat, dass ich mich besser fühle.

Dabei hat er so ein süßes Lächeln auf den Lippen, bei ich gar nicht anders kann, als ihm zu glauben. Es ist einfach atemberaubend. Auch wenn es seine Augen nicht erreicht. Wenn ich mal ein ehrliches Lächeln auf seinen Lippen sehe, wird es mich bestimmt vom Hocker hauen.

Doch so schnell wie es gekommen ist, ist es auch wieder weggewischt. Asher, Weston, Ruby und Camila gesellen sich zu uns an den Tisch.

»Ist hier noch frei Leute? Die anderen Tische sind alle besetzt«, setzt Asher zum Sprechen an, worauf Shadow die Augen verdreht.

»Klar ist hier frei. Schliesslich muss es immer einen Tisch für die letzten Möglichkeiten haben«, antwortet Shadow mit einem höflichen Lächeln auf seinen Lippen. Dabei macht er eine ausholende Bewegung und spielt dabei die Unhöflichkeit seiner Worte herunter. Aber wenigstens spricht er dabei aus, was Asher umformuliert hat. Rubys Augen werden gross, während Camila ein Lachen entfährt.

»Sorry Leute«, entschuldigt sie sich und nimmt dabei Platz.

»Wie sieht es überhaupt mit dem Basketballspielen aus bei euch? Werdet ihr es versuchen? Ich an eurer Stelle würde es mir jedenfalls nicht entgehen lassen.«

Asher trinkt einen Schluck Wasser, um den komischen Tonfall in seiner Stimme zu verbergen. Das ist total unheimlich.

»Hope und ich denken noch darüber nach«, entgegnet Shadow und lässt seine Stimme dabei noch unentschieden klingen, während der Blick, den er mir zuwirft, Bände spricht. Tja, ich habe auch keine Ahnung auf was die Vier herauswollen.

»Also Ruby und ich kommen euch gerne zusehen. Asher und Weston müssen ja sowieso da sein«, sagt Camila und sieht uns aufrichtig interessiert aus.

»Ihr hättet sowieso verdammt gute Chancen, Leute«, fügt Asher hinzu. In seinem Blick liegt Ehrlichkeit und ein Hauch Bewunderung. Ich frage mich, wie er wohl ins Team gekommen ist. Denn ehrlich, so lange ich hier auch zur Schule gegangen bin, kenne ich die Antwort auf diese Frage nicht. Ich habe mich nämlich ziemlich gut von sozialen Tätigkeiten entfernt.

ShadowWhere stories live. Discover now